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Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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vor dem Büro der Aufnahme mit einem Arzt sprach. Als
Christian und Anna zu ihm stießen, informierte er sie hektisch: »Es ist Martin
Abendroth. Er sieht zwar reichlich entstellt aus, aber ich habe ihn sofort
erkannt. Seine Eltern sind benachrichtigt und unterwegs. Eberhard und Karen
treffen sich mit Volker auf dem Golfplatz.«
    Â»Hast du mit ihm gesprochen?« Christian folgte Pete mit großen
Schritten Richtung Intensivstation. Anna hatte Mühe, ihnen zu folgen.
    Â»Das wird schwerfallen. Aufgrund extrem hohen Blutverlustes ist er
ohne Bewusstsein. Außerdem ist ihm der vordere Teil der Zunge abgeschnitten
worden. Die linke Ferse wurde weggesäbelt. Ansonsten Brandverletzungen, weitere
Schnittwunden, herausgebrochene Zähne und abgezogene Fingernägel. Bislang nicht
näher definierte Verletzungen überall. Der Arzt meinte, Abendroth sähe aus wie
achtzig Kilo rohes Hackfleisch. Ein Wunder, dass er noch lebt. In der rechten
Hand hielt er ein Messer und in der linken einen Lippenstift. Beides so
krampfhaft, dass man es ihm nicht hätte wegnehmen können, ohne die Finger zu
brechen. Er braucht dringend eine Konserve oder zwei, hat aber eine extrem
seltene Blutgruppe. Gottseidank sind seine Eltern unterwegs.«
    Anna spürte, wie ihr Herz zu rasen begann. Ihr wurde schwindlig,
Schweiß brach ihr aus, die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Vor der
Intensivstation hielt sie an und öffnete ein Fenster. Nasskalte Luft strömte
herein und half ihr, die Kontrolle zurückzubekommen. Mit einem Blick zu
Christian bedeutete sie ihm, hier warten zu wollen.
    Â»Alles in Ordnung?«, fragte er. Sie nickte.
    Es dauerte kaum zehn Minuten, bis Christian wieder bei ihr war.
    Â»Wir können erst mal gar nichts tun. Pete wartet auf die Eltern, ich
werde von der Streife vorm Krankenhaus zum Golfplatz gebracht. Du solltest hier
bei Pete bleiben, du bist blass.«
    Â»Nein, ich will bei dir sein.« Anna sah ihn so energisch an, dass
Christian nachgab.
    Der Streifenbeamte fuhr sie durch den trüben, aber
immerhin trockenen Sonntagmittag zum Sachsenwald im Herzogtum Lauenburg, Schleswig
Holsteins größtem zusammenhängendem Waldgebiet. Er parkte vor dem Vereinshaus
des Golfclubs. Ein unter seiner Bräune bleich wirkender, älterer
Club-Mitarbeiter karrte sie mit einem leise surrenden Elektro-Cart über den
Achtzehn-Loch-Platz zum Waldrand. Dort war ein kleines Aufgebot an Polizisten
versammelt, die den Fundort mit Band absperrten. Es gab zwar keine Leiche –
noch nicht – aber der Polizeiobermeister aus dem nahegelegenen Aumühle hielt
die Spurensicherung für geboten. Weniger für geboten hielt er Volkers und Herds
Einmischung, die seit einer viertel Stunde die drei kaum zu beruhigenden
Golferinnen und ihren Caddy befragten, die Martin gefunden hatten. Karen stand
am Absperrband und ließ sich gleichgültig von einem jungen Beamten anflirten. Langsam
schlenderte Anna zu ihr. Sie vermied es, auf die rostbraune, noch feucht
glitzernde Stelle inmitten der Absperrung zu blicken. Auch wenn sie Martin
nicht ausstehen konnte, ein solches Schicksal hatte sie ihm nicht gewünscht.
    Als Christian sich auswies, schien der Polizeiobermeister dankbar,
nun offiziell die Verantwortung für die verstörende Angelegenheit abgeben zu
dürfen. Er schüttelte Christian die Hand: »Hab schon viel von Ihnen und Ihren
Fähigkeiten gehört. Entschuldigen Sie, dass ich Ihre Mitarbeiter etwas
unfreundlich behandelt habe, aber ihre Zuständigkeit war mir nicht ganz klar.
Das hier ist gemeindefreies Gebiet.«
    Â»Schon okay. Wo führt diese Blutspur hin?« Christian wies auf einen
breiten Streifen, der aus dem Wald bis zu dem größeren rostroten Fleck auf dem
Green führte.
    Â»Wir hatten noch keine Zeit, der Sache nachzugehen. Die erste
Sicherung hat uns voll in Beschlag genommen. Wir haben hier nicht so viel
Personal. Brauchen wir normalerweise auch nicht. Scheußliche Sache. Was da wohl
passiert ist? Ich habe den Jungen gar nicht gesehen, aber er soll ja
entsetzlich zugerichtet sein.«
    Christian gab keine Antwort.
    Â»Aber wir haben penibel darauf geachtet, dass hier keiner die Spuren
zertrampelt.«
    Â»Das war sehr umsichtig von Ihnen, vielen Dank.«
    Christian ging zu Karen und Anna. Er bat Anna, im Wagen auf ihn zu
warten. Dann rief er Volker und Eberhard zu sich. Die beiden hatten inzwischen
die ersten Aussagen und Personalien

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