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Eis und Wasser, Wasser und Eis

Titel: Eis und Wasser, Wasser und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Majgull Axelsson
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glühendem Orange, vor all den Hütten und Verschlägen, die ihre Behausungen waren, vor all den mageren, schmutzigen Kindern, die sich aufrichteten und sie einen oder zwei Momente lang anstarrten, während sie schnell überlegten, ob sie dem Wagen hinterherlaufen sollten, bis sie ihrem Blick begegneten, mit den Schultern zuckten und ihre Spiele weiterspielten.
    Das Taxi hielt an einer Straßenkreuzung. Auf dem Bürgersteig saß ein Mann mit einem kleinen Korb vor sich, er stand schnell auf und lief sofort zum Auto, zog den Deckel von seinem Korb und lächelte sie stolz an. Maria schrie, als die Kobra ihren Kopf hervorstreckte.
    Buße, dachte Elsie und zwang sich, dem Blick der Schlange zu begegnen, während sie in ihrer Handtasche nach ein paar Münzen suchte.
    Der Fahrer wollte sie nicht gehen lassen. Er folgte ihnen mit dem Wagen, nachdem sie ausgestiegen waren und ihn bezahlt hatten, kroch langsam neben ihnen her, als sie durch die Innenstadt bummelten, hielt an, wenn sie in einen Laden gingen, um sich Seidenstoffe anzusehen, blieb dort stehen und wartete, wenn sie herauskamen, streckte lächelnd den Arm nach Marias Paket aus. Sie hatte drei glänzende Saris gekauft, blendend schön, und mochte sich kaum von ihnen trennen, gab sie aber dann doch dem Fahrer, als Elsie nickte.
    »Lunch?«, fragte der Fahrer, und Elsie nickte wieder.
    Sie krochen wieder auf die Rückbank. Jetzt hatte Maria sich daran gewöhnt, jetzt reagierte sie gar nicht mehr auf den Zustand des Autos. Ihre Wangen glühten rot, und der Schweiß stand ihr auf der Oberlippe, als sie sich lächelnd Elsie zuwandte:
    »Was für Farben! Noch nie in meinem Leben habe ich so fantastische Farben gesehen …«
    Elsie erwiderte ihr Lächeln, sagte jedoch nichts.
    »Du hättest auch etwas kaufen sollen«, sagte Maria. »Hundert Kronen für drei Saris! Das ist ja lachhaft wenig.«
    Nein, dachte Elsie. Das hätte ich nicht. Das verdiene ich nicht.
    Der Fahrer brachte sie zur Strandpromenade und fuhr vor einem der großen Hotels vor, lächelte und ließ sie aussteigen, versicherte ihnen so laut, dass alle anderen Taxifahrer es hören konnten, dass er auf sie warten werde, während sie aßen. Elsie und Maria betraten das Restaurant und waren plötzlich zurück in Westeuropa. Ein Oberkellner in dunklem Anzug führte sie zu einem Tisch auf der Terrasse, ein Kellner reichte ihnen die Speisekarte, ein anderer Kellner eilte mit der Weinkarte herbei. Sie bestellten und atmeten aus. Schauten sich um. Indische Männer am Tisch nebenan. Elegante Sikhs in dunklen Anzügen und Turbanen in Grau, Weinrot und Dunkelblau, einige weniger elegante Brahmanen mit weißen Hemden, dunklen Hosen und runden Bäuchen. Stahlgraues Meer vor ihnen. Das weiße Hochhaus des Hotels links. Und rechts etwas, das wie eine verlassene Baustelle aussah, eine Betongrube mit kahlen Armierungseisen, die gen Himmel aufragten. Jemand hatte ein Tuch über einige von ihnen gespannt, ein gestreiftes Stück Baumwollstoff, das leicht im Wind wehte. Ein Dach. Ein Schutz über einem Heim. Und davor saß eine dunkle Frau in einem rosa Baumwollsari in der Hocke und wusch einen ebenso dunklen kleinen Jungen, einen weinenden kleinen Jungen von etwa drei Jahren, der ganz offensichtlich nicht gewaschen werden mochte. Der weiße Seifenschaum bedeckte seinen ganzen Körper, und als er die Hand hob und sich damit die Augen rieb, wurde sein Weinen noch lauter. Die Mutter reagierte nicht, es schien, als hörte sie ihn gar nicht, sie nahm nur einen Eimer Wasser und kippte ihn über ihm aus, drehte sich dann um und packte ihre Sachen zusammen. Der Junge schrie hysterisch, doch die Mutter reagierte nicht, schien es nicht einmal zu bemerken. Ganz vorsichtig legte sie die Seife in ihre offene Handfläche und betrachtete sie. Schaute dann in den Eimer, um zu sehen, ob noch etwas Wasser darin war, ging dann unter das gestreifte Dach, legte die Seife ab und stellte den Eimer auf den Beton, kam wieder heraus und gab dem weinenden Jungen eine Ohrfeige. Er kauerte sich zusammen und schrie noch lauter. Seine Mutter blieb einen Moment lang still stehen, kerzengerade und unbeweglich, den Blick irgendwo in die Ferne gerichtet, ging dann vor ihm in die Hocke sinken und schlug ihn noch einmal. Wartete einen Moment, ob er aufhörte zu weinen. Als das nicht geschah, beugte sie sich vor und schlug ihn ein drittes Mal, so fest, dass er schwankte.
    »Mutterliebe«, sagte Maria und griff nach dem Brot.
    Elsie nickte stumm.
    »Ja«, sagte

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