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Eis und Wasser, Wasser und Eis

Titel: Eis und Wasser, Wasser und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Majgull Axelsson
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Karl-Eriks Stimme:
    »Und jetzt wartet deine Mutter im Hotel auf dich.«
    Wie toll. So langsam wurde er zum Hanswurst der Gruppe. Er richtete sich auf und suchte in seiner Jackentasche nach den Zigaretten.
    »Ja. Wird sie wohl.«
    »Ist es lange her, seit ihr euch gesehen habt?«
    Es war ein Jahr, zwei Wochen und vier Tage her. Aber das konnte er ja nicht sagen, stattdessen zuckte er nonchalant mit den Schultern.
    »Ein Jahr wohl«, sagte er. »Glaube ich.«
    Dann beugte er sich über das Feuerzeug, das Tommy ihm hinhielt.
    »Wann ist noch mal die Probe?«, fragte er.
    »Um sechs Uhr«, sagte Karl-Erik. »Aber wir müssen spätestens um halb fünf da sein. Nur dass ihr das wisst.«
    Sie saß auf einem roten Plüschsofa in der Lobby und stand sofort auf, als er den Raum betrat, blieb einen Moment lang reglos stehen und schaute ihn einfach nur an, bevor sie sich schnell den Rock glatt strich und unsicher lächelte. Er blieb mitten in der Bewegung stehen, ebenso still, versuchte seinen Blick daran zu gewöhnen, dass das hier Elsie war, den Blick, der ansonsten so an Inez gewöhnt war. Eigentlich waren sie sich gar nicht mehr so ähnlich. Inez hatte kurze, lockige Haare, Elsie hatte ihr Haar irgendwie hochgesteckt. Inez lief meistens in irgendetwas Geblümtem herum, etwas, das möglicherweise ein Kleid sein sollte, das man aber ebenso gut als Kittel bezeichnen konnte – den Unterschied hatte er nie so recht verstanden –, während Elsie mit engem Rock, Pullover und Strickjacke bekleidet war. Wie ein Mädchen. Sie trug sogar eine Goldkette. Er wusste, dass Inez die gleiche Kette besaß, aber er wusste auch, dass sie sie nur zu feierlichen Anlässen trug. Und Inez war nah. Elsie weit weg. Nein. Er schloss die Augen und zwang sich, richtig zu denken. Elsie war nah. Und Inez weit weg. Jedenfalls im Augenblick.
    Er breitete die Arme aus und lächelte. Ein richtig selbstsicheres Lächeln hinter einer richtig selbstsicheren Bewegung. Eine Bewegung, die perfekt passte.
    »Mein Mütterchen«, sagte er.
    Sie trat einen Schritt vor und blieb dann wieder stehen.
    »Björn.«
    Ihre Stimme zitterte, er spürte mehr, als dass er sah, wie die anderen Jungs stehen blieben und ihre Blicke auf sie richteten, wie sie jeden Tonfall und jede Bewegung registrierten. Jetzt hieß es, das Gleichgewicht zu halten. Nicht zu angespannt zu wirken. Cool. Das war das Wort. Cool, so sollte man sein.
    Elsie hatte feuchte Augen bekommen und eilte nun auf ihn zu, fiel in seine offenen Arme, und einen Moment lang registrierte er, dass er seit ihrer letzten Begegnung mindestens fünf Zentimeter gewachsen sein musste. Da waren sie gleich groß gewesen, jetzt war er so viel größer, dass sie ihren Kopf etwas in den Nacken legen musste, um ihn anzusehen, wenn sie so dicht beisammenstanden. Sie merkte es auch, trat einen Schritt zurück und lächelte.
    »Du bist gewachsen!«
    Er erwiderte ihr Lächeln:
    »Ach was. Du bist es, die geschrumpft ist.«
    Das war die richtige Antwort, die Antwort, die die Welt wieder in Bewegung versetzte, die alles wieder wirklich erscheinen ließ. Elsie lachte und trat einen Schritt zurück, die Jungs aus der Band lachten mit, Björn drehte sich um und stellte alle drei vor, während Karl-Erik einen Schritt vortrat und sich in die Brust warf.
    »Und das hier ist Karl-Erik«, sagte Björn. »Von der Plattenfirma.«
    »Und dein Manager«, sagte Karl-Erik und führte kurz Elsies Hand an seinen Mund. Elsie starrte ihn überrascht an, ehe sie auflachte.
    Anschließend das Essen. Gemeinsamer Lunch. Karl-Erik ging voran in den großen Speisesaal, die anderen folgten ihm, Elsie als Erste in der Reihe, Björn als Letzter. Es war ein großer, dunkler Raum mit bleiverglasten Buntglasfenstern, dunklen Möbeln und steifen weißen Tischdecken. Nicht gerade ein Raum, der zu einer Popband passte, wie Björn dachte, während er sich zwischen zwei Tischen hindurchzwängte. Wobei natürlich die Frage war, wie ein Raum aussehen musste, damit er zu einer Popband passte. Er zuckte kurz über sich selbst die Schultern, während der Oberkellner an einem runden Tisch stehen blieb, sich leicht Richtung Karl-Erik verneigte, der mit einem knappen Nicken antwortete – der Tisch war genehmigt – und sich dann Elsie zuwandte und ihr einen Stuhl herauszog. Sie zögerte einen Moment, suchte mit Blicken nach Björn, bevor sie sich zu fügen schien, die Augen niederschlug und sich setzte. Niclas landete an ihrer linken Seite, Björn sah, wie sie ihm rasch einen

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