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Eis und Wasser, Wasser und Eis

Titel: Eis und Wasser, Wasser und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Majgull Axelsson
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Salomonsson, Björns … Was immer sie nun war. Nein. Sie wollte lieber an ihr neues Zimmer denken, das oben einsam und verlassen auf dem Dachboden nur darauf wartete, dass sie es zurechtmachte. An die Wände, die sie weiß streichen wollte, und wenn Birger noch so oft behauptete, es sei unmöglich, Tapeten direkt zu überstreichen. Heute Nachmittag wollte sie anfangen. Inez drehte sich um und guckte auf den Wecker. Jetzt war es fast sechs. Vielleicht sollte sie aufstehen. Vielleicht konnte sie schon schnell auf den Dachboden gehen, bevor sie die Hafergrütze aufsetzte, und sich umsehen … Ja, das wollte sie.
    Sie schob die Decke zur Seite und stellte langsam ihre Füße auf den Boden, blieb einen Moment lang still sitzen und lauschte Birgers Atemzügen. Sie waren nicht zu hören. Sie stand auf und griff nach dem Morgenmantel, der auf seinem Stuhl lag, öffnete dann äußerst vorsichtig die Tür und schlich auf den Flur, schloss sie ebenso vorsichtig hinter sich und ging zur Bodentür. Die ließ sich vollkommen lautlos öffnen und fiel mit einem freundlichen leisen Knacken hinter ihr zu.
    So. Jetzt war sie in ihrer eigenen Welt. Auf dem Weg in ihr eigenes Zimmer.
    Niemand in der Familie wusste, dass es in ihrem Kopf bereits vollständig eingerichtet war, niemand ahnte, dass sie die anderen jederzeit verlassen konnte, wenn sie es wollte, und dass sie das auch tat, immer mal wieder, dass dieses hier der Ort war, an den sie sich hundertmal am Tag träumte, wenn sie Essen kochte, wenn sie abwusch, wenn sie zur Arbeit und wieder nach Hause radelte, dass es nur so aussah, als säße sie mit den anderen zusammen am Küchentisch, während sie in Wirklichkeit die Treppe hinaufhuschte in ein Zimmer, in dem die Bücher ordentlich aufgereiht in den Regalen standen und die kleine weiße Lampe ein freundliches gelbes Licht verbreitete, ein Zimmer mit einem neu bezogenen alten Korbsessel – der stand tatsächlich schon draußen auf dem Speicher bereit, sie strich mit der Hand über den blau karierten Baumwollstoff, als sie vorbeiging – und einem unglaublich schönen Schreibtisch, auf dem die frisch gespitzten Stifte in Reih und Glied lagen. Ihr Zimmer.
    Sie drückte die Türklinke hinunter und öffnete die Tür, blieb dann auf der Schwelle stehen und betrachtete den Raum, wie er wirklich aussah. Nicht ganz so ansprechend wie in ihrer Fantasie. Noch nicht. Aber heute würde die Verwandlung beginnen. Sie wollte die braune Tagesdecke von Elsies Bett abziehen und ein großes Bündel mit alter Bettwäsche packen, sie wollte den Teppich zusammenrollen – ein unechtes abgenutztes Stück aus Birgers Elternhaus –, und dann wollte sie endlich diese geblümten Gardinen abnehmen und in die Mülltonne schmeißen. Anschließend wollte sie alle Möbel aus dem Zimmer schaffen, Zeitungen auf dem Boden ausbreiten und anfangen, die graugrüne alte Tapete zu überstreichen. Sie hatte Farbe von guter Qualität gekauft, dick und breiig, eine Farbe, die garantiert jedes Detail in diesen Blumen aus den Vierzigern überdecken würde. Das Zimmer sollte weiß werden. Rein weiß.
    Und dann würde Elsie kein Zimmer mehr in Inez’ Haus haben. Nie mehr.
    Sie trat über die Schwelle und ließ sich auf die Bettkante sinken, schaute sich um. Die Birke vor dem Fenster zeigte erste Knospen, kleine, schmale grüne Blättchen glitzerten im Morgenlicht. Das war ein Willkommensgruß. Inez zog die Beine unter ihren Körper, lehnte sich an die Wand und spürte, wie ihre Schultern nachgaben. Ein eigenes Zimmer. Zum ersten Mal in ihrem ganzen Leben hatte sie jetzt ein Zimmer ganz für sich allein.
    Birger hatte natürlich versucht, sie aufzuhalten. Er hatte zustimmend genickt und war anfangs ganz ihrer Meinung gewesen, nur um dann langsam ein Problem nach dem anderen zu konstruieren. Zog es nicht vom Fenster? Und wie stand es eigentlich um die Isolierung da oben? Würde es nicht zu kalt werden? Oder zu warm? Und war es nicht furchtbar unpraktisch, da oben auf dem Dachboden zu hocken? Wenn nun das Telefon klingelte, dann musste sie zwei Treppen hinunterlaufen, um heranzugehen. Wäre es nicht besser, sie hätte ihre Bücher in einem Regal im Flur und säße dann am Küchentisch, um zu lernen? Nur als Beispiel. Und wenn es unbedingt notwendig war, dass sie einen Schreibtisch hatte, dann konnte sie doch seinen mit ihm teilen … Dagegen hatte er absolut nichts. Nicht das Geringste. Und warum machte sie sich so viel Mühe, diesen alten Korbsessel neu zu beziehen? Es gab

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