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Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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abfiel und sie sich immer gelöster fühlte. Unter
dem Tisch suchte sie Christians Hand und drückte sie. Er lächelte sie an.
    Kurz darauf ging Anna zum Tresen, um bei Michel eine Runde Grappa zu
bestellen. Der Theker jedoch war gerade mit der Zubereitung zweier Cocktails
beschäftigt, sodass sie einen Moment auf seine Aufmerksamkeit warten musste.
Die beiden Studenten standen neben ihr, drehten ihr jedoch den Rücken zu. Anna
bekam unabsichtlich ihr Gespräch mit.
    Â»Martin ist unglaublich. Wie der das immer hinkriegt!«
    Â»Die Weiber fliegen halt auf ihn.«
    Â»Die Kleine wird sich wundern.«
    Â»Ach, die vögelt er doch nur, weil sie bei der Soko ist. Im Grunde
ist er scharf auf die Maybach.«
    Â»Aber die kriegt er nicht.«
    Â»Abwarten. Jetzt knüpft er erst mal die Kleine auf. Besoffen genug
war sie ja. Ich finde sie eigentlich ganz lecker. Mit viel Glück erinnert sie
sich morgen nicht mehr an jede Schweinerei. Am liebsten würde ich hinfahren und
zusehen. Aber ich bin pleite.«
    Â»Wobei zusehen?«, mischte sich Anna mit schneidendem Ton in das
Gespräch ein. Die beiden Studenten fuhren herum. Als sie erschrocken erkannten,
wer sie belauscht hatte, versuchten sie, das Ganze herunterzuspielen und
ergingen sich in Ausflüchten. Doch Anna ließ sie nicht vom Haken, ihr war es
bitter ernst. Als sie ein paar gezielte Drohungen aussprach, bekam sie
schließlich die gewünschten Informationen. Eilig ging sie zurück zum Tisch und
verabschiedete sich von Christian und den anderen. Natürlich wollte man sie
nicht so überstürzt gehen lassen, schon gar nicht ohne Angabe von Gründen. Anna
erwähnte einen Notfall, verschwieg aber, dass es sich dabei um Yvonne handelte,
sie wollte das Mädchen vor ihren Kollegen nicht bloßstellen. Aber sie versprach
Christian, sich später noch bei ihm zu melden, egal, wie viel Uhr es werden
würde. Mit einem tiefen, erwartungsvollen Blick in ihre Augen ließ er sie
ziehen. Sie hatte es ganz offensichtlich eilig.
    Es dauerte fast eine Stunde, bis Anna die Anlage im Norden
knapp außerhalb Hamburgs gefunden hatte. Der einstöckige, langgestreckte
Reetdachhof lag in Dunkelheit, die Fenster waren mit Holzläden fest
verschlossen, nur an der Eingangstür brannte eine Lampe. Anna parkte ihren Mini
zwischen vornehmlich edlen Karossen, die doppelt so lang waren wie ihr Wagen.
Nur ein paar Frösche quakten, ansonsten war es still. An der Eingangstür fand
sie keine Klingel, sondern einen schmiedeeisernen Klopfer in der Form eines
Pferdekopfs. Das Geräusch hallte laut durch die neblige Nacht. Kurz darauf
wurde ein Sichtfenster in der Tür geöffnet. Ein junger Mann lugte hindurch und
betrachtete Anna mit prüfendem Blick.
    Â»Was kann ich für Sie tun, Schönste?«
    Â»Ein Freund hat mir dieses Haus empfohlen.«
    Â»Dann kennen Sie sicher auch das Sesam-öffne-dich.«
    Anna nickte. »Katharina die Große.«
    Ohne ein weiteres Wort wurde die Tür geöffnet. Der junge Mann,
dessen Smoking aufgrund einer beeindruckenden Breitschultrigkeit schon aus
stilistischen Gründen zu eng wirkte, geleitete Anna in eine schummrige Bar. Die
Einrichtung war hochwertig und geschmackvoll. Weniger geschmackvoll fand Anna
die gutbetuchten Herren, die in den schlecht beleuchteten Nischen saßen und
sich von Oben-ohne-Hostessen in Lederstrings in jeglichem Sinne bedienen
ließen. Möglichst unauffällig ließ Anna ihren Blick schweifen, doch von Martin
und Yvonne keine Spur. Sie setzte sich an die Bar und bestellte einen
Manhattan. Es dauerte keine drei Minuten, bis sich ihr ein Mann näherte und auf
dem Hocker neben ihr Platz nahm. Er war etwa Mitte fünfzig, klein, fast kahl
und ausnehmend hässlich. An seiner Hand trug er einen Siegelring mit einem
fetten Diamanten. Er drehte an dem Ring herum, als wollte er Annas Blick
unbedingt darauf lenken.
    Â»Hallo«, eröffnete er das Gespräch reichlich unoriginell. Sein
begehrlicher Blick, der an Annas Körper herabglitt, war mindestens ebenso
plump.
    Â»Hallo«, antwortete Anna so verbindlich sie konnte.
    Â»Willst du mit mir auf ein Zimmer gehen? Oder magst du lieber
Zuschauer?«
    Â»Zimmer?«, fragte Anna zurück. »Ich bin zum ersten Mal hier. Aber
man sagte mir, hier gäbe es Ställe. In denen was Besonderes geboten wird.«
    Ein breites Grinsen überzog das Gesicht des Mannes. »Da habe ich
aber

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