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Eischrysanthemen

Eischrysanthemen

Titel: Eischrysanthemen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Murasaki
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Gesicht, mit kleinen, glänzenden Augen und einen Humor, vor dem man sich in acht nehmen musste. Vincent war sein Charakter etwas zu herb, aber in diesem Augenblick war er einfach nur erleichtert Frank zu sehen.
    „Ich wollte zu Kira Miyamoto“, begann er hastig zu sprechen. „Aber man lässt mich nicht rein, weil ich nicht auf irgendeiner Liste stehe.“ Vincent hatte noch nicht einmal richtig zu Ende gesprochen, als Frank auch schon mit den Schultern zuckte und dem Pförtner einen Wink gab, für ihn die Tür zu öffnen.
    „Mr. Sands, Sie wissen, dass Sie dann für ihn verantwortlich sind? Wenn etwas passiert ...“, plusterte sich der Pförtner auf, während Sands Vincent eine Hand auf die Schulter legte und ihn dann ins Theaterinnere schob.
    „Ja, ja“, sagte Frank nur noch und verdrehte die Augen. „Der Kerl wird auch von Tag zu Tag seniler. Und du willst also zu diesem Japaner. Gott bin ich froh, wenn die weg sind. Nichts darf man anfassen, dauernd scheuchen sie einen von der Bühne und sind zugeknöpft bis in den Himmel.“
    Vincent teilte diese Meinung zwar nicht, aber er hatte jetzt auch keine Zeit für lange Erklärungen. „Das Ensemble müsste auf der Probebühne sein. Übrigens, wir müssten uns auch mal wieder treffen, um einen zu trinken“, redete Sands einfach ununterbrochen weiter, was Vincent in Erinnerung rief, warum er nur wenig Kontakt zu dem Mann hatte. Er war eine Labertasche, redete ohne Punkt und Komma und war nur mit einigen Litern Bier erträglich. „Meld dich also mal“, verkündete er, schlug Vincent noch einmal freundschaftlich auf die Schulter und ließ ihn vor einer schweren Feuerschutztür stehen, die zur Bühne führte. Entschlossen zog Vincent die Tür auf.

Es herrschte offensichtlich gerade Pause, denn die Schauspieler wirkten sehr entspannt. Sie unterhielten sich untereinander, wobei sie Vincent nicht das kleinste Bisschen beachteten.
    Kira selbst flirtete mit einem jungen Mann, der zu der Gruppe gehörte, und nicht nur sehr nah bei ihm stand, sondern ihm auch die Hand auf die Hüfte gelegt hatte. Vincent stieß das säuerlich auf. Er räusperte sich und sah zu, wie der Mann, der bei Kira stand, diesem etwas ins Ohr flüsterte. Kiras Blick flog zu Vincent herüber. Der bemühte sich um einen beherrschten Gesichtsausdruck. Er nickte Kira zu, sah seine Verwunderung und fragte sich, ob Kira wirklich gedacht hatte, dass Vincent nach der letzten Nacht fortbleiben und auf seine gestohlenen Unterlagen verzichten würde.
    Kira löste sich von dem anderen Mann und kam mit geschmeidigen Schritten zu ihm herüber, ganz so, als wäre alles in bester Ordnung.
    „Dich habe ich hier nicht noch einmal erwartet“, begrüßte er ihn mit einem süffisanten Lächeln, das in Vincent Mordgedanken weckte.
    „Ich bin gekommen, um mir das zurückzuholen, was mir gehört“, antwortete Vincent kühl, darauf bedacht ruhig zu klingen, weil er keine Szene machen wollte. Er hatte ohnehin Aufmerksamkeit auf sie gelenkt.
    „Ist das so? Ich dachte, wir wären fertig miteinander, nachdem du heute Morgen so überstürzt gegangen bist“, sagte Kira und lächelte dabei wie die Unschuld vom Lande.
    Er will dich nur provozieren , predigte sich Vincent im Geiste und folgte Kiras Wink, der sie beide von der Probebühne führte. Das Ziel war Kiras Garderobe, in der er sich schon beim letzten Mal ausführlich hatte umsehen können.
    Kira schloss die Tür und drehte sich zu Vincent um, wobei er die Hände vor der Brust verschränkte und Vincent auf eine gar nicht mehr so freundliche Art und Weise anblickte. Er sah nicht aus, als würde er etwas sagen wollen, und Vincent wollte keine weiteren Spielchen.
    „Ich will meine Unterlagen wieder haben“, sagte er klar und deutlich. „Du hast sie mir aus der Tasche genommen, als ich geschlafen habe.“ Es war eine Tatsache, und dennoch zuckte Kira lediglich mit den Schultern.
    „Ich weiß von nichts. Ich habe keine Unterlagen rausgenommen und im Übrigen ist es auch nicht meine Art, in den Sachen anderer Leute herumzuschnüffeln.“ Sie wussten es beide: Kira log.
    „Außerdem hast du keinen Beweis, dass ich sie rausgenommen habe, oder willst du gleich fordern, mein Hotelzimmer zu durchsuchen?“ Sein Spott machte Vincent noch zorniger. Leider war ihm klar, eine Durchsuchung hätte nicht einmal etwas gebracht. Wahrscheinlich waren seine Unterlagen längst im Müll gelandet.
    „Nein, das will ich nicht, aber wenn du mir die Unterlagen nicht zurückgibst, dann

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