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Eisberg

Titel: Eisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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frei, durch den gerade ein Mann kriechen konnte. Instinktiv drehte er den Kopf weg – ein intensiver beißender Gestank nach verbrannter Farbe, Leinwand und Öl, vermischt mit dem Geruch von geschweißtem Metall, wehte ihm ins Gesicht.
    »Das sollte Beweis genug sein, daß ich solche Düfte auch durch Eis riechen kann«, sagte Pitt.
    »Ja. Sie haben den Nasentest bestanden«, stimmte ihm Hunnewell teilweise zu. »Aber mit Ihrer Thermitladungstheorie haben Sie sich gewaltig geirrt. Dort unten liegt nichts weiter als ein ausgebrannter Schiffsrumpf.« Er unterbrach sich, um Pitt schulmeisterlich über seine Brillenränder anzusehen. »Wir hätten bis zum nächsten Sommer sprengen können, ohne dem Wrack noch einen zusätzlichen Schaden, der ins Gewicht gefallen wäre, zuzufügen.«
    Pitt zuckte die Achseln. »Ein bißchen gewonnen, ein bißchen verloren.« Er gab Hunnewell eine kleine Taschenlampe. »Ich gehe zuerst. Warten Sie fünf Minuten und kommen Sie dann nach.«
    Hunnewell beugte sich über den Rand, als Pitt sich hinkniete, um hineinzukriechen. »Zwei. Ich gebe Ihnen zwei Minuten, nicht mehr! Dann komme ich hinterher!«
    Der Gang, der von dem Sonnenlicht, das durch das Eis drang, erhellt war, führte in einem 30° Winkel sechs Meter weit nach unten und endete vor den schwarzen Stahlplatten des Schiffsrumpfes, die von Schneidbrennern angesengt und verbogen waren. Der Geruch war jetzt so intensiv, daß sich Pitt zu jedem Atemzug zwingen mußte. Er versuchte, den beißenden Gestank zu vergessen. Im Abstand von etwa einem halben Meter von dem zerstörten Metall tastete er sich weiter vorwärts. Dabei entdeckte er, daß der Tunnel eine Kurve machte und etwa drei Meter weit parallel zu dem Rumpf verlief. Er endete schließlich vor einer offenen Luke, die wüst verbogen und verbeult war. Es war Pitt ein Rätsel, woher wohl die höllische Glut, die das zustande gebracht hatte, gestammt haben mochte.
    Er kroch über die schartige Kante der Luke, richtete sich auf und tastete mit dem Strahl seiner Taschenlampe die von der Hitze zerstörten Wände ab. Es ließ sich unmöglich feststellen, wozu dieser Raum einmal gedient hatte. Jeder Quadratzentimeter war von der furchtbaren Gewalt des Feuers verwüstet worden. Pitt empfand plötzlich Furcht vor etwas Unbekanntem.
    Er stand einige Augenblicke völlig regungslos da und zwang seine Vernunft, wieder die Kontrolle über seine Gefühle zu gewinnen, bevor er über die Trümmer hinweg der Tür zustrebte, die zum Korridor führte. Mit der Taschenlampe versuchte er die dahinterliegende Finsternis zu durchdringen.
    Der Lichtstrahl erhellte den schwarzen Korridor in seiner ganzen Länge und traf schließlich auf eine Treppe, die zum Unterdeck führte. Bis auf die verkohlten Überreste eines Teppichs war der Korridor vollkommen leer. Es herrschte eine unheimliche Stille. Keine knirschenden Metallplatten, keine stampfenden Maschinen, kein Wasser, das gegen die mit Tang bewachsenen Schiffswände schlug – nichts, nur die völlige Ruhe absoluter Leere. Pitt zögerte eine Weile vor dem Korridor. Ihm drängte sich der nicht abzuweisende Gedanke auf, daß irgend etwas in Admiral Sandeckers Plänen entsetzlich schiefgegangen sein mußte. Das hatten sie ganz und gar nicht erwartet.
    Hunnewell kam durch die Luke gekrochen. Er stellte sich neben Pitt und starrte auf die verrußten Wände, auf das verzogene und in bizarren Formen erstarrte Metall und auf die geschmolzenen Scharniere, in denen einst eine Holztür gehangen hatte. Er lehnte sich erschöpft gegen den Türrahmen, hielt die Augen halb geschlossen und schüttelte den Kopf, als erwache er aus einem bösen Traum.
    »Wir werden nicht viel finden, was uns weiterbringen könnte.«
    »Wir werden überhaupt nichts finden«, erwiderte Pitt mit Bestimmtheit. »Was vom Feuer möglicherweise verschont wurde, haben sicher unsere unbekannten Freunde schon beiseite geschafft.« Als ob er seine Worte unterstreichen wollte, ließ er den Lichtstrahl über das Deck wandern. In der dicken Rußschicht waren zahlreiche Fußspuren zu sehen, die von der offenen Luke weg- und wieder zu ihr hinführten.
    »Schauen wir uns einmal an, was die hier gemacht haben.«
    Sie betraten den Korridor, stiegen über die Trümmer und die Asche auf dem Deck, erreichten den nächsten Raum und inspizierten ihn. Es war der Funkraum gewesen. Die meisten Reste waren nun kaum mehr zu erkennen. Von den Kojen und den Möbeln waren nur noch verkohlte Holzgerippe geblieben, und von

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