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Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Titel: Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Krzywik-Groß , Torsten Exter , Stefan Holzhauer , Henning Mützlitz , Christian Lange , Stefan Schweikert , Judith C. Vogt , André Wiesler , Ann-Kathrin Karschnick , Eevie Demirtel , Marcus Rauchfuß , Christian Vogt
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aller Staaten katapultiert. Man finanzierte mir ein Labor, ich hatte so viel Forschungsgeld, wie ich mir wünschen konnte. Die einzigen Bedingungen: So einsam wie möglich und keine Partner. Ich sollte es ganz allein bewältigen. Ich war der einzige Dämonenjäger der französischen Krone.
    Nicht mal meine Frau wusste, worum es ging. Wir verließen Paris bei Nacht und Nebel und zogen uns in die Einöde der Ardennen zurück, ins menschenfeindliche Grenzgebiet, das die Deutschen Eyfalia nennen. In ein Haus, das der Regierungsbeamte ausgesucht hatte. Während ich einen Dämon jagte, war meine Frau allein mit den Kindern, in einer Gegend, wie sie trister und kälter kaum sein konnte.
    Doch man hatte mir Geld versprochen. Fürs Vaterland sollte ich forschen, und dafür sollte mich mein Vaterland belohnen. Eine Pension, mit der wir bis an unser Lebensende ausgesorgt hätten – und zwar von dem Zeitpunkt an, zu dem ich dem König den Dämon beschaffen konnte.
    Entdeckt hatte den Dämon ein anderer Mann als ich – ich bin Feinmechaniker mit einem abgebrochenen Studium der Naturwissenschaften. Der Krieg brach es ab, und ich bewies mich in ihm, indem ich Dinge aus dem Studium anwandte. Frankreich gewann nicht meinetwegen – aber wegen Männern wie mir. Sie wissen, was den Krieg beendete – letztlich unsere Kenntnis von den Elementarteilchen. Ein Feinmechaniker also sei ich, der die Elementarteilchen ordnen könne.“

    Der Puppenmacher verstummt. Tomke überlegt, welchen Krieg er meint. Es muss der Französisch-französisch-deutsche Krieg sein, der Frankreich zwischen Royalisten und Republikanern spaltete und dafür sorgte, dass sie sich wieder einten, als das deutsche Kaiserreich die Lage für sich nutzen wollte. Man sagt, eine große Katastrophe, die den Schnee im Elsass schmolz und die Steine in Glas verwandelte, habe ihn beendet. Aber Tomke weiß nur, dass seitdem niemand das Elsass betreten darf, dass es militärisches Sperrgebiet ist.
    Er fährt fort, bevor sie dem auf den Grund gehen kann.

    „Was der König begehrte, war ein spezieller Dämon. Der, der Laplace im Traum erschien. Ein Dämon, Fräulein Tomke, der alles auf der Welt vorhersagen kann. Das Orakel von Delphi ist ein Scherz dagegen! Der Lauf der Atome ist vorbestimmt, das Trudeln der Teilchen im Universum, das Licht des Sterne, gebrochen in der Welle eines Meeres, das Schlagen der Flügel eines Schmetterlings – nichts geschieht zufällig. Wenn man die Gegenwart kennt, kann man mit den Gesetzen der Physik alles voraussagen, was das Universum zu bieten hat. Alles.
    Das Ende der Eiszeit. Die Ernte des nächsten Jahrs. Den Sturm, der das Luftschiff vom Himmel fegt, das sich aufmacht, die Erde zu umrunden. Mit dem Wissen, das der Laplace’sche Dämon feilbietet, kann Frankreich die Welt beherrschen.“

    Tomke lacht auf.
    „Sie lachen.“
    „Gewiss. Es ist zum Lachen. Es ist grotesk.“
    „Darf ich fragen warum? Interessiert der Lauf des Schicksals Sie nicht?“
    Elisabeth, die junge Frau mit den kindlichen Augen, reibt nun gedankenvoller die Hände, und den Kopf wiegt sie schräg, halb Nicken, halb Kopfschütteln.
    „Jeden interessiert den Lauf des Schicksals. Aber wenn der Dämon dem König vorhersagt, welcher Sturm das Luftschiff sinken lässt und der König das Luftschiff dann nicht starten lässt – und dann die Atome des Luftschiffs niemals die Wellen des Meeres berühren, um darin zu versinken … dann ist der Lauf des Schicksals nicht mehr der Lauf des Schicksals, oder nicht?“
    „Der Dämon muss es ständig neu berechnen.“
    „Wie soll er denn aussehen, so ein Dämon?“, fragt Tomke und beantwortet sich die Frage mit einem raschen Blick auf die Regale um sie herum. „Oh.“

    „Das Problem waren nicht die Atome. Das Problem war, dass sie einen Geist bilden müssen oder mindestens eine gewaltige Rechenmaschine. Dass wir einen Ursprung haben müssen oder mindestens eine begrenzte Anzahl Ursprünge. Aus jedem Atom müssen wir die Zustände zahlloser anderer ableiten, und ich war ganz allein mit diesem Projekt zugange.
    Es war undurchführbar. Es war die Suche nach etwas, das es nicht gibt, in die auch Newton sich bereits verstrickt hatte – auch ein genialer Geist ist nicht gefeit gegen die Fallstricke der Metaphysik!
    Sie werden mich einen Narren nennen, wenn ich sage, dass ich Jahrzehnte daran forschte. Was sollte ich auch tun? Der Weg an die Sorbonne war für mich versperrt, und der französische Staat bezahlte mir meinen

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