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Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Titel: Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Krzywik-Groß , Torsten Exter , Stefan Holzhauer , Henning Mützlitz , Christian Lange , Stefan Schweikert , Judith C. Vogt , André Wiesler , Ann-Kathrin Karschnick , Eevie Demirtel , Marcus Rauchfuß , Christian Vogt
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nicht zu überlasten.
    So brauchten sie fast den ganzen Tag für eine Strecke, die man zu Fuß auf flachem Land in zwei Stunden hätte schaffen können. Doch Nummer Eins riss sich zusammen.
    Die Ansiedlung, die sie abends erreichten, nannte sich Sorge. Nummer Eins konnte es kaum glauben. Weder, dass jemand freiwillig in einem Ort dieses Namens lebte, noch dass sich das Nest überhaupt Ortschaft nennen durfte. Eine Handvoll Behausungen, die man in zivilisierten Gegenden wohl als Hütten bezeichnet hätte. Natürlich gab es kein Hotel, aber Nummer Zwei schaffte es, ein Gästezimmer beim Ortsbürgermeister aufzutun. Der kleine, dürre Mann, dessen Augen bei jeder Frage immer nervös zwischen seinen beiden Gästen hin und her huschten, war eine Probe für die Geduld. Nummer Eins war sich nicht sicher, ob der Mann wegen der sicherlich ausgeprägten natürlichen Autorität eines G . A . F . A. -Beamten nervös war oder ob der Kerl etwas zu verbergen hatte.
    Aber er war zu müde, seinem Verdacht nachzugehen. Er beauftragte Nummer Zwei, diskrete Nachforschungen anzustellen und ging ins Bett.

    Natürlich hatte Nummer Zwei nichts Brauchbares erfahren können. Sein einziger Hinweis führte gen Süden. Doch Nummer Eins gab nichts auf die Recherchen seines Stellvertreters. Nordwesten war der Hinweis von Chantalle gewesen, und nachdem sie nun einen Tag gen Westen gereist waren, ging es nun nach Norden.
    Es dauerte nicht weniger als eine Stunde, bis der Ortsbürgermeister einen Fuhrmann aufgetrieben hatte, der bereit war, nach Norden zu fahren.
    Nummer Zwei, dessen Bart sein Gesicht nun vollständig umrahmte, verstummte auf der Reise vollends. Es gab allerdings auch wenig zu bereden. Die Landschaft war sehr eintönig. Wald, Schnee, Bäume, Rotwild, Wald, Schnee, Bäume. Nummer Eins‘ Gemahlin hätte die Landschaft sicher als malerisch, urwüchsig und unverdorben bezeichnet.
    Aber er fand sie nur kalt, öde und unzivilisiert.

    Genauso empfand er auch die Ansiedlung, die sie am Abend erreichen. Ihr Name überraschte ihn nicht im Geringsten – Elend. Die Harzer hatten einen bizarren Humor. Er war in Sorge erwacht und würde in Elend zu Bett gehen. Dieses Wortspiel musste er unbedingt im SPQR , dem „Salon Privé der Quedlinburger Raucherfreunde“, zum Besten geben. Im Dunst der Opiumpfeifen wusste man dort witzige Geschichten zu schätzen. Mochte Gott geben, dass sie bald dieses verdammte Hochgotland gefunden hatten und er wieder heim konnte.

    Elend war noch kleiner als Sorge. Die Hütten gaben sich kaum mehr Mühe, als Häuser zu erscheinen. Mit Sorge wartete Nummer Eins in der Kapelle, dass Nummer Zwei ein akzeptables Bett für die Nacht organisierte. Es dauerte lange, und das Bett war auch nicht akzeptabel. Doch es war das einzige im Dorf, versicherte der Besitzer stolz. Alle anderen waren schließlich primitiv und schliefen auf Strohballen, manche gar im Stall, um von der Körperwärme ihrer dürren Rinder zu profitieren. Unglaublich.
    Nummer Eins beschloss, den Abend mangels anderen Zeitvertreibs mit Befragungen der Dörfler zu verbringen. Sicherheitshalber prüfte er seine Pistole. Seine Autorität mochte manchen Hinterwäldler so sehr einschüchtern, dass er sich zu unangebrachten Reaktionen hinreißen ließ, die man nur mit einer Bleikugel beantworten konnte.
    Doch es war unnötig, wie er bald feststellte. Die Leute waren maulfaul, wie er es noch nie erlebt hatte. Mehr als ein „Ja, Herr“, oder „Nein, Herr“ war aus den meisten nicht herauszubekommen.
    Als er abends ins Bett kroch, war er kurz davor, die Mission abzubrechen. Die Spur endete hier. Weiter nach Norden gingen nur noch Waldwege, wie man ihm versichert hatte. Zudem war der Himmel hier oben ständig nebelverhangen, so dass man kaum hundert Schritte weit sehen konnte. Ein echtes Elend.

    Das Geräusch eines fauchenden Drachen riss ihn aus seinen Träumen. Nummer Eins sprang aus dem Bett, riss die Pistole unter dem Kopfkissen hervor und spähte umher. Nichts. Natürlich nicht. Es war dunkel im Zimmer. Hatte er nur geträumt?
    Nein, da war es wieder. Laut, fauchend, über ihm. Nummer Eins blickte zweifelnd an die Decke. Er war sich sicher, dass kein Haus in Elend eine zweite Etage sein eigen nannte.
    Fieberhaft stieg er in seine Stiefel, warf den Mantel über und rannte hinaus. Der Himmel über ihm war schwarz. Natürlich gab es in diesem elenden Nest keine nächtliche Gasbeleuchtung, wie sie in der Zivilisation üblich war.
    Doch dann schrie der Himmel

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