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Eisblume

Eisblume

Titel: Eisblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Baecker
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ging ja meistens allein. Aber es hätte nicht zu ihm gepasst. Navo ließ sich gern treiben. Einfach losgehen und schauen, wohin der Weg ihn führte. Nein, ich denke nicht, dass er immer dieselben Wege ging.«
    »Gab es regelmäßige Zeiten, zu denen er spazieren ging?«
    »Nein. Manchmal wachte er in der Nacht auf, zog sich an und ging los. Manchmal ging er in der Abenddämmerung. Manchmal am frühen Morgen. So, wie es ihn hinaustrieb. Ich weiß nicht, ob Sie das verstehen. Er spürte, dass er gehen musste, und er ging.«
    »Und wie lange blieb er normalerweise fort?«
    »Das war ganz unterschiedlich. Mal eine Stunde, mal zwei. Manchmal stand er schon nach fünf Minuten wieder vor der Tür.«
    Die nächste Frage war heikel. »Könnte es sein, dass er sich mit jemandem verabredet hatte?«
    Sofort merkte er, dass sie sich zurückzog. Ihr Körper versteifte sich, die Gesichtszüge wurden härter. Es waren minimale Regungen, die Brander jedoch nicht entgingen.
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Nichts Bestimmtes …« Doch, eigentlich sehr bestimmt, aber er wagte nicht, so direkt zu fragen. »Ein Freund, Bekannte, eine Freundin …« Jetzt stand es im Raum.
    Jasmin Risch sah Brander an. Ernst und auch mit etwas Wut im Blick. »Darauf wollen Sie hinaus. Weil die anderen sagen, dass er geflirtet hat. Wissen Sie was? Die waren neidisch. Die waren einfach nur neidisch. Es war nichts dabei, wenn Navo eine Frau angelächelt hat. Er war freundlich. Er war nett. Es war einfach seine Art! Aber er hat mich geliebt. Hören Sie? Er hat mich geliebt!«
    »Wir müssen diese Fragen leider stellen, Frau Risch. Es könnte ja sein, dass jemand eifersüchtig war. Vielleicht hat jemand das Lächeln Ihres Freundes falsch verstanden.«
    »Ich wüsste nicht, wer.«
    »Frau Risch«, mischte sich Peppi in das Gespräch. »Waren Sie eifersüchtig?«
    Jasmin Risch sah mit verkniffenem Blick zu Branders Kollegin. »Nein.«
    »Denken Sie noch einmal an den Dienstagabend. War da irgendetwas anders als sonst? Sie sagten, er wäre traurig gewesen«, lenkte Brander den Fokus wieder auf Nael Vockerodt.
    »Es war nichts anders. Er war traurig, aber das kam manchmal vor. Ich sagte doch, dass er Heimweh hatte.«
    »Ja, das sagten Sie. Es hätte ja sein können, dass Ihnen im Nachhinein noch etwas eingefallen ist.«
    Jasmin Risch dachte ein paar Atemzüge lang nach, bevor sie sprach. »Nein, wirklich nicht. Er hat seine Jacke angezogen, mich zum Abschied geküsst und ist gegangen. Es war nichts – wirklich nichts – Ungewöhnliches dabei.«
    »In der Eugenstraße gibt es einen afrikanischen Laden. Er heißt Bongoroots. Gab es da vielleicht eine Beziehung?«
    »Bongoroots?« Die Studentin schüttelte den Kopf. »Den Namen habe ich noch nie gehört. Was ist das für ein Laden?«
    Brander zuckte die Achseln. »Afrikanische Küche, Catering. So was in der Art, glaube ich.«
    »Nein, tut mir leid. Navo hätte mir sicherlich davon erzählt.« Sie überlegte. »Wir waren mal im Französischen Viertel in einem Afrika-Laden. Ich weiß nicht mehr, wie der hieß. Aber die haben mehr so Djembé Drums, Schmuck, Körbe und solche Sachen. Wie hieß der denn noch?«
    »Ich kenne den Laden, ist gleich bei mir um die Ecke«, sagte Peppi. »Die haben schöne Sachen.«
    »Gab es sonst irgendwelche Treffpunkte, die Ihr Freund aufgesucht hat?«
    »Sie meinen Treffpunkte von seinen Landsleuten?«
    Brander nickte.
    »Nein. Er war ja erst seit Oktober in Tübingen. Zu Semesterbeginn gab es Veranstaltungen von der Uni für Studenten aus dem Ausland. Und dann war da noch das Akademische Beratungszentrum. Die haben ihm geholfen mit dem ganzen Papierkram für die Aufenthaltsgenehmigung und so was. Aber ansonsten … Wir haben einfach auch ganz viel Zeit nur zu zweit genossen. Wir hatten uns so lange nicht gesehen …« Sie biss sich auf die Unterlippe, kämpfte mit den Tränen, als ihr mit diesem Satz erneut bewusst wurde, dass sie ihren Freund nie wieder sehen würde.
    »Wie war Ihre Beziehung zu Herrn Lüdke nach Ihrer Trennung?«, wechselte Brander das Thema.
    Ihrem Blick nach schien sie ein wenig überrascht über seine Frage. Aber wenigstens war es Brander so gelungen, sie für diesen Moment von ihrem Kummer abzulenken.
    »Am Anfang war es natürlich nicht einfach. Für uns beide nicht. Es ist ja nicht so, dass ich Mike nicht mehr mochte. Ich hatte nur aufgehört, ihn zu lieben. Wir haben versucht, Freunde zu bleiben, weil wir eine gute Zeit miteinander hatten, und das sollte

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