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Eischrysanthemen

Eischrysanthemen

Titel: Eischrysanthemen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Murasaki
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zurück und musste sich nun selbst mit der Zunge über die Lippen fahren. Der Geschmack hatte wieder eine Erinnerung nach oben gespült, und Vincent musste seine ganze Kraft aufwenden, um sich zusammenzureißen.
    „War das zufriedenstellend?“, fragte er. Kira verzog das Gesicht.
    „Das Wort hätte ich für diesen Kuss nicht gewählt“, sagte er, als Vincent schon wieder nach seinem Block griff.
    „Wann können wir weitermachen? Heute Abend, nach der Vorstellung?“
    Kira schüttelte den Kopf.
    „Nein, da werde ich schon zu müde sein, aber wie wäre es morgen, um zwei in meinem Hotelzimmer?“ Als Kira den Kopf schief legte, wusste Vincent, dass er auf eine Reaktion wartete, die er nicht bekommen würde.
    „Einverstanden. Das passt mir gut“, antwortete er ein wenig zu eilig und verstaute alles in seiner Tasche, während Kira auf dem provisorischen Bett sitzen blieb.
    „Dann bis morgen.“ Vincent nickte und verließ dann schleunigst das Zimmer. Seine Knie fühlten sich weich an und er selbst wie nach einem Kampf. Kein Mensch hatte ihm einen Arm ausgerenkt, aber Kira hatte es geschafft, ihn in eine Ecke zu drängen. Das machte ihm Sorgen. Vincent stellte sich die Frage, wie weit er für dieses Interview gehen wollte.

Zumindest wartete zu Hause ein wenig Trost auf ihn, denn Marianne hatte ihm eine Dose mit Keksen hingestellt sowie einen Brief oben draufgelegt, der aus Versehen in ihrem Briefkasten gelandet war. Vincent nahm beides an sich und drehte den Brief herum, um ihn aufzureißen, ohne dabei den Absender zu lesen. Wozu sich den Absender ansehen, wenn der Inhalt ohnehin mehr verriet.
    „Sehr geehrter Mr. Wood, leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass unser Verlag ...“, las Vincent leise und brach dann ab. Er warf die Absage auf den Wohnzimmertisch und öffnete die Keksdose. Wenn er noch irgendwie gehofft hatte, dass der heutige Tag nicht schlimmer werden konnte, dann war er eben eines Besseren belehrt worden. Sei’s drum, dachte er und nahm sich einen Keks. Erst einmal brauchte er Ruhe nach dem Tag. Nach drei weiteren Keksen konnte er sich dazu aufraffen sich mit den Notizen zu befassen, die er heute so fleißig geschrieben hatte. Er würde alles erst einmal ordentlich abtippen müssen, denn Vincent kannte sich und wusste, dass er in drei Tagen kaum noch etwas würde entziffern können.
    Später, als er nach dem Schreibmarathon in der Badewanne lag und seine Hand im warmen Wasser bewegte, dachte er wieder an Kira. Eigentlich war Vincent zu keinem Ergebnis gekommen, was diesen Kerl anging. Erst hatte er ihn für ein absolutes und arrogantes Ekel gehalten, dann für einen Mann, der durchaus Kompromisse eingehen konnte, und schlussendlich sah er in ihm einen Spieler, der einzig und allein seine Grenzen austesten wollte.
    Dennoch konnte er nicht schlecht küssen. Auch wenn Vincent sich an jene verhängnisvolle Nacht nicht vollständig erinnern konnte, reichten schon kurze Erinnerungsfetzen aus, um ihn vor Verlegenheit untertauchen zu lassen.

Der nächste Morgen war um einiges erfreulicher, nicht zuletzt, weil Marianne in der Tür stand. Sie hatte wunderbare Muffins gebacken, die selbst den unwilligsten Frühstücksesser dazu gebracht hätten, sich doch ein paar zu gönnen. Sie saßen in Vincents Küche und er ließ sich eins der kleinen Gebäckstücke schmecken, als die Frage kam, auf die er längst vorbereitet war.
    „War es wieder eine Absage?“, erkundigte sie sich und seufzte, als Vincent mit vollem Mund nickte. Sie kannte sein Problem nur zu gut und wusste auch, dass es genau diese Absagen waren, die Vincent dazu brachten, sich nach einer festen Anstellung umzusehen.
    „Ganz ehrlich, du solltest da nicht immer nur Briefe schreiben, sondern hingehen, deine Sachen auf den Tisch werfen und mit flammenden Worten deine Vision verkünden, anstatt wie Tausende von anderen einfach nur ein paar Zeilen schreiben“, tadelte sie, während sich Vincent bei der Vorstellung fast verschluckte.
    „Oh ja, eine gute Idee“, rief er nach einem kleinen Hustenanfall und musste gleichzeitig lachen. „Dann werde ich sicherlich berühmt werden, wenn auch nicht mit meinen Büchern.“
    Marianne verdrehte die Augen, und er selbst sprach weiter: „Ich sehe sogar die Schlagzeilen! Mit etwas Glück würde Andrews sicherlich eine hübsche Story dazudichten.“
    Marianne rümpfte die Nase.
    „Erwähne bloß nicht diesen Kerl“, ermahnte sie ihn etwas scharf, griff nach ihrer Kaffeetasse und nippte ganz vorsichtig

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