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Eisberg

Titel: Eisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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mit Kristjan Fyrie ohne weiteres in einer tiefen Freundschaft enden konnte.«
    Wie seltsam, dachte Pitt. Es war das erstemal, daß der Wissenschaftler Fyries Namen erwähnte, seit sie Washington verlassen hatten. Und Hunnewell hatte ihn leise, fast ehrfürchtig ausgesprochen. In demselben Tonfall, erinnerte sich Pitt, der auch dem Admiral Sandecker eigen gewesen war, als er von dem Isländer gesprochen hatte.
    Pitt spürte aber keinerlei Ehrfurcht, als er vor den traurigen irdischen Überresten des Mannes stand, der einst eine der einflußreichsten Figuren der internationalen Hochfinanz gewesen war. Als Pitt so dastand und zu Boden starrte, konnte er die Asche zu seinen Füßen einfach nicht mit dem Menschen aus Fleisch und Blut in Verbindung bringen, den die Zeitungen der ganzen Welt als die Verkörperung eines der größten Lieblinge der Götter gefeiert hatten.
    Wenn er dem berühmten Kristjan Fyrie einmal begegnet gewesen wäre, hätte sich jetzt vielleicht so etwas wie ein Gefühl in Pitt geregt. Doch dann bezweifelte Pitt das wieder. Er war nicht so leicht zu beeindrucken. Nimm dem berühmtesten lebenden Mann seine Kleider weg, hatte sein Vater ihn einst gelehrt, und du hast ein verlegenes, nacktes, wehrloses Tier vor dir.
    Pitt blickte einen Moment lang auf die verzogenen Metallringe und gab sie dann Hunnewell zurück. Im selben Augenblick hörte er ein schwaches Geräusch irgendwo auf dem Deck über ihnen. Er erstarrte und horchte angestrengt. Aber schon war das Geräusch wieder in der Finsternis erstorben. Die Stille, die in der verwüsteten Kabine herrschte, hatte etwas Unheimliches an sich – Pitt hatte das Gefühl, daß jemand alle ihre Bewegungen beobachtete und jedes ihrer Worte belauschte. Er raffte sich auf, um sich zu verteidigen, doch es war bereits zu spät. Ein blendender Lichtstrahl durchschnitt vom Ende der Leiter aus die Dunkelheit und der grelle Schein machte Pitt sekundenlang blind.
    »Tod und Teufel, meine Herren. Ich glaube, Sie sind zu allem fähig.« Das Gesicht war hinter dem Licht nicht zu erkennen, doch die Stimme gehörte zweifellos Commander Koski.

4. Kapitel
    Ohne sich zu bewegen und ohne zu antworten, stand Pitt in der Mitte der verbrannten Kabine.
    Er stand so, wie ihm schien, zehn Jahre lang, während sein Gehirn angestrengt nach einer Erklärung für Koskis Anwesenheit suchte. Er hatte wohl damit gerechnet, daß der Commander eventuell am Ort des Geschehens auftauchen würde, aber frühestens in drei oder vier Stunden. Jetzt war klar, daß der Commander, anstatt den vereinbarten Zeitpunkt für ihre Rückkehr abzuwarten, den Kurs geändert hatte. Mit voller Kraft hatte er die
Catawaba
entlang der Route, die Hunnewell abgesteckt hatte, in das Eisfeld gesteuert, sobald der Helikopter außer Sicht gewesen war.
    Koski richtete den Strahl seiner Taschenlampe auf die Leiter, und Dovers Gesicht wurde neben dem seinen sichtbar. »Wir haben eine Menge zu besprechen. Major Pitt, Dr. Hunnewell, darf ich bitten?«
    Pitt suchte krampfhaft nach einer schlagfertigen Antwort, doch es fiel ihm nichts ein. Statt dessen sagte er: »Lecken Sie mich am Arsch, Koski! Sie kommen herunter! Und bringen Sie diesen ungeschlachten Gorilla von einem Ersten Steuermann mit, wenn Sie sich nicht allein trauen!«
    Fast eine Minute herrschte gespanntes Schweigen. Dann erwiderte Koski: »Sie sind kaum in der Lage, noch irgendwelche Forderungen zu stellen.«
    »Warum nicht? Für Dr. Hunnewell und mich steht viel zuviel auf dem Spiel, als daß wir hier sitzen und Daumen lutschen könnten, während Sie sich als Amateurdetektiv versuchen.« Pitt wußte, wie arrogant seine Worte klangen, aber er durfte sich von Koski nicht einschüchtern lassen.
    »Sie brauchen nicht gleich ausfallend zu werden, Major. Eine aufrichtige Erklärung würde schon genügen. Seit Sie den Fuß auf mein Schiff gesetzt haben, haben Sie gelogen. Das also soll die
Nowgorod
sein! Der grünste Kadett von der Coast-Guard-Schule würde nicht im Traum daran denken, dieses Wrack für ein russisches Spionageschiff zu halten. Die Radarantennen, die hochentwickelte elektronische Ausrüstung, die Sie so wundervoll beschrieben haben – ist das alles verdampft? Ich habe Ihnen und Hunnewell von Anfang an mißtraut; aber Ihre Geschichte klang überzeugend, und mein eigenes Hauptquartier hat Ihre Ausführungen seltsamerweise noch bestätigt. Sie haben mich einfach benutzt, Major, meine Mannschaft, mein Schiff, wie Sie eine Straßenbahn oder ein Taxi

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