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Eischrysanthemen

Eischrysanthemen

Titel: Eischrysanthemen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Murasaki
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bestehe ich auf ein zweites Interview“, beharrte Vincent stur, obwohl es ihm davor graute. Ihm wäre es lieber gewesen, die Unterlagen zurückzuerhalten, aber das war sicherlich unmöglich. Hätte er gestern nicht soviel getrunken, dann hätte er versuchen können, das Interview aus dem Kopf zu rekonstruieren, aber so fiel auch das flach. Nun konnte er nur auf ein neues Interview bestehen oder aufgeben und Mr. Ferrys, dem Redakteur des Kulturmagazins, sagen, dass er das Interview nicht hatte beschaffen können. Damit wäre auch der Festanstellung das Genick gebrochen. Vincent musste sich also zusammenreißen und Kira noch einmal aufs Korn nehmen.
    Der schwieg und betrachtete Vincent eine Weile, bis er die Augen verdrehte.
    „Ich verstehe gar nicht, warum du so sehr auf dieses Interview bestehst. Es war ohnehin ohne Tiefe und obendrein stinklangweilig. Kein Mensch hätte es lesen wollen“, sagte er mit einer fast theatralischen Geste, als er zum Schminkspiegel ging. Vincent ließ ihn nicht eine Sekunde aus den Augen.
    „Aber du willst wohl auch nicht locker lassen, bis du bekommen hast, was du willst, nicht wahr?“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    Vincent nickte entschlossen. Er brauchte den Job viel zu sehr und er würde sich das von niemandem kaputt machen lassen, auch nicht von Kira, der sich in der letzten Nacht mehr als schäbig verhalten hatte. Dennoch, Vincent versuchte nur an den Job zu denken, was ihm nicht sonderlich leicht fallen wollte.
    „Nun gut. Ich wäre unter bestimmten Umständen bereit, mich auf dieses alberne Interview einzulassen, allerdings unter einer einzigen Bedingung“, sagte Kira leise und legte den Kopf schief, was Vincent nichts Gutes ahnen ließ.
    „Und welche wäre das?“, fragte er vorsichtig, schon fast vermutend, was Kira verlangen würde. Auf der anderen Seite wollte er nicht locker lassen. Er konnte einfach nicht aufgeben, und er gedachte sich an jeden noch so kleinen Strohhalm zu klammern, bis er das bekommen hatte, was er haben wollte.
    „Du bist ziemlich hartnäckig, was mir durchaus gefällt, außerdem hat mir der letzte Abend ebenfalls gefallen“, sagte Kira und ließ die Worte wirken.
    Vincent machte sich keine Illusionen darüber, dass Kira ganz sicher nicht den Abend meinte, als viel mehr die Nacht. Röte schoss ihm in die Wangen, und er räusperte sich.
    „Und weiter?“, bohrte Vincent, um über den peinlichen Moment zu kommen, der ihn ein wenig schwitzen ließ.
    „Ich schlage ein Quidproquo vor. So nennt man es doch, oder? Dann haben wir beide etwas davon. Du bekommst alle Antworten auf deine Fragen, und ich werde ein wenig, sagen wir, Unterhaltung haben.“ Kira lächelte, und Vincent befürchtete, dass er bei dieser Art von Tauschhandel nur verlieren konnte. Wenn er jedoch ablehnte, würde ihn auch Mr. Ferrys ablehnen.
    „Und welche Art von Unterhaltung soll das genau werden?“, fragte Vincent nun eindeutig misstrauisch, was nicht zu überhören war.
    „Oh, das weiß ich noch nicht genau. Aber ich bin sicher, dass mir etwas einfallen wird, was für unser beider Unterhaltung sorgen wird“, antwortete Kira schon fast fröhlich. „Sind wir also im Geschäft?“
    Sich auf ein Geschäft einzulassen, bei dem man nicht alle Regeln kannte, war sicherlich dumm, aber Vincent hatte keine große Wahl. Konnte es schlimmer werden als das, was bereits in der Nacht zuvor geschehen war? Wahrscheinlich nicht, dachte Vincent trocken und gab sich einen Ruck.
    „Ich bin einverstanden“, stimmte er der Abmachung zu, obwohl ihm Kiras Gesichtsausdruck deutlich sagte, dass er es noch bereuen würde.
    „Wunderbar! Am besten kommst du wieder ins Hotel, da sind wir –“
    Vincent unterbrach ihn jedoch rasch.
    „Nein, ich denke, dass es besser ist, wenn wir uns hier treffen.“ Auf gar keinen Fall wollte er noch einmal in das verfluchte Hotelzimmer, wo er nur daran würde denken können, was vorgefallen war!
    Kira legte den Kopf schief und zuckte mit den Schultern.
    „Also gut. Dann eben hier. Morgen früh um elf würde ich sagen. Da ist noch keine Probe und so werden wir hier ganz ungestört sein können.“
    Vincent nickte zustimmend, wenngleich er auf der anderen Seite auch keine Wahl hatte. Er wollte das Interview!

Erst zu Hause sickerte wirklich zu Vincent durch, worauf er sich eingelassen hatte. Dennoch war es für einen Rückzieher zu spät und eine Mail von Mr. Ferrys machte Vincent nur noch deutlicher, dass ihm die Zeit davonlief. Er schrieb ihm

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