Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
mir leid, ich hatte mir auch einen angenehmeren Start vorgestellt.« Dann fragte sie Dr. Grede direkt: »Was haben Sie gedacht, als Sie von meiner Versetzung erfahren haben?«
Er schien überrascht und musste kurz überlegen. »Ich wollte den Posten nicht haben, gefragt worden bin ich schon«, wich er dann etwas aus. »In erster Linie war ich aber froh, den ganzen Verwaltungswust und den Personalkram wieder loszuwerden. Ehrlich, ich bin lieber als Fachmann hier. Und da ich Sie kannte, na ja.«
»Was, na ja?«
»Nun, ich dachte, besser Sie als jemand anderes, dem man die Arbeit erst erklären muss.«
Judith Brunner entschloss sich zunächst, Gredes Worte als Kompliment zu werten. »Danke. Da wir gleich wieder einen Mord untersuchen müssen, wird ein geruhsames Einarbeiten auf meiner neuen Position nicht möglich sein. Ich muss also die Dienststelle nebenbei kennenlernen. Darf ich Sie dennoch bitten, mich nächste Woche mit allen Mitarbeitern bekannt zu machen und mich etwas herumzuführen?«
»Kein Problem.«
Thomas Ritter klopfte an die offene Tür und reichte seinem Chef ein paar Formulare. »Musst du noch unterschreiben.« Dann setzte er sich wartend auf ein kleines Möbelstück, das vielleicht ein Hocker war.
Nun saß Judith Brunner zwei ihr bereits bekannten Gesichtern gegenüber und nutzte den Moment. »Beim letzten Mal habe ich Sie beide als kompetente und einsatzbereite Fachleute kennengelernt. Das wird vieles erleichtern.«
Die Angesprochenen warteten gespannt, was sie noch sagen würde.
»Zunächst möchte ich gern für Dr. Grede zusammenfassen, was geschehen ist«, erklärte sie Ritter, der weiter sitzen blieb. Judith begann: »Heute Morgen gegen 8:30 Uhr haben in Waldau die Geschwister Fritzi und Dany Bauer auf dem zugefrorenen Dorfteich gespielt. Der Junge, Fritzi, fünf Jahre alt, fuhr mit dem Fahrrad seiner zwei Jahre älteren Schwester auf den vereisten Teich und brach ein. Wenig später fand ihn ein Spaziergänger, Leon Ahlsens, im dortigen Gutspark, wimmernd in einem Sack, unter einer Plane versteckt. Er hat dem nackten und völlig unterkühlten Jungen das Leben gerettet, indem er ihn mit nach Hause nahm und für erste Hilfe sorgte. Der Kleine berichtete ihm dann vom verloren gegangenen Fahrrad, und als Leon Ahlsens es aus dem Eisloch fischen wollte, sah er einen menschlichen Arm am Fahrrad hängen.«
Hier machte Judith Brunner eine kleine Pause, in der Hoffnung, dass ihre nächsten Sätze keine Rückfragen provozieren würden. »Auf dem Weg zum Gutshaus, von dem aus er Hilfe holen wollte, traf er auf mich. Ich war gerade zu einem Spaziergang unterwegs und bot an, Walter Dreyer, den Sie beide ja kennen, zu holen. Herr Dreyer und ich sind dann gemeinsam zum Gutshaus gegangen und nach einem Gespräch mit Leon Ahlsens entschlossen wir uns, der Sache auf den Grund zu gehen.«
In dem Moment kam Lisa Lenz mit den ersten Fotos der Spurensicherung sowie einem Tablett mit Tassen und Kaffeekanne vorbei. Sie wurde hocherfreut empfangen. Nachdem sich alle bedient und die verschiedenen Zutaten in ihren Tassen verrührt hatten, konnte Judith in entspannterer Atmosphäre fortfahren: »Nun, wir zogen tatsächlich eine Leiche aus dem Wasser. Dr. Renz konnte schon am Fundort sagen, dass der Mann ermordet worden war. Eine Wunde hinter dem rechten Ohr deutet auf einen tödlichen Schlag hin. Hier, sehen Sie.« Judith reichte Dr. Grede die laborfrischen Fotos von der Leiche herüber. »Wie Sie ebenfalls erkennen können, ist die Kleidung des Opfers manipuliert worden. Es fehlten außerdem eine warme Jacke, ein Pullover oder Ähnliches. Sein Oberhemd wurde aufgeknöpft oder teilweise aufgerissen« – ein fragender Blick zu Ritter – »um den Leichnam post mortem an zahlreichen Stellen am Rumpf aufschneiden zu können, damit die Faulgase ihn nicht nach oben treiben würden.«
An dieser Stelle wurde Judith Brunner vom verblüfften Dr. Grede unterbrochen: »Wer macht denn so was?«
»Richtig! Vor allem aber stellt sich die Frage, wer weiß von dieser Technik?«, überlegte Ritter außerdem laut.
Judith Brunner griff den Gesprächsfaden gern auf: »Jemand, der sich Gedanken gemacht hatte, wie er eine Leiche am besten beseitigen könnte. Jetzt, im Winter, ist der Boden hart, da ist das Vergraben nicht so einfach. Und ein gutes Versteck kannte der Mörder vielleicht nicht oder es war ihm zu unsicher. Er wollte die Leiche für immer verschwinden lassen.«
»Aber er hatte genügend Zeit, um sich für die
Weitere Kostenlose Bücher