Eisberg
Lachen des Fahrers brach ab, und die buschigen Augenbrauen zogen sich zusammen. »Drei Mordanschläge? Ich weiß nur von zweien.«
Pitt schnitt ihm das Wort ab, indem er ihm den Schraubenzieher einen Viertelzentimeter tiefer ins Ohr stieß. »Sie sind ein Glückspilz, mein Freund. Ich könnte versuchen, ein paar ausgewählte Informationen über Ihren Boß und seine Geschäfte aus Ihnen herauszupressen; aber eine Vernehmung im KGB-Stil ist nicht nach meinem Geschmack. Ich schlage deshalb vor, daß Sie jetzt anstatt nach Reykjavik ganz brav nach Keflavik zurückfahren, allerdings auf der anderen Seite des Rollfelds, dort, wo die US Air Force ihr Lager aufgeschlagen hat. Da können sich ein paar von unseren Leuten Ihrer annehmen. Sie werden die Burschen von der National Intelligence Agency mögen: Sie sind Experten darin, ein schüchternes Mauerblümchen zum munter plaudernden Mittelpunkt einer Party zu machen.«
»Das könnte peinlich werden.«
»Das ist Ihr Problem.«
Das Gesicht im Rückspiegel lächelte abermals. »Nicht ausschließlich, Major. Es wäre bestimmt ein denkwürdiger Augenblick, Ihr Gesicht zu beobachten, wenn Sie einen NIA-Agenten zur Vernehmung anschleppen!«
Pitt ließ den Schraubenzieher nicht locker. »Nicht sehr überzeugend«, erklärte er. »Ich würde sogar von einem Studenten im ersten Semester, den man auf der Toilette beim Haschen erwischt hat, etwas Besseres erwarten.«
»Admiral Sandecker hat vorausgesagt, daß es nicht einfach sein würde, mit Ihnen zu reden.«
Pitt stutzte. »Wann haben Sie mit dem Admiral gesprochen?«
»In seinem Büro im Hauptquartier der NUMA, zehn Minuten, nachdem Commander Koski gefunkt hatte, Sie und Dr. Hunnewell wären sicher gelandet. An Bord der
Catawaba,
um genau zu sein.«
Möglicherweise sagte der Fahrer die Wahrheit. Seine Antwort deckte sich mit dem, was Pitt wußte: Die NIA hatte sich nicht mehr mit Sandecker in Verbindung gesetzt, seit er auf Island gelandet war. Pitt verringerte schon den Druck auf den Schraubenzieher, besann sich dann jedoch eines anderen und umklammerte das Werkzeug, bis ihm die Finger weh taten. »Also gut, seien Sie mein Gast«, äußerte er wie beiläufig. »Aber ich muß Sie dringend bitten, machen Sie nicht die kleinste falsche Bewegung.«
»Keine Angst, Major. Beruhigen Sie sich und nehmen Sie mir nur die Mütze ab.«
»Ich soll Ihnen die Mütze abnehmen?« wiederholte Pitt verblüfft. Er zögerte einen Moment, dann griff er mit seiner freien linken Hand nach der Mütze.
»Sehen Sie innen nach, Major. Unter dem Schirm ist eine Derringer, Kaliber .25, festgeklebt.«
Die Stimme des Fahrers klang sanft, aber sie hatte einen befehlenden Unterton. »Bedienen Sie sich und nehmen Sie diesen verdammten Schraubenzieher endlich aus meinem Ohr.« Immer noch mit einer Hand, öffnete Pitt den Verschluß der Derringer, fuhr mit dem Daumen über die Zündplättchen der beiden winzigen Patronen, um sicherzugehen, daß die Kammern auch geladen waren; dann machte er den Verschluß wieder zu und spannte die Pistole. »Okay. Jetzt steigen Sie aus und lassen Ihre Hände da, wo ich sie im Auge behalten kann.«
Der Fahrer glitt hinter dem Lenkrad hervor, ging um das Auto herum und lehnte sich gemütlich gegen den Kühler. Er faßte sich ans Ohr und zuckte zusammen. »Eine teuflische Tour, Major. Davon habe ich noch nie etwas gehört.«
»Sie sollten besser auf dem Damm sein«, antwortete Pitt. »Es ist kein neuer Trick, einem nichtsahnenden Opfer einen solchen Gegenstand durchs Ohr ins Gehirn zu rammen. Schon die bezahlten Killer haben ihn während der Mafia-Auseinandersetzungen angewendet, lange bevor Sie oder ich geboren wurden.«
»Sie haben mir eine ziemlich schmerzhafte Lektion erteilt. Ich werde sie bestimmt nicht vergessen.«
Pitt war immer noch mißtrauisch. Er zielte mit seiner Pistole direkt auf das Herz des Fahrers und sagte: »Sie haben behauptet, Sie hätten in Washington mit Admiral Sandecker gesprochen. Beschreiben Sie ihn – Figur, Haare, seine Eigenheiten, die Einrichtung seines Büros, alles.«
Der Fahrer ließ sich nicht lange bitten. Er redete wie ein Wasserfall und zählte zum Schluß ein paar von Sandeckers Lieblingsausdrücken auf.
»Ihr Gedächtnis ist gut – Sie haben alles fehlerlos beschrieben«, sagte Pitt.
»Ich besitze ein photographisches Gedächtnis, Major. Meine Beschreibung hätte ebensogut aus einem Dossier stammen können. Nehmen wir beispielsweise Sie.
Major Dirk Eric Pitt.
Geboren vor
Weitere Kostenlose Bücher