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Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Basta. Das reicht für
eine vorläufige Festnahme, die Untersuchungshaft wird beantragt.«
    Â»Ich gehe zu Oberstaatsanwalt Waller und beschwere mich über dich.«
    Â»Bitte«, flehte Christian sie an, »bitte tu das. Am besten jetzt
sofort. Husch, weg mit dir! Wir müssen hier arbeiten, okay?!«
    Manuela warf Christian einen verächtlichen Blick zu und ging hinaus.
Dabei rempelte sie fast Eberhard um, der die Diskussion mit verschränkten Armen
in den Türrahmen gelehnt angehört hatte.
    Â»Wow«, meinte Pete sarkastisch, als Manuela die Haustür mit einem
lauten Knall hinter sich zugeschlagen hatte. »Ist die im Bett auch so
temperamentvoll?«
    Christian würdigte Pete keiner Antwort. Daniel kam herein und legte
den Ausdruck eines Gruppenfotos auf den Tisch. »War ein kurzes Bier mit Ripley,
aber durchaus erfreulich. Sie hat mir ein Foto mitgebracht. In der zweiten
Reihe, der Dritte von links, das ist David Rosenbaum.«
    Alle beugten sich neugierig über den Ausdruck. Es waren sechs Männer
darauf zu sehen, alle Mitte bis Ende Zwanzig. Der Kleidung nach zu urteilen,
stammte das Foto aus den siebziger Jahren. Riesige Hemdkragen, breite Krawatten
und hochgeföhnte Vokuhila-Frisuren sprachen eindeutig dafür. Die Männer hatten
sich zum Foto aufgereiht, blickten fröhlich in die Kamera, und alle hielten
stolz einen goldenen Pokal in der Hand. Im Hintergrund war ein palmengesäumter
Strand zu sehen. Freunde, die sich im Urlaub amüsierten, indem sie aus großen
Pokalen soffen, eine frühe Variante der mallorquinischen Sangria-Eimer, nichts
weiter.
    Â»Na toll. Was sollen wir denn damit anfangen? Der Typ da hat nicht
mal im Entferntesten mehr Ähnlichkeit mit unserer Leiche«, maulte Pete.
    Â»Abgesehen von dem unglaublich schlechten Passfoto, das neben der
Leiche lag, ist das hier das einzige Foto, das es von Rosenbaum gibt«,
erwiderte Daniel fröhlich, »aber ich bekomme gleich noch was viel Besseres.
Ripley hat mir gesteckt, dass sie manchmal unerlaubterweise im Mossad-Server
spazieren geht. Und da der Mossad ein sehr moderner Geheimdienst ist, haben sie
von all ihren Leuten im Außendienst, die sich zwecks angelegentlicher
Neuerfindung der Identität gerne mal einer Gesichts-OP unterziehen, die DNS
gespeichert. Falls einer verloren geht und nur noch als Matsch wieder
auftaucht.«
    Â»Großartig!« Christian rieb sich zufrieden die Hände. »Sobald das
Material da ist, leite es an Karen weiter, damit sie es mit unserer Leiche
vergleicht. Ich fresse einen Besen, wenn ich unrecht habe.«
    Â»Und wenn du recht hast? Was dann?«, wollte Eberhard wissen.
    Â»Haben wir ein Puzzleteilchen mehr, von dem wir nicht wissen, wo es
hinpasst. Noch nicht.«
    Volker wurde von einem qualvollen Stöhnen aufgeweckt. Er
fuhr in seinem Sessel hoch und sah nach Martin. Martin hatte die Augen
geöffnet. Sofort wollte Volker nach dem Pflegepersonal klingeln, doch ein
weiterer Blick auf Martin hielt ihn davon ab. Die Geräte zeigten einen
schnellen, aber stabilen Herzrhythmus an. Doch Martin war nicht da. Er war zwar
wach, aber nicht anwesend. Seine Augen waren leer, stierten ins Leere, zuckten
plötzlich hin und her, als wollten sie verzweifelt dem ausweichen, was sie
sahen. Dabei sah Martin weder die weiß getünchten Krankenhauswände, dessen war
sich Volker sicher, noch sah Martin seine Bettdecke, noch seine dick verbundene
linke Hand noch Volker oder sonst irgendetwas in diesem Zimmer, in dieser Welt.
Martins Seele befand sich in einer anderen Welt, irgendwo in der Hölle, und er
sah sich selbst darin und konnte nicht weg.
    Volker erhob sich und ging ans Bett. Ganz vorsichtig ergriff er
Martins rechte Hand, drückte sie leicht, um Martins Aufmerksamkeit zu erregen.
Doch der reagierte nicht, stöhnte nur, riss seine Augen auf, weiter und weiter,
als könne er nicht begreifen, was er sah, schloss sie, riss sie wieder auf,
blickte in blitzschneller Abfolge nach rechts, links, oben und unten und atmete
immer schneller. Volker rief den Arzt, der Martin Calcium verabreichte. Ein
Beruhigungsmittel wollten sie ihm nicht geben, jetzt, wo er endlich erwacht
war. Dann ging der Arzt hinaus, um die Eltern zu benachrichtigen.
    Martin zeigte kaum eine Reaktion auf das Calcium. Seine Atmung
beruhigte sich zwar etwas, aber Volker spürte, dass er immer noch weit weg war.
    Â»Du wehrst dich, weil du nicht in dir sein willst.«

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