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Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Geburtstagskuss nicht wirklich beeindruckend ausfällt,
verzeihe ich dir das niemals!«, meinte Christian grinsend.
    Anna küsste ihn dementsprechend intensiv auf den Mund, und er
erwiderte den Kuss. Sie spürte, wie sie unwillkürlich die Augen schloss und
sich dieses Gefühl, in seinen Armen zu Hause zu sein, wohlig in ihr
ausbreitete. Als sie sich wieder voneinander lösten, war es für einige wenige
Minuten so, als hätte es nie ein Zerwürfnis zwischen ihnen gegeben. Erst als
sie alle am Tisch saßen und Christian seine Geschenke überreichten, ließ er
ihre Hand wieder los. Michel, der Theker, mit dem Christian eine Art lockerer
Freundschaft pflegte, kam an den Tisch und gab eine Runde aufs Haus aus. Auch
er gratulierte Christian, ebenso wie Beate und Ina, die beiden attraktiven
Servicekräfte an den Tischen.
    Anna war erleichtert, dass Christian nicht bärbeißig auf den
konzertierten Überfall reagierte. Er schien sich sogar zu freuen. Früher hätte
sie ernsthaft gefürchtet, er würde mit Verachtung auf die Überraschungsparty
reagieren und sie alle auf ihren Geschenken sitzen lassen, um allein seiner
schlechtgelaunten Wege zu gehen. War Christian in den Monaten ihrer Abwesenheit
tatsächlich wieder aus seinen Abgründen aufgetaucht in die menschliche
Gemeinschaft, oder waren es die Ermittlungen, die ihm das Gefühl gaben,
nützlich zu sein, ihn seinen Frust vergessen ließen und sogar seinen Geburtstag?
Sie hatte nicht viel Zeit, darüber nachzudenken, denn die Ankunft Martin
Abendroths brachte sie aus der Fassung. Er küsste Yvonne zur Begrüßung auf den
Mund, stellte sich dann artig der Gemeinschaft vor und bedachte Anna mit einem
frechen Grinsen. Nun war ihr klar, wen Yvonne eben angerufen hatte.
Offensichtlich war sie heftiger in Daniel verliebt, als alle vermuteten. Yvonne
hatte sich ein Gegengewicht zu Puck besorgt, sie konnte es wohl nicht ertragen,
einsam Daniels Liebesglück gegenübersitzen zu müssen. Anna fand ihre Vermutung
bestätigt, als sie Yvonnes prüfende Blicke zu Daniel sah. Der jedoch zeigte
keinerlei Anzeichen von Verblüffung, geschweige denn Eifersucht, und begann
sofort, sich mit Martin nett zu unterhalten. Martin brillierte durch Intelligenz
und Charme, er integrierte sich hervorragend. Trotzdem fühlte sich Anna durch
seine Anwesenheit gestört, und das lag nicht nur an den ihrer Meinung nach
herausfordernden Blicken, die er ihr immer wieder zuwarf.
    Nach dem Essen holte sich Anna Zigaretten aus dem Automaten im
Kellergeschoss. Auf dem Rückweg kreuzte sie Martin, der unterwegs war, um mit
den beiden Kommilitonen an der Theke ein paar Worte zu wechseln. Anna hatte den
Eindruck, er passte sie ab. Sie wollte an ihm vorbeigehen, doch er hielt sie
auf.
    Â»Kann es sein, dass Sie sich durch meine Anwesenheit gestört fühlen,
Frau Doktor Maybach?«
    Â»Keineswegs«, log Anna, »ich frage mich nur, was Sie von Yvonne
wollen. Ich hätte nicht angenommen, dass sie ernsthaft ihr Typ ist.«
    Martin beugte sich vertraulich vor und raunte Anna ins Ohr: »Ihr
Interesse an meinem Privatleben schmeichelt mir, auch wenn es Sie nichts
angeht. Es sei denn, Sie wollen ein Teil davon sein, was ich sehr begrüßen
würde. In einem Punkt aber haben Sie recht. Erfahrene Frauen liegen mir mehr
als unschuldige Gören. Die sind nur zum Verderben gut.«
    Bevor Anna in aller Schärfe antworten konnte, hatte Martin sich den
beiden Studenten zugewandt und klatschte sie mit cooler Geste ab. Anna ließ es
dabei bewenden, und obwohl sie innerlich kochte, ging sie zurück zum Tisch und
verbarg ihren Ärger. Eberhard und Volker erzählten Anekdoten aus ihrer
langjährigen Zusammenarbeit mit Christian, bis dieser schließlich protestierte
und dem peinlichen Treiben ein Ende bereitete, das nur einem Muttertier beim
Kindergeburtstag zustand, wie er sich ausdrückte. Yvonne trank unterdessen mehr
als ihr zuträglich war, und schon gegen halb elf Uhr bestellte Martin ein Taxi
und verabschiedete sich mit ihr. Der Stimmung tat es keinen Abbruch. Volker und
Eberhard, beide mit Band-Erfahrung in ihren Biographien, begannen zu singen.
Während Volker sich mehr auf die Gassenhauer der Rockmusik kaprizierte,
versuchte Eberhard sich an Chet-Baker-Balladen, wurde aber schnell wegen
unbotmäßiger Melancholie disqualifiziert. Anna spürte, wie mit jeder Stunde der
Stress des Nachmittags von ihr

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