Eisblut
entsprechend schwach, aber
überraschend stabil. Wir haben alles für eine Transfusion vorbereitet. Wie Sie
wissen hat Ihr Sohn die äuÃerst seltene Blutgruppe AB negativ. Was ist Ihre?«
»A positiv«, antwortete Frau Abendroth, ohne den Blick von Martin
abzuwenden, der immer noch nicht das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Der Arzt
sah verblüfft zum Vater. Auch Pete war überrascht. Frau Abendroth konnte mit
dieser Blutgruppe unmöglich die leibliche Mutter von Martin sein.
»Ich stehe als Spender zur Verfügung. Ich habe A negativ«, sagte
Herr Abendroth leise.
»Dann los. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Folgen Sie mir.« Der
Arzt nahm Herrn Abendroth sanft beim Arm und zog ihn mit sich.
Pete blieb neben Frau Abendroth stehen und sah zu Martin. Eine
Zeitlang schwiegen sie. Doch Pete hielt es nicht lange aus.
»Verzeihen Sie, Frau Abendroth. Aber ⦠Sie sind nicht die leibliche
Mutter von Martin, nicht wahr?«
»Ich habe ihn groÃgezogen. Ich bin seine Mutter.«
»Und Ihr Mann? Er ist der leibliche Vater, nehme ich an?«
Frau Abendroth wandte langsam den Blick von Martin ab und sah Pete
zum ersten Mal an: »Der Onkel. Er ist der Onkel. Spielt das eine Rolle? Für uns
nicht. Sagen Sie mir lieber, wer meinem Sohn das angetan hat. Und warum?«
Christian hatte inzwischen den Weg vom Golfplatz entlang
der Blutspur wie auch das Gelände um den Bunker weiträumig absperren lassen.
Die Spurensicherung, die Volker aus Hamburg angefordert hatte, durchkämmte mit
seiner und Eberhards Unterstützung das Gebiet. Den Bunker würden die Männer
erst betreten, wenn Christian ihn freigab. Karen wartete in Annas schweigender
Gesellschaft am Waldrand auf Doktor Rainer Peters, eine Koryphäe der
forensischen Biologie, der mit dem Hubschrauber aus Berlin eingeflogen wurde.
Der Golfplatz bot ideale Landebedingungen, was der Betreiber des Clubs, der um
die Unversehrtheit seiner Fairways fürchtete, allerdings erst eingesehen hatte,
als Volker ihn mit eisenhartem Blick und zwei, drei deutlichen Worten dazu
aufforderte. Sein Widerspruch war im Keim erstickt, da die Grüns zu seinem
groÃen Entsetzen sowieso schon erheblich unter Beamten in schweren Stiefeln und
dem rücksichtslosen Transport von Gerätschaften gelitten hatten.
Karen war wenig überrascht, als Christian, nachdem er versucht
hatte, abseits der Absperrung ein nicht gegessenes Frühstück herauszuwürgen,
wieder zurück in den Bunker kroch. Sie kannte seine Art, einen Tatort sinnlich
auf sich wirken zu lassen, bevor er kühl-systematische Ãberlegungen anstellte.
Keiner von den anderen jedoch hatte Lust verspürt, ein zweites Mal in diese
Höhle des Grauens hinabzusteigen, und Christian hatte ihnen diesen Akt der
Solidarität erspart, indem er gröÃtmögliche Rücksicht auf die Spurenlage
einforderte.
Er hatte sich eine zweite Ladung Tigerbalsam unter die Nase
geschmiert und Karens Seidenschal vor den Mund gebunden. Jetzt, wo er wusste,
was ihn da unten erwartete, traf ihn der Ammoniakgeruch nicht mehr ganz so
hart. Er stand mit dem Rücken zum Eingang und leuchtete mit dem Kegel der
Taschenlampe den Raum aus. Ratten huschten kreuz und quer und verschwanden in
dunklen Ecken und Löchern. Der Bunker war etwa vierzig Quadratmeter groÃ, aber
nicht mal ein Meter neunzig hoch, zu viel Erde war im Laufe der Jahre
hereingeschwemmt worden und hatte den Betonboden aufgeschüttet. Christian
konnte nur gebückt stehen. Die beiden Leichen lagen vor der Wand gegenüber,
dorthin führte deutlich eine noch relativ frische Blutspur. Eine zweite,
parallel dazu verlaufende Blutspur war etwas dünner und älter. Martin war also
offensichtlich schon blutend hier hereingeschafft und inmitten dieser
Madenberge abgelegt worden.
Christian näherte sich den Leichen und entdeckte hinter ihnen
jeweils eine aufgerissene Plastiktüte. Eine dritte lag in der Mitte. Hinter der
einen Leiche war winterliche Männerkleidung verstreut, daneben eine Armbanduhr,
ein goldener Füllfederhalter und ein verrostetes Handy, aus der anderen Tüte
war Frauenkleidung herausgezerrt worden und eine Handtasche, deren Inhalt
ebenfalls verstreut im feuchten Dreck lag. Die mittlere Tüte war noch verpackt
und enthielt nach Christians erstem Augenschein Martins Klamotten. Zehn
Zentimeter daneben, säuberlich aufeinander, zwei Ausweise. Christian nahm sein
Taschenmesser und
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