Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)
Titel:
Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Mike Krzywik-Groß
,
Torsten Exter
,
Stefan Holzhauer
,
Henning Mützlitz
,
Christian Lange
,
Stefan Schweikert
,
Judith C. Vogt
,
André Wiesler
,
Ann-Kathrin Karschnick
,
Eevie Demirtel
,
Marcus Rauchfuß
,
Christian Vogt
über ihm. Das Dunkel der Nacht wurde von blinkenden Lichtern durchbrochen, die den vernebelten Himmel über ganz Elend erhellten.
Nummer Eins fand sich erst auf dem Hosenboden wieder und überraschte sich dann dabei, wie er feige auf allen Vieren unter das Vordach der Hütte kroch. Als sein Verstand wieder die Kontrolle übernahm, waren das Fauchen und die Lichter verschwunden.
Nummer Eins begann, an seinem Verstand zu zweifeln. Doch dann geschah es noch einmal. Wieder ein Fauchen und blinkende Lichter, die den halben Himmel zu erhellen schien. Doch Nummer Eins‘ geübter Verstand behielt diesmal die Oberhand. Ein Luftschiff!
„Sie müssen sich irren“, beharrte Nummer Zwei.
„Wie können Sie es nicht gehört haben?“ Nummer Eins war entgeistert.
„Ich saß die ganze Nacht vor der Kirche gesessen und habe Wache gehalten“, behauptete sein Stellvertreter.
„Aber es war laut und hell“, argumentierte Nummer Eins.
Nummer Zwei zuckte die Achseln.
„Luftschiffe fahren mit Wasserstoff. Feuer wäre tödlich für sie.“
„Ich habe nichts von Feuer gesagt, Sie tumber Tor. Licht, blinkendes Licht!“
Doch Nummer Eins begann, an seinen Erlebnissen der letzten Nacht zu zweifeln. Nein, da waren seine schmutzigen Hände, sein schlammiger Mantel. Er war draußen gewesen und hatte sich das Luftschiff nicht eingebildet. Nummer Zwei hatte sicher geschlafen, statt Wache zu halten.
„Was ist dort?“ Nummer Eins zeigte gen Norden.
„Nur Einöde und Gebirge“, behauptete Nummer Zwei.
Nummer Eins gab nicht auf. Er schnappte sich den erstbesten Elenden, wie er die Einwohner des Ortes für sich nannte, und wiederholte die Frage.
„Der Blocksberg.“
Nummer Eins blickte gen Norden. Aber ja. Der Blocksberg, Heim der Hexen und Angelpunkt allerlei eigenartiger Geschichten voller Aberglauben.
Wo mochte sich ein Haufen Gesetzloser besser versteckt halten als an einem solchen Ort? Die in diesem dünn besiedelten Gebiet kaum vorhandenen Bewohner mieden den Berg ohnehin, und denkende Menschen wie er würden einen solchen Ort gar nicht in Betracht ziehen. Selbst seine tumbe Nummer Zwei hatte das Naheliegende nicht bemerkt, und sein Stellvertreter wollte es auch nicht einsehen. Eine geschlagene halbe Stunde erörterten beide, ob es zu dieser Jahreszeit angezeigt oder auch nur möglich sei, den Blocksberg zu erklimmen. Ohne die passende Ausrüstung sei das gefährlich, behauptete Nummer Zwei.
Doch Nummer Eins gab nichts darauf. Er war sicher. Er sprach das längst fällige Machtwort und zog gen Norden. Natürlich gab es weder einen Schlitten noch sonst ein Fahrzeug, ja nicht einmal einen Führer, der bereit gewesen wäre, ihn und Nummer Zwei auf den Blocksberg zu bringen.
Doch der Leiter des Geheimdienstes des Fürstentums Anhalt war ein Mann der Tat. Er ging einfach los. Nummer Zwei würde schon folgen.
Nummer Zwei folgte. Gemeinsam stapften sie durch den Schnee. Schweigend. Zitternd. Nummer Eins hatte sich vorgenommen, bis Mittag einen Weg zum Blocksberg zu finden. Ansonsten mussten sie umkehren, um es wieder bis nach Elend zu schaffen, bevor die Nacht und die noch eisigere Kälte sie einholte.
Doch das war schwerer als erwartet, denn der Himmel war voller Dunst und Wolken. Nie schaffte die Sonne es, auch nur einen Strahl durch den Nebel zu schicken. Wann Mittag war, musste Nummer Eins an seiner Taschenuhr ablesen. Die war zwar wertvoll, und man sah ihr dies auch an, aber leider auch empfindlich, was Bewegungen und Kälte anging. Insofern war es schwierig, den richtigen Zeitpunkt zur Umkehr zu finden.
Nummer Eins‘ Selbstsicherheit schwand mit jedem weiteren Schritt gen Blocksberg. Es war ein verrückter Plan gewesen. Er hätte auf Nummer Zwei hören sollen.
Während er überlegte, wie er Nummer Zwei recht geben konnte, ohne sein Gesicht zu verlieren, öffnete sich der Wald vor ihm und offenbarte eine Siedlung.
Überrascht blieb Nummer Eins stehen.
„Was ist das denn?“
Nummer Zwei trat neben ihn.
„Weiß nicht.“
„Was wissen Sie überhaupt?“
Nummer Eins lief weiter. Die Aussicht auf Wärme, vernünftiges Essen und ein gutes Bett verliehen ihm Kraft. Tatsächlich sah der Ort weniger elend und sorgenvoll aus als die beiden, in denen sie zuletzt genächtigt hatten. Zwar war auch hier alles klein, aber es machte einen sauberen, ordentlichen Eindruck. Sogar Laternenmasten standen an den Straßen.
Die Menschen indessen waren weniger freundlich. Seine Autorität als Geheimer Rat des Fürstentums
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