Eis und Wasser, Wasser und Eis
will nicht.«
»Aber hier sind keine Mädchen. Nur die zwei, die das Essen kochen. Die sind ziemlich dick. Die werden nichts tun. Ich verspreche es dir.«
Er schloss die Augen. Die Stimme in seinem Kopf hallte: Wie vulgär!
»Aber kein Ehemaliger!«
Er hatte es laut gesagt. Geantwortet. Das hatte er nicht gewollt. Und jetzt konnte er Susannes Erstaunen aus ihrer Stimme heraushören.
»Was?«
Er öffnete wieder die Augen.
»Nichts.«
»Was meinst du?«
»Ich meine gar nichts.«
»Verdammt, bist du eklig!«
Susanne fluchte. Zum ersten Mal in seinem Leben hörte er Susanne fluchen. Er öffnete den Mund, um das zu kommentieren, kam jedoch nicht so weit.
»Du benimmst dich so schlimm, dass es einem peinlich sein muss. All die anderen haben einen Riesenspaß, nur du hockst hier und grummelst vor dich hin. Was ist eigentlich mit dir los?«
Ohne die Antwort abzuwarten, drehte sie sich um und lief aus dem Bus. Björn blieb eine Weile reglos sitzen, stand dann auf und fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
Also musste er wohl etwas essen gehen.
Inez trat einen Schritt zurück und betrachtete die Wand vor sich. Sie war weiß, eindeutig weiß, obwohl die Blumen noch zu sehen waren. Weiße Blumenranken auf weißem Untergrund. Es sah gut aus.
»Na? Wie läuft es?«
Die Stimme ließ sie zusammenzucken, und während des Bruchteils einer Sekunde, den sie brauchte, um sie als Birgers zu erkennen, geriet ihr Körper regelrecht in Panik. Die Angst breitete sich unkontrolliert aus, ihr sträubten sich die Härchen auf den Armen.
»Meine Güte! Wie du mich erschreckt hast!«
Birger war auf der Türschwelle stehen geblieben und wich ihrem Blick aus. Er trug noch seinen Schlips, hatte ihn jedoch etwas gelockert und den obersten Hemdknopf geöffnet. Samstagskluft.
»Entschuldige. Das wollte ich nicht. Ich wollte nur mal sehen, wie es vorangeht.«
Inez reckte sich und ließ ihren Blick über die weiße Wand wandern.
»Es geht gut. Es geht ganz ausgezeichnet.«
Birger folgte ihrem Blick.
»Aber man sieht die Blumen noch.«
»Schon. Aber das macht nichts.«
Einen Moment lang blieb es still, während Inez sich bückte und die Rolle in den Farbeimer tauchte. Sie hörte mehr, als dass sie es sah, wie Birger einen Schritt ins Zimmer machte.
»Brauchst du Hilfe?«
Die Farbe tropfte von der Rolle auf die Zeitungen auf dem Boden, und sie trat einen Schritt vor, drückte die Rolle gegen die Wand neben der Tür.
»Ich habe nur eine Rolle.«
Das hörte sich abweisend an. Gut. Sie wollte ihn abweisen. Er hatte ein eigenes Arbeitszimmer.
»Ach so.«
Er klang eingeschüchtert, und einen Moment lang plagten sie Schuldgefühle und Mitleid, dann ließ sie die Rolle über die Wand gleiten. Er überlegte sicher, wie er sie bremsen konnte. Aufhalten. Sie wieder runter in die Küche zwingen. Also gab es keinen Grund, ihn zu bemitleiden. Trotzdem versuchte sie die Wogen zu glätten.
»Siehst du, wie hell es hier drinnen wird?«
Er steckte die Hände in die Hosentaschen und nickte, antwortete aber nicht. Sie warf einen schnellen Blick auf seine Füße.
»Pass auf, dass du nicht auf Farbflecken trittst.«
Er ging einen Schritt zurück, landete wieder auf der Schwelle. Gut. Dort konnte er stehen bleiben. Sie tunkte die Rolle erneut ein, genoss ein wenig diesen eigentümlichen Duft von Farbe, die eigentlich gar nicht gut roch, aber auf irgendeine sonderbare Art und Weise dann wieder doch. Ein neuer Streifen Weiß. Licht. Luft. Befreiung. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Streichen machte so einen Spaß. Viel mehr Spaß als irgendetwas, was sie seit vielen Jahren gemacht hatte.
»Was für Kleider hast du da eigentlich an?«, fragte Birger.
Es war am Ton zu hören, dass er ganz genau wusste, was für Kleider das waren. Ein altes Kopftuch ums Haar, sorgfältig im Nacken geknotet. Eines von Birgers alten Hemden, mit hochgekrempelten Ärmeln. Björns alte Hose aus blauem Cordsamt, aus der er herausgewachsen war. Und an den Füßen ein Paar Holzschuhe. Alles bereits mit weißer Farbe bespritzt und fleckig. Tatsache war, dass sie sich trotzdem hübsch fühlte. Sie hatte sich unten auf dem Flur im Spiegel betrachtet, als sie die Malerkleidung angezogen hatte, und sich plötzlich zehn Jahre jünger gefühlt. Wenn sie in Malmö oder Kopenhagen gewohnt hätte, hätte sie ausgehen können. Sie sah modern aus. Oder in , wie Susanne gesagt hätte. Aber davon ließ sie sich natürlich nichts anmerken.
»Nur abgelegte
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