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Eisblume

Eisblume

Titel: Eisblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Baecker
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der Dollhofer uns erzählt hat, sollten wir auch noch einmal mit Lüdke sprechen.«
    »Willst du ihn noch mal vorladen?«, fragte Peppi.
    »Ja, aber lass uns erst abwarten, was eure Recherchen ergeben. Hendrik, ich schlage vor, wir zwei sprechen heute noch mal mit Radeke über Nathalie Böhme. Hast du seine Aussage inzwischen bei seinem Kumpel überprüft?«
    »Poljakow? Wenn du mir verrätst, wo ich ihn finde.«
    »Warum?«
    »Ausgeflogen. Bei der Adresse, unter der er gemeldet war, wohnt er seit zwei Monaten nicht mehr. Der Vermieter wusste nicht, wo Poljakow hin ist, und schien recht froh, dass er die Wohnung wieder anderweitig vermieten konnte.«
    »Was wissen wir über Poljakow?«
    »Russlanddeutscher, zweiundzwanzig Jahre alt, in Frankfurt/ Oder aufgewachsen. Lebt seit knapp einem Jahr in Tübingen. Es gab ein paar Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, und er ist wohl immer mal wieder in Schlägereien verwickelt. Außerdem gab es ein Verfahren wegen Körperverletzung, was jedoch mangels Beweisen eingestellt wurde.«
    »Hm«, brummte Brander nachdenklich und machte sich eine Notiz auf seinem Block. »Warum kommt so einer von Frankfurt nach Tübingen?«
    »Ich werde ihn fragen, wenn ich ihn sehe.«
    Brander saß allein in seinem Büro. Peppi hatte sich mit Jens auf den Weg zur Uni gemacht. Er zog seine Skizze hervor und betrachtete sie eine Weile, bevor er Dollhofer, Dupont und Nathalie einfügte. Für das Pärchen zeichnete er zwei ineinander verschränkte Hände. Er glaubte den Aussagen der beiden und war sich sicher, dass die Nachforschungen seiner Kollegen kein anderes Bild ergeben würden. Mit einer dünnen gestrichelten Linie verband er die Skizze mit dem Zentrum des Bildes – Nael Vockerodt. Die Verbindung war lose.
    Nathalie Böhme. Sie hatte sich kahl rasiert, warf mit Kraftausdrücken um sich und trat unschuldige Kriminalhauptkommissare vor das Schienbein. Sie nennt sich Eisblume, erinnerte er sich an die Aussage von Radeke. Eisblume. Kalt und schön. Im Sommer war ich seine Sonnenblume und im Winter seine Eisblume, hatte Jasmin Risch gesagt. Eisblume. Hatte Nael Vockerodt das Mädchen gekannt?
    Brander beschloss, eine Eisblume als Symbol für Nathalie zu skizzieren. Er malte sie unten rechts ins Bild. Weit weg von dem Stiefel oben in der Mitte. Warum? Vielleicht Intuition? Vielleicht die Hoffnung auf das Gute im Herzen dieses Kindes? War sie noch ein Kind? Vierzehn Jahre. Nicht mehr kleines Mädchen, noch nicht junge Frau.
    »Das Mädchen war es nicht«, flüsterte er leise vor sich hin. Glaubte er das wirklich? Oder versuchte er nur, sich zu überzeugen, sich ihre Unschuld einzureden?
    »Telefonisch erreiche ich Radeke nicht. Fahren wir mal hin?«, unterbrach Hendrik seine Gedanken.
    Brander sah auf, schob das Blatt in eine Mappe und stand auf. »Ja, versuchen wir unser Glück.«
    Das Glück war ihnen nicht hold. Patrick Radeke war nicht zu Hause.
    »Dann machen wir doch bei dem schönen Wetter einen Spaziergang am Anlagensee und Europaplatz«, schlug Brander vor. Die Temperaturen waren über die Null-Grad-Grenze gestiegen. Graue Wolken schoben sich über den Himmel, und der bevorstehende Regen würde Eis und Schnee in Kürze in Matsch und große Pfützen verwandeln. Brander hoffte, dass der Regen nicht ganz so schnell einsetzen würde.
    Sie parkten den Wagen am Bahnhof bei den Kollegen von der Bundespolizei und machten sich zu Fuß auf die Suche. Schüler tummelten sich in der Halle des alten Bahnhofsgebäudes und davor. Und auch auf dem Busbahnhof vor ihnen herrschte ein reges Kommen und Gehen. Sie liefen durch die gekachelte Unterführung Richtung Anlagensee. Irgendein Schmierfink hatte »Fick die Polizei« in riesigen schwarzen Buchstaben auf die weißen Fliesen geschmiert.
    »Arschlöcher«, kommentierte Hendrik den Schriftzug im Vorübergehen.
    Brander zuckte die Achseln. Er hatte irgendwann aufgehört, sich über derartige Schmierereien aufzuregen. Der Wind trug ihnen den Duft von Deniz’ Imbiss und Stehcafé entgegen, das sich rechts am Ende der Unterführung befand. An diesem späten Vormittag saßen bereits einige Kunden in dem kleinen Laden und verspeisten die türkischen Gerichte.
    Sie bogen links auf einen breiten Weg und umrundeten gemächlichen Schrittes einmal den See. Vereinzelt standen kleine Grüppchen zusammen. Ein paar Alkis hatten sich vor einer Bank um eine Kiste Bier geschart. Schüler liefen von den angrenzenden Schulen Richtung Bahnhof an ihnen vorüber oder

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