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Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Glück. Wenn du das Besondere suchst, bist du bei mir genau richtig. Passiv
oder aktiv?«
    Anna war unsicher, was sie antworten sollte. »Wo liegen denn deine
Vorlieben? Wie wär’s mit Aufknüpfen?«
    Der hässliche Mann erhob sich. Schon jetzt zeichnete sich eine
gewisse Erregung in seiner Unterleibsgegend ab. Anna spürte, wie ihr leicht
schwindelig wurde. Oh nein, nicht jetzt, dachte sie und atmete tief durch. Der
Mann interpretierte das falsch. »Ganz schön heiß bist du, was? Komm, wir gehen
in den Stall.«
    Anna folgte ihm auf die Hinterseite des Gebäudes und war dankbar,
auf dem gepflasteren Hof etwas frische Luft schnappen zu können. Die Nacht war
sternenklar und windstill. Eine Katze huschte über den Hof. Sie sah kurz in
Annas Richtung. Ihre Augen glühten im Licht des Vollmonds. Dann war sie
zwischen zwei Holzfässern verschwunden. Der Mann öffnete die Tür zum Stall.
Auch hier war die Beleuchtung eher spärlich, doch Anna konnte sofort erkennen,
dass die alten Pferdeboxen erhalten geblieben waren. Drei größere Boxen lagen
zur rechten Seite der Tür, sehr viele kleinere, Anna konnte nicht sehen, wie
viele, waren links aufgereiht. Die Luft war stickig, es roch nach Leder und
Latex und Puder und Schweiß. Der hässliche Mann wollte Anna zu einer leeren Box
auf der rechten Seite ziehen, doch sie entwand sich seinem feuchten Griff und
meinte leise, er solle schon mal vorgehen, sie wolle sich erst noch umsehen, um
sich Inspiration zu holen. Anscheinend fand er dieses Vorgehen akzeptabel, denn
mit vorfreudigem Grinsen, aber ohne weiter zu insistieren, begab er sich allein
auf die rechte Seite des Stalls.
    Anna wandte sich nach links. Rotes Licht flackerte im Halbdunkel,
hie und da brannten Kerzen, klatschende Schläge auf nackter Haut, das Rasseln
von Ketten, das Knallen von Peitschen, lautes Stöhnen und Lustschreie erfüllten
die Luft, die so gesättigt an Gerüchen und Geräuschen schien, dass man sie
schneiden konnte. In jeder Box hielten sich mindestens zwei Leute auf. Keinen
schien zu stören, dass Anna unbeteiligt an ihnen vorüberlief. Sie jedoch
spürte, wie sie mit jedem Schritt, mit jeder Box angewiderter von diesen wenn
auch nur inszenierten Gewalt- und Unterwerfungsphantasien war, sie spürte
deutlich die Anzeichen einer Panikattacke. Als sie vor der zweitletzten Box
stehen blieb, bekam sie kaum noch Luft.
    Â»Unsere Fetischismus-Dozentin auf Exkursion. Kommen Sie aus privatem
Interesse, oder haben meine dümmlichen Kommilitonen Ihnen die Adresse gegeben?«
    Anna achtete nicht auf Martin, der mit freiem, gepiercten Oberkörper
in einer Lederjeans neben ihr stand. Ihr Blick war entsetzt auf Yvonne
geheftet, die mit dem Gesicht nach vorne in einer Art Lederschaukel hing, wobei
ihr der Rücken schmerzhaft durchgebogen wurde. Ihre Augen waren verbunden, doch
selbst in dem dämmrigen Licht konnte Anna sehen, dass ihre Wangen von Tränen
nass waren. Anna bemerkte nicht einmal, wie ihr Schwindel, ihr Herzrasen und
ihre Atemnot einer unglaublichen Wut wichen. Sie forderte Martin auf, Yvonne
sofort loszubinden. Der zuckte mit den Schultern, murmelte etwas von
»Spielverderber« und machte sich daran, Yvonne aus ihren Fesseln zu lösen.
Yvonne nahm sich die Binde von den Augen und sah Anna fassungslos an. Dann
stürzte sie ihr weinend in die Arme. Anna hielt sie mit einer Hand fest, mit
der anderen klaubte sie Yvonnes Kleidung aus dem auf dem Boden verstreuten
Stroh.
    Â»Zieh dich an, komm, zieh dich an. Es ist alles in Ordnung.« Während
Yvonne sich zitternd anzog, wandte sich Anna ein letztes Mal zu Martin: »Wenn
Sie mir jemals wieder unter die Augen treten, werde ich Ihnen Ihre stinkenden
Eier abschneiden.«
    Anna fasste die einen Kopf kleinere Yvonne um die Schultern und
führte sie hinaus auf den Hof, in die klare Nacht. Sie wollte um das Haupthaus
herumgehen, als eine männliche Stimme sie aufhielt.
    Â»Hey, Sie! Sie sind doch die Freundin von Christian Beyer!«
    Verblüfft drehte sie sich um. Yvonne hob nicht einmal den Kopf.
    Vor ihr stand Lars, ebenfalls in die schwarze Kluft der S/M-Gemeinde
gezwängt. Selbst in der kalten Luft verströmte er den Geruch von Gummi.
    Â»Was machen Sie hier?«, wollte er von Anna wissen.
    Â»Das geht Sie wohl kaum etwas an. Und es interessiert mich auch
nicht, was Sie in Ihrem Privatleben treiben. Lassen Sie uns gefälligst

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