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Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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gehören zusammen und schnüffeln den Laden aus.«
    Christian versuchte, das Gehörte in einen sinnvollen Zusammenhang zu
bringen. Er hatte sich schon alle möglichen Gründe ausgedacht, warum Anna Hals
über Kopf von seinem Geburtstag verschwunden war. Vielleicht hatte sie einen
Liebhaber, der unerwarteterweise Zeit für sie erübrigte. Oder eine Freundin in
Not. Oder ihre Mutter. Aber ein S/M-Schuppen? Anna? Nie im Leben!
    Â»Ich möchte jetzt gerne mal erfahren, was Ihr Bullen dort ermittelt.
Die kleine Blonde habe ich schließlich auch schon in eurem schäbigen Büro
gesehen. Also: Gibt es eine Spur? Ich will es wissen!«
    Christian bekam immer weniger Sinn in das Ganze. Es gab nur eins,
egal, wie viel Uhr es war. Er schob Lars zur Tür hinaus, versicherte ihm, das
sei alles nur ein großes Missverständnis und habe nichts, aber auch gar nichts
mit den Ermittlungen im Falle Uta Berger zu tun. Dann rief er Anna an, um sie
unmissverständlich zu fragen, inwieweit das alles nur ein großes
Missverständnis sei und nichts, aber auch gar nichts mit den Ermittlungen im
Falle Uta Berger zu tun habe.
    Anna bestätigte ihm genau das. Mit einem Seitenblick auf
Yvonne hatte sie das Gespräch angenommen und sich ins Wohnzimmer zurückgezogen.
Ohne große Erklärungen gab Anna zu, Lars im Pferdestall getroffen zu haben,
alles Weitere würde sie ihm morgen erklären. Sie oder Yvonne. Jedenfalls sei es
eine Angelegenheit äußerst privater Natur. Christian wollte sich nicht damit
zufriedengeben, doch Anna bestand darauf und legte auf. Dann ging sie zurück
zur Küche und sah Yvonne ernst an.
    Â»Tut mir leid, Yvonne, aber Christian weiß Bescheid über unseren
kleinen Ausflug. Der Typ da auf dem Hof, mit dem ich gesprochen habe, das war
Uta Bergers Bruder, der hat es Christian gesteckt.«
    Â»Was hat der denn da gemacht?« Yvonne war verblüfft.
    Â»Keine Ahnung. Aber das spielt im Moment auch keine Rolle. Wichtiger
ist, dass Christian eine Erklärung erwartet. Und du weißt, dass er sich nicht
mit Ausflüchten abspeisen lässt. Also. Was sollen wir ihm erzählen? Die
Entscheidung liegt bei dir.«
    Yvonne stellte ihre zweite Tasse Kakao mit Schwung auf den Tisch,
sodass ein wenig vom Inhalt überschwappte, und begann wieder zu weinen. Aber
Anna spürte, dass Yvonnes Tränen nun nicht mehr ausschließlich aus Trauer und
Schmerz flossen, sondern auch aus Zorn.
    Â»Ich bin doch nur mitgegangen wegen Daniel! Überhaupt! Was muss der
denn diese blöde Punk-Tussi mitbringen! Da habe ich Martin angerufen und mich
betrunken.«
    Â»Du bist noch immer in Daniel verliebt, was?«
    Â»Jetzt nicht mehr! Aber ich war’s. Und deswegen hat’s mir doch auch
so gutgetan, dass Martin sich für mich interessiert hat! Für mich! Die sonst
nie ein Typ so richtig wahrnimmt! Jedenfalls nicht Daniel. Aber Martin. Er
wollte alles über mich wissen, was ich denke, was ich tue, was ich arbeite! Und
er ist ein toller Typ. An der Uni, die reißen sich um ihn. Weißt du, wie gut
das tut?«
    Yvonne wartete Annas Antwort nicht ab. »Er sieht phantastisch aus,
ist sportlich, intelligent, witzig, er kann vier Sprachen, er segelt, ist
Motocross gefahren, Bungeejumping hat er auch gemacht und Theater gespielt
und …«
    Yvonne brach plötzlich ab, als hätte sie der Schlag getroffen. Sie
starte ins Leere.
    Â»Yvonne, was ist denn?«, fragte Anna.
    Kaum hörbar flüsterte Yvonne: »Er hat sich nicht für mich
interessiert. Es ging nicht um mich, keine Sekunde. Ich bin eine solche
Idiotin! Wie dumm kann ein Mensch sein!?«
    Sie barg ihre Hände ins Gesicht und weinte herzerweichend.
    Christian hätte nun wirklich langsam ins Bett gehen
sollen, aber er wusste, er würde nicht schlafen können. Er war zu sehr mit Carl
Gustav Jungs Theorie von der Synchronizität beschäftigt. Christian verstand
nicht viel davon, er war schließlich kein Psychologe, aber er könnte Anna
danach fragen. Das sollte er auch. Es war nämlich schon das zweite Mal in
diesem Fall, dass er daran dachte. Das scheinbar zufällige zeitliche
Zusammentreffen mehrerer Ereignisse, die nichts miteinander zu tun haben, aber
durch ihr Zusammentreffen eine neue Bedeutung bekommen, ließ ihm keine Ruhe,
seit Daniel auf das Verschwinden dieses Mossad-Agenten gestoßen war. Einen
Zusammenhang herzustellen, schien hanebüchen, es gab

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