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Eis und Wasser, Wasser und Eis

Titel: Eis und Wasser, Wasser und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Majgull Axelsson
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Säulenstädte. Obwohl der schwedische Name eigentlich vollkommen falsch ist, denn es handelt sich weder um Säulen noch um Städte. Es ist kein versunkenes Atlantis, auch wenn Fantasien in dieser Richtung verlockend sind. Es sind einfach Heißwasserquellen, ungewöhnlich mineralreiche Heißwasserquellen. Die Säulen sind hohle Röhren, die von den Mineralen gebaut wurden, die zusammen mit dem heißen Wasser aus den Rissen in dem Erdinneren unter dem Meeresboden hochgedrückt wurden. Aber das macht sie ja nicht weniger interessant. Und die schwefelreichen Gegenden sind besonders interessant, da sich dort manchmal ein ganzer Teppich von Schwefelbakterien bildet« – sie zeigt ein Foto mit etwas Weißem, Unscharfem – »der wiederum andere Organismen anlockt …«
    Eine Bewegung weiter hinten in der Reihe zieht Anders’ Blick auf sich. Susanne hat sich aufrecht hingesetzt, bleibt so gerade sitzen. Jetzt umfasst sie die Stuhllehnen und reckt sich, es sieht aus, als wollte sie aufstehen und näher an die Bilder herangehen, die vorn auf der Leinwand vorbeiflackern. Sie sieht aus wie immer, vielleicht ein wenig ordentlicher als üblich, und nichts deutet darauf hin, dass sie sich bedroht fühlen könnte. Im Gegenteil. Sie wirkt zufrieden, fröhlich und äußerst interessiert. Ganz ungewöhnlich interessiert, wie man meinen könnte, zumindest im Vergleich zu Katrin, die daneben sitzt, mit schuldbewusst umherirrendem Blick, während sie sich ab und zu räuspert. Alibiräuspern, wie zu vermuten ist. Aber die Wirkung bleibt nicht aus, das weiß er. Wenn sie noch ein wenig weitermacht, wird sie richtig heiser sein, wenn der Vortrag beendet ist.
    Er dreht sich um und schaut wieder Ulrika an. Sie hat einen weißen Zeigestock in der Hand, während sie spricht, lässt ihn von der linken in die rechte Hand wandern und wieder zurück.
    »… und um die großen Säulen herum hat man jede Menge von Leben gefunden, sowohl Pflanzen als auch Tiere, die ohne Licht und Photosynthese auskommen. Und deshalb könnten die Gebiete um diese großen Heißwasserquellen sehr gut die Orte sein, an denen das Leben einst entstanden ist. Obwohl man das natürlich nicht sicher weiß. Es könnte ja auch sein, dass das Leben auf einer noch tieferen Ebene entstanden ist, dass es bereits in dem heißen Wasser Leben gab, das in diesen Gebieten aus dem Meeresboden herausgesprudelt ist …«
    Eine Woge ruhiger Freude durchspült Anders plötzlich und legt sich wie ein Gewicht in seinen Körper, ein sehr angenehmes Gewicht, das ihn mit der Welt und der Wirklichkeit verbindet. Ulrika gibt es. Er hat sie gefunden. Da vorn steht sie, eine frisch gebackene Professorin in Ozeanografie mit braunen Augen und Sommersprossen, lässig gekleidet in weite Hose und abgetragenen Fleece-Pullover, und redet von der Entstehung des Lebens. Sachlich. Ruhig. Wissenschaftlich.
    Und plötzlich wird ihm bewusst, dass er den ganzen Tag noch nicht an Eva gedacht hat. Nicht ein einziges Mal.
    Aber das hält nicht lange an. Als er anschließend in seine Kabine kommt und den Computer einschaltet, bleibt ihm keine andere Wahl. Eva hat vier Mails geschickt. Alle sind mit kleinen Ausrufungszeichen versehen. Er kann ihren sorgfältig manikürten Zeigefinger sehen, wie er über den Tasten des Computers schwebt. Da ist das Ausrufungszeichen. Zack!
    Er fängt mit der vierten Mail an. Die sie als letzte abgeschickt hat.
    »Lieber Anders. Du musst entschuldigen, aber jetzt werde ich langsam wirklich böse. Ich weiß ja, dass du mir antworten kannst, da deine hochverehrte Schwester sich dazu herabgelassen hat, mir zu berichten, dass sie eine Mail von dir bekommen hat. Also tu nicht so. Ich weiß, dass du das hier liest, und ich muss sagen, ich finde es die Höhe – WIRKLICH DIE HÖHE –, dass du dich weigerst zu antworten. Aber das ist so typisch, so verdammt typisch für dich. Ja, ich war untreu! Ja, ich habe dich verlassen! Aber das hast du doch einzig und allein dir selbst zuzuschreiben, und das weißt du!! Ich hatte meine Gründe, das wissen die Götter, und wenn nicht die, dann soll zumindest ganz Landskrona wissen, was für ein verdammt dröger Scheißkerl du bist! Verlass dich drauf!!! Ich hatte geglaubt – treudoof wie ich bin –, dass wir zumindest nach der Scheidung eine vernünftige Beziehung führen könnten, aber du dummer IDIOT lässt es ja nicht einmal zur Scheidung kommen, denn du musst natürlich abhauen und dich unerreichbar machen, bevor die Papiere überhaupt

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