Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
Vom Netzwerk:
aufgenommen. Eberhard steckte die Notizen
in seine vollgepackte Umhängetasche.
    Â»Wollen wir doch mal sehen, wo Martin Abendroth herkam. Sieht nicht
so aus, als hätte ihn jemand abgelegt. Der wurde oder hat sich selbst hierher
geschleppt.« Christian wies auf die Blutspur und trat vorsichtig hinter das
Absperrband. Ein einsamer Golfball lag etwa einen Meter neben dem Blutfleck auf
dem Rasen. Die Augen aufmerksam auf den Boden und die umstehenden Pflanzen
geheftet, folgten Christian, Volker, Eberhard und schließlich Karen in großem
Abstand der Blutspur in den Wald hinein. Eberhard schoss ein Foto nach dem
anderen, um für die angeforderte Spurensicherung den ersten Eindruck zu
dokumentieren.
    Nach etwa dreißig, vierzig Metern endete die Spur in einem Dickicht
aus vertrocknetem Brombeer-Dornengestrüpp, meterhohen Brennnesseln und einem
quer auf dem Boden liegenden verfaulten Baumstamm. An den Brennnesseln und am
Baumstamm klebte eine Menge Blut. Vorsichtig ging Christian in die Hocke. Er
zog sich Handschuhe über und arbeitete sich zu dem Gestrüpp vor.
    Â»Herd, hierher.«
    Eberhard bückte sich und ließ die Kamera surren.
    Â»Es stinkt«, sagte er.
    Â»Bestialisch«, kommentierte Volker knapp. »Und wir wissen, was es
ist.«
    Christian bog das Dickicht auseinander. Hinter dem Gestrüpp war der
Eingang zu einem halb unterirdischen Bunker zu sehen. Die Öffnung, aus der
rechts und links nackte, zerborstene Stahlstreben ragten, war zum großen Teil
verschüttet. Nur noch ein etwa achtzig Zentimeter hohes Loch wurde vom
Waldboden freigegeben. Man würde sich bücken und kriechen müssen, um
hineinzugelangen.
    Â»Warten wir auf die Spurensicherung?«, fragte Eberhard.
    Christian sah sich genau um. Blutige Schleifspuren wanden sich durch
das Gestrüpp und führten in den Bunker hinein.
    Â»Nein«, meinte Christian. »Mach ein paar Fotos, dann gehen wir
rein.«
    Volker nahm eine Taschenlampe aus seiner Jacke und schaltete sie
ein. Er beugte sich hinunter und leuchtete die Öffnung aus. Der Waldboden
senkte sich sanft hinab. Von hier aus war nichts zu erkennen. Christian zwängte
sich als Erster durch das Loch, die anderen folgten ihm. Ihnen war klar, dass
sie dadurch die Spurenlage veränderten, aber wenn es hier etwas gab, dann
würden sie es finden. Und zwar sofort.
    Der Gestank im Bunker war unerträglich. Karen reichte ihre Dose mit
Tigerbalsam herum, die sie immer bei sich trug. Alle schmierten sich davon
unter die Nase, doch es half kaum. Langsam stellten sich ihre Augen auf das
schummrige Licht ein. Zwei kleine, in der Form undefinierte, fast miteinander
verschmelzende Hügel, waren im Inneren des Bunkers vor der gegenüberliegenden
Wand zu erkennen. Sie schienen sich in ihren Konturen zu bewegen, wogten
langsam auf und ab wie träge Wellen. Volker richtete den Lichtkegel seiner
Taschenlampe darauf. Es waren wimmelnde Haufen von Maden, die zwei kaum noch
als Körper erkenntliche Leichen in einem extrem fortgeschrittenen
Verwesungsstadium fast vollständig bedeckten.
    Â»Ich brauche einen forensischen Biologen«, sagte Karen. »Den
besten.«
    Martin Abendroth war bereits für die Bluttransfusion
vorbereitet, als seine Eltern eintrafen. Als sie die vorgeschriebene sterile
Kleidung und den Mundschutz übergestreift hatten, durften sie die
Intensivstation betreten, wo Pete, ebenfalls in grüner Schutzkleidung, vor
Martins Zimmer auf sie wartete. Beim Anblick ihres Sohnes brach Frau Abendroth
zusammen, ohne auch nur den geringsten Laut von sich zu geben. Pete half einer
Krankenschwester und dem Arzt, die füllige Frau auf eine Pritsche im Flur zu
hieven, während Herr Abendroth wie gelähmt durch die Glasscheibe auf den
dahinterliegenden Martin stierte, den Blick nicht von ihm abwenden konnte und
gar nicht wahrzunehmen schien, was mit seiner Frau geschah. Die
Krankenschwester brachte schnell etwas Wasser und einen scharfen Riechstoff,
der Frau Abendroth in Sekundenschnelle wieder zurückholte. Sie erhob sich gegen
den Rat des Arztes wacklig von der Pritsche und stellte sich neben ihren Mann.
Zittrig suchte ihre Hand die seine. Er merkte es nicht. Seine Hand hing leblos
an seiner Seite herunter.
    Ohne Zeit für Sentimentalitäten zu verschwenden, aber mit möglichst
beruhigendem Ton wandte sich der Arzt an die Mutter: »Wir kriegen ihn durch.
Die Vitalfunktionen Ihres Sohnes sind den Umständen

Weitere Kostenlose Bücher