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Eis und Wasser, Wasser und Eis

Titel: Eis und Wasser, Wasser und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Majgull Axelsson
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drängte sich sogar eine ganze Schulklasse auf Klassenfahrt, zumindest der weibliche Teil der Klasse, vor den Toilettentüren und versuchte hineinzugucken. Als Björn sie sah, wurde er blass vor Übelkeit und weigerte sich hinauszugehen. Peo, der mit auf der Toilette gewesen war, grinste natürlich, aber als er schließlich begriff, dass es ernst war, drängte er sich durch die Mädchenschar und suchte Hasse, ihren Roadie. Peo wie auch Hasse konnten durch einen Trupp Mädchen gehen, ohne gekratzt zu werden und ohne dass ihnen die Kleider zerrissen wurden. Björn konnte das nicht, und er war es leid, jeden Abend die Kratzwunden in Desinfektionsmittel zu baden. Ein Teil dieser Bräute war ziemlich giftig, so giftig, dass sich die Wunde bereits nach wenigen Minuten zu entzünden begann, nachdem sie ihm ihre scharfen Nägel durch die Haut gezogen hatten.
    Andererseits hatte er ja auch einiges davon gehabt. Was erwartet wurde, das war ihm schon klar, und er hatte den Erwartungen entsprochen. Er hatte in nur zwei Monaten mit sieben verschiedenen Mädchen geschlafen, einer Ann-Marie aus Växjö, einer Margareta aus Norrköping, einer Agneta aus Stockholm und einer Liselott aus Sundsvall. Wie die anderen drei hießen, daran konnte er sich nicht mehr erinnern, aber er wusste noch, dass das Mädchen aus Jönköping die Tochter des Stadtarchitekten war. Das hatte sie mindestens viermal im Laufe der Nacht wiederholt, auch während sie miteinander schliefen, als würde die Macht ihres Vaters über die Stadtplanungen sie besonders anziehend machen. Aber vielleicht war es nur ihre Themenwahl, die etwas außergewöhnlich war, denn die meisten Bräute redeten ununterbrochen, sogar während sie sich auszogen, was schon ein bemerkenswerter Anblick sein konnte. Diese Margareta hatte einen BH getragen, der ihre Brust wie die Spitzen von Atomstreitwaffen hatte aussehen lassen, und Liselott trug einen Hüfthalter, der aussah, als gehörte er ihrer Mutter. Alle redeten sie über die Typhoons und die Erfolge der Typhoons, über andere Bands und andere Stars, über ihre eigenen Träume von Erfolg und – zumindest in zwei Fällen – davon, mit welchen anderen Popstars sie gerne schlafen wollten. Paul McCartney zum Beispiel. Und Herman von den Herman’s Hermits. Und dann eine erschrockene Miene: Oje, bist du jetzt sauer? Das wollte ich nicht … Mein Gott. Was für Hohlköpfe es doch gab!
    Eva sah ihn an:
    »Was hast du gesagt?«
    »Ich habe nichts gesagt. Nur gedacht.«
    »Ach so.«
    Sie fragte nicht weiter, versuchte nicht, etwas zu erraten oder ihn auszuquetschen. Ein gutes Zeichen. Wenn es nicht daran lag, dass sie ihn und das, wofür er stand, eigentlich verachtete, fand, er wäre lächerlich, ebenso lächerlich wie die Musik der Typhoons und ihre viel zu jungen Fans. Andererseits konnte es natürlich auch sein, dass sie tatsächlich gar nicht wusste, wer er war. In dem Fall war das ein schlechtes Zeichen. Dann war sie vielleicht einfach nur gleichgültig und desinteressiert. Dann war er vielleicht nur ein Typ, wer auch immer, mit dem sie hier entlanglief, um nicht allein gehen zu müssen. Er schaute schnell auf die Uhr.
    »Schade.«
    »Was?«
    »Das es schon nach neun ist. Sonst hätten wir ja eine Tasse Kaffee trinken können. Aber um diese Uhrzeit ist sicher alles schon zu.«
    »Kannst du das denn?«
    »Was kann ich?«
    »Na, einfach Kaffee trinken gehen. Wirst du dann nicht von einem Haufen Mädchen überrannt?«
    Gut. Dann wusste sie jedenfalls, wer er war. Er zuckte mit den Schultern.
    »So schlimm ist es nicht.«
    Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln:
    »Wirklich nicht? Denn wenn man sieht, wie diese Mädchen losstürmen, dann sieht es schon ziemlich schlimm aus.«
    Fast hätte er mitten im Schritt angehalten, überwand jedoch den Impuls und ging weiter.
    »Wieso? Hast du das schon mal gesehen?«
    »Natürlich. Schon öfter. Ich mag Musik.«
    »Meine Musik?«
    Oh. Das hätte er nicht sagen sollen. Vielleicht fand sie, er würde um Lob betteln. Aber in diesem Fall ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken, ihre Stimme klang ernst, als sie antwortete:
    »Jede Art von Musik. Nicht, dass ich besonders musikalisch bin. Aber Musik, das ist eine wichtige Sache. Es sind ja Gefühle. Oder?«
    Was sollte man darauf antworten? Ein Hauch von Unbehagen lief ihm den Rücken hinunter, er murmelte etwas und zuckte nur wieder mit den Schultern. Sie gingen so langsam, dass das Licht der Fahrradlampe nur ab und zu aufflackerte. Ohne zu wissen,

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