Eisberg
»Vor allem aber auch die vielen Vergnügungen, die Südkalifornien zu bieten hat.«
»Südkalifornien?«
»Um vier Uhr heute nachmittag sind Sie an Ort und Stelle.«
»Um vier Uhr heute nachmittag?«
»In Disneyland.«
»In
Disneyland?«
Sandecker mischte sich ein und sagte geduldig: »Ich weiß wohl, daß Sie eigentlich ein anderes Ziel erwartet hätten. Aber Sie brauchen deshalb nicht jeden Satz von Mr. Kippmann zu wiederholen.«
»Mit allem Respekt, Sir, aber ich begreife überhaupt nichts.«
»Bis vor einer Stunde ging es uns genauso«, meinte Kippmann.
»Was haben Sie also vor?« wollte Pitt wissen.
»Das hier.« Kippmann zog einen weiteren Stoß Papiere aus seiner anscheinend unergründlichen Tasche und überflog sie kurz. »Bis wir Sie und die anderen Verletzten, soweit diese überhaupt vernehmungsfähig waren, ausfragen konnten, hatten wir nur eine höchst vage Vorstellung von dem, was Eremit Ltd. plante. Wir wußten, daß es den Konzern gab, und schätzten uns schon glücklich, daß wir seine Geschäfte zu einem kleinen Teil durchschauten. Doch was wirklich die großen Ziele von Eremit Ltd. waren und wer hinter dem ganzen Unternehmen steckte, war uns unbekannt.«
Pitt unterbrach ihn vorsichtig. »Aber Sie hatten einen Hinweis. Sie hatten Dr. Hunnewell im Verdacht.«
»Ich bin froh, daß Sie das nicht schon früher spitzgekriegt haben, Major. Ja, die NIA beschattete Dr. Hunnewell. Wir hatten natürlich keine handfesten Beweise. Deshalb haben wir einen Köder für ihn ausgelegt, in der Hoffnung, er würde uns zu den Männern an der Spitze der Organisation führen.«
»O Gott, das war ein
Köder!«
Es war nicht einfach, in einen einzigen Ausruf gleichzeitig tiefe Verbitterung und schmerzliche Enttäuschung zu legen. Doch Pitt gelang dieses Meisterstück. »Die ganze gottverdammte Eisberg-Geschichte war nichts als ein Köder?«
»Wir wurden auf Hunnewell aufmerksam, weil er Fyrie Ltd. beim Bau ihrer Unterwassersonde stets mit Rat und Tat zur Seite stand, während er für die parallelen Entwicklungen in seinem eigenen Land nichts übrig hatte.«
»Die
Lax
in einem Eisberg einzusargen war ein sauberes Täuschungsmanöver«, meinte Pitt. »Das war Ihr Geschoß. Hunnewell steckte gerade mitten in seinen Forschungen, als der Admiral ihn scheinbar aus purem Zufall um einen Dienst bat. Hunnewell sagte sofort zu, nicht weil ihn interessierte, was seinem alten Freund Fyrie zugestoßen war – das hatte er schon erraten –, auch nicht, weil er das seltene Phänomen eines in einem Eisberg eingeschlossenen Schiffes untersuchen wollte, sondern vielmehr um zu sehen, was aus seiner wertvollen Unterwassersonde geworden war.«
»Sie haben abermals recht, Major.« Kippmann schob Pitt mehrere Hochglanzfotografien zu. »Diese Bilder wurden von dem Unterseeboot aus geschossen, das die
Lax
fast drei Wochen lang überwachte. Sie lassen deutlich erkennen, daß mit der Besatzung irgend etwas nicht stimmte.«
Pitt ignorierte Kippmann und sah statt dessen Sandecker fest in die Augen. »Jetzt kommt endlich die Wahrheit ans Licht. Die
Lax
ist von der Suchflotte gefunden und so lange beschattet worden, bis sie ausbrannte.«
Sandecker zuckte die Achseln. »Mr. Kippmann hat mich netterweise auch erst letzte Nacht über diese interessante kleine Tatsache informiert.« Das verkniffene Lächeln auf seinen falkenartigen Zügen konnte man kaum als Freundschaftszeichen für Kippmann werten.
»Sie können uns vorwerfen, was Sie wollen«, meinte Kippmann unbeeindruckt. »Aber es war unbedingt nötig, daß Sie, soweit es irgend ging, aus der Sache herausgehalten wurden. Wenn Kelly oder Rondheim oder gar Hunnewell Ihre Verbindung zu uns gewittert hätten, wäre das ganze Unternehmen aufgeflogen.« Er sah Pitt an und fuhr mit gedämpfter Stimme fort: »Sie, Major, sollten Hunnewell eigentlich nur begleiten, solange er die
Lax
inspizierte. Dann hätten Sie ihn nach Reykjavik fliegen sollen, wo wir ihn wieder in unsere Obhut genommen hätten.«
»Es hat nicht alles so geklappt, wie Sie sich das vorgestellt haben?«
»Wir haben die Gegenseite unterschätzt«, gab Kippmann freimütig zu.
Pitt nahm einen Zug von seiner Zigarette und beobachtete, wie der Rauch zur Decke schwebte. »Sie haben uns noch nicht geschildert, wie die
Lax
in den Eisberg geriet. Und Sie haben uns auch noch nicht erzählt, was mit den Piraten, die das Schiff gekapert haben, passiert ist. Ferner fehlt uns jede Aufklärung, wie Fyrie und seine Wissenschaftler
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