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Eis und Wasser, Wasser und Eis

Titel: Eis und Wasser, Wasser und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Majgull Axelsson
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dagestanden, ihre Tüte mit den Vorhängen unter dem Arm, und zur Seite geschaut, dann jedoch ihrer Schwester schnell einen Blick zugeworfen.
    »Wollen wir was zu Mittag essen?«
    Inez nickte. Sie war so erschöpft von all dem Reden, dass sie nicht einmal mehr Ja sagen konnte.
    »Ich lade dich ein«, sagte Elsie.
    Sie hatten einander schweigend im Restaurant gegenübergesessen, aber nur Sekunden, nachdem die Kellnerin ihre Sandwiches vor sie hingestellt hatte, hatte Elsie mit erhobenem Besteck innegehalten, aufgeschaut, Inez in die Augen gesehen und sie gefragt:
    »Was glaubst du, wie es ihm geht? Wirklich?«
    Inez hatte nicht gleich antworten können, eine gewisse Zeit lang hatte sie nach einer freundlichen Lüge gesucht, einer Lüge, die Elsie verletzen und daran erinnern sollte, dass, auch wenn sie Björns biologische Mutter war, Inez auch seine Mutter war, auf eine andere, tiefere Art und Weise, aber sie fand die Worte nicht, saß nur da und starrte vor sich hin.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie schließlich. »Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
    Und das stimmte immer noch. Man konnte über Björn in jeder Zeitung lesen, außerdem rief er jede Woche an, er besuchte sie ab und zu, und er schlief jetzt gerade in einem Zimmer direkt unter ihr, dennoch hatte Inez, die doch seit seinem vierten Lebensmonat seine Mutter gewesen war, überhaupt keine Ahnung, wie es ihm ging. Sie schüttelte den Kopf. Sie sollte nicht mehr daran denken. Sie sollte nie wieder daran denken.
    Sie sollte lieber an ihr Zimmer denken. Das Zimmer ganz für sich allein.

Björn stand in der Küchentür und rieb sich mit der geballten Faust das rechte Auge. Wie ein Kind. Ein sehr kleines Kind.
    »Morgen«, brummelte er.
    Birger grunzte etwas hinter seiner Morgenzeitung, während Inez sich umdrehte, bereits angezogen und fertig, und dieses ganz besondere Lächeln lächelte, das nur Björn galt.
    »Guten Morgen! Möchtest du etwas frühstücken?«
    Sein Haar war zerzaust, er trug nur T-Shirt und Unterhose unter dem offenen Bademantel, war ganz offensichtlich ungewaschen und nicht geduscht, aber das kommentierte sie nicht. Etwas anderes wäre es gewesen, hätte Susanne versucht, sich ungewaschen an den Frühstückstisch zu setzen, nur in Nachthemd und Morgenmantel. Dann hätte es Zetermordio gegeben. Aber Susanne war natürlich nicht Björn, sie durfte nicht damit rechnen, auf die gleiche Art und Weise wie er behandelt zu werden, nicht daheim und auch sonst nirgends.
    »Morgenmuffel?«
    Björn streckte die Hand aus und strich Susanne rasch über den Kopf, während er sich an den Küchentisch setzte. Sie machte eine schaukelnde Bewegung, wie um auszuweichen.
    »Hör auf!«
    Er lächelte kurz. Das war eine Belohnung, eine Art Dank dafür, dass sie ihn immer noch wie einen normalen großen Bruder behandelte. Aber sie durfte nicht zu weit gehen, ihn nicht ernsthaft verärgern, also erwiderte sie ebenso rasch sein Lächeln. Inez tauchte mit dem Topf mit Haferbrei und einem strahlenden Lächeln an Björns Seite auf.
    »Du willst doch Brei, oder?«
    Seinem leicht angeekelten Gesichtsausdruck nach zu urteilen, wollte er das nicht, trotzdem nickte er.
    »Ja, bitte. Und eine Tasse Kaffee.«
    Sie lächelte noch breiter.
    »Kommt gleich.«
    Meine Güte, was war sie wieder munter. Überglücklich über Björns Anwesenheit natürlich. Vollkommen aus dem Häuschen. Aber nicht sie war es, die heute mit ihm fahren würde. Sondern Susanne. Susanne und Eva würden im Bus der Typhoons mitfahren, zuerst nach Nässjö, dann nach Mjölby und Linköping und schließlich nach Norrköping. Auf Tournee. Zwar nur eine kleine Tournee, ganze drei Tage, aber trotz allem eine Tournee.
    Es hatte sie einen Monat Betteln und Bitten gekostet, bis Inez und Birger nachgegeben hatten, aber natürlich war es nicht ihr Bitten und Betteln, das schließlich den Ausschlag gegeben hatte, sondern die Tatsache, dass Björn sich dazu aufgerafft hatte, als ihr Fürsprecher aufzutreten. Sie hatte neben Inez draußen auf dem Flur gestanden und seine Stimme am Telefon gehört, die wie ein feines kleines Rinnsal aus dem Hörer geplätschert war, ein kleines Rinnsal, das sie selbst, Birger und Elsie, dazu gebracht hatte, ganz still dazustehen, während sie Inez betrachteten, die den schwarzen Hörer fest ans Ohr gepresst hielt. Björn klang sehr überzeugend. Es war klar, dass er auf sie aufpassen würde. Selbstverständlich. Und natürlich gab es weder Schnaps noch Haschisch im Tourneebus. Wenn sie

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