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Eisblume

Eisblume

Titel: Eisblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Baecker
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Julian noch anrufen. Er hat gestern versucht, dich zu erreichen.«
    »Ja, mach ich.«
    Brander war zu Peppi gefahren, um ihr ihren Wagen zurückzubringen und sie zu überreden, ihn zu begleiten. Aus dem Brunch mit ihrem Verehrer würde wohl eher ein nachmittägliches Kaffeetrinken werden, aber Brander wollte nicht allein mit Nathalie sprechen. Mit Hendrik oder Jens war ihm nicht geholfen, er hatte eine Frau bei dem Gespräch dabeihaben wollen.
    Nathalie öffnete ihnen die Tür. Sie sah müde aus.
    »Hey, Brander!« Ihr Gesicht hellte sich auf. »Krieg ich jetzt meine Mütze?«
    Die Mütze! Daran hatte er überhaupt nicht mehr gedacht.
    »Die muss ich erst noch kaufen«, gestand er. »Nathalie, wir müssen noch einmal mit dir sprechen.«
    Sie sah über ihre Schulter ins Wohnungsinnere. »Die Alten pennen noch. Haben gestern wieder gut gepichelt.« Sie verdrehte die Augen, deutete mit der Hand eine Flasche an, die sie zu den Lippen führte.
    »Vielleicht können wir einen kleinen Spaziergang machen?«, schlug Brander vor. Die Straße schien ihm neutraler als die bedrückende Stimmung in der Wohnung.
    »Klar.« Sie ließ die Tür offen stehen und kam kurze Zeit später mit Jacke und Schal zurück.
    Sie nahmen Nathalie in ihre Mitte und liefen schweigend bis zum Neckarufer. Brander suchte nach einem Anfang, nach den richtigen Worten, um die Situation einer Vierzehnjährigen zu erklären.
    »Saukalt, ey«, brach Nathalie als Erste das Schweigen.
    »Ja. Nathalie …« Brander trat einen Schritt vor das Mädchen und blieb stehen. Er wollte ihr ins Gesicht sehen. »Patrick Radeke wurde gestern verhaftet.« Der erste Teil war gesagt. Brander spürte eine fadenscheinige Erleichterung.
    »Ricky? Warum das denn?« Sie sah ihn überrascht an, nicht ahnend, welche Rolle sie in der Geschichte spielte.
    »Er war vermutlich am Totschlag eines jungen Mannes beteiligt.«
    »Was?« Nathalie schüttelte ungläubig den Kopf. »Ey, du lügst, oder?«
    »Nein.«
    »Der Ricky doch nicht! Ey, fuck ! Was redest du für einen Scheiß?«
    »Nathalie …« Jetzt kam der schwierigere Teil. »Es könnte sein, dass du als Zeugin vorgeladen wirst.«
    »Was? Wieso das denn? Was hab ich denn … Ey, der Ricky, der bringt doch keinen um!« Ungläubige Verzweiflung klang aus ihrer Stimme. Vor wenigen Minuten noch hatte sie sich gefreut, Brander wiederzusehen, und jetzt brachte er ihr diese Nachrichten.
    »Es ist in der Dienstagnacht passiert. Als du zu Ricky wolltest und er nicht zu Hause war«, versuchte Brander zu erklären.
    Nathalie riss die Augen auf. »Dienstag?« Sie brauchte nicht lange, um zu verstehen, was Brander ihr gerade gesagt hatte. »Ey, Scheiße, das ist nicht wahr!« Mit einem Schlag kehrte der ganze Zorn wieder in ihr junges Gesicht zurück. »Du hast mich voll gelinkt! Du Arschloch! Du hast mich voll gelinkt. Ich dachte … Boah, du bist so ein Schwein!« Sie sah von Brander zu Peppi, wieder zu Brander. »Scheiß Bullenpack! Fickt euch! Fickt euch alle!«
    »Nathalie, reiß dich zusammen.« Brander hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. Das war mit Abstand der dämlichste Satz, den er in dieser Situation sagen konnte.
    »Hier!« Sie hob den linken Arm, streckte ihm den Mittelfinger entgegen. »Dreißig Euro, wenn du mich ficken willst.«
    »Jetzt mach mal halblang!«, ging Peppi dazwischen. »Wir machen nur unsere Arbeit. Wenn dein Freund so einen Scheiß baut, ist das nicht unsere Schuld.«
    Nathalie sah Brander mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich hab dir vertraut!« Sie drehte sich um und rannte davon.
    Brander legte den Kopf in den Nacken und starrte in den blauen Himmel.
    Peppi setzte ihn an der Dienststelle ab. Da das Gespräch mit Nathalie nicht sehr lang gedauert hatte, würde sie noch einigermaßen pünktlich ihre Verabredung einhalten können.
    »Willst du reden?«, bot sie ihm dennoch an.
    Brander schüttelte den Kopf.
    »Andi, fahr nach Hause. Du brauchst ein bisschen Abstand zu der Sache«, riet Peppi ihm besorgt.
    Er nickte abwesend, ging in sein Büro, schob die Unterlagen zusammen, die sich auf seinem Schreibtisch stapelten, starrte minutenlang auf die Schreibtischplatte. Cecilia lächelte ihn aus dem Bilderrahmen an. Er griff zum Telefon, wählte ihre Nummer. Eine Minute lang lauschte er dem Freizeichen, dann gab er auf. Weder auf dem Festnetz noch dem Handy erreichte er sie.
    Er wählte Julians Nummer. Nach dem zweiten Klingeln nahm der Junge das Gespräch an. Es tat Brander gut, als er bemerkte, dass

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