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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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ihn – wenn ich früher davon gewußt hätte – vermutlich nicht mitgenommen. Nun hatten wir in Helvetius einen Mann unter uns, dessen seelische Narben gefährlich werden konnten; das letzte, was ich auf meiner Mission gebrauchen konnte. Aber mit einer Eskorte von nur zwanzig ungeschulten und unerprobten Halbwüchsigen und dazu meiner Verantwortung für Justinus waren mir die Hände gebunden. Wenn ich nur einen aus unserem Trupp zurückließ, würde ich keinen Ersatz bekommen. Und vielleicht brauchten wir bald jeden Mann.
    Also behielt ich den Zenturio. Am Ende war ich sogar froh, ihn dabei zu haben. Er hatte sich freiwillig gemeldet. Und ich glaube, selbst wenn er gewußt hätte, was passieren würde – Helvetius wäre trotzdem mitgekommen.

XLII
    Am nächsten Tat entluden wir die Pferde und ritten hinauf nach Vetera, zum Pflichtbesuch in der zerstörten Festung. Das riesige Doppelkastell lag wüst und verlassen da, aber die wenigen Überreste bestätigten alle Schreckensmeldungen. Sturmböcke, zu deren Bau Civilis seine Gefangenen gezwungen hatte. Umgestürzte Plattformen, die die Eingeschlossenen selbst umgeworfen hatten, als sie allzu schwere Steinbrocken auf die Angreifer herabzuschleudern versuchten. Der große Artimedorische Greifarm, den ein findiger Tüftler ersonnen hatte, um damit den Feind von den Wällen zu picken. Ausgehöhlte Torfmauern, in denen die Hungernden nach Wurzeln oder sonst etwas Eßbarem gegraben hatten. Schwere Feuerschäden. Wurfgeschosse, die nicht getroffen hatten, und eingestürzte Wachtürme.
    Die Außenmauern der Festung waren über lange Zeit immer wieder berannt und schließlich mit Brandsätzen zerstört worden. Und nachdem Civilis die Anlage für eigene Zwecke wieder aufgebaut hatte, kam Petilius Cerialis und zertrümmerte sie ein zweites Mal. Die Leichen der Gefallenen waren schon vor einem Jahr geborgen worden, und doch roch man noch überall den dumpfen Verwesungsgeruch.
    Wir errichteten einen kleinen Altar. Justinus sprach laut und mit erhobenen Händen ein Gebet für die Seelen der Gefallenen. Ich glaube, die meisten von uns fügten im stillen eine kurze Fürbitte in eigener Sache an.
    Als wir, sehr still geworden, zum Schiff zurückkamen, stand Helvetius am Ufer. Mir fiel auf, daß er, wie um nicht hinsehen zu müssen, der Straße ins Landesinnere den Rücken kehrte. Er unterhielt sich mit einem der in Vetera Stationierten und erfuhr, daß, all den Gerüchten, die weiter südlich kursierten, zum Trotz, hier alle sicher waren. Civilis habe sich in sein Revier irgendwo auf der »Insel« zurückgezogen.
    Justinus, Helvetius und ich hielten Kriegsrat.
    »Dieses ›Er ist auf unserem Terrain‹ könnte bloßes Wunschdenken sein«, sagte ich. »Altbekanntes Syndrom: Die Einheimischen reden sich ein, ein Schurke verstecke sich in ihrer Gegend, weil sie ihn unbedingt einfangen und die Belohnung kassieren wollen. Ein Freund von mir ist Hauptmann der Aventinischen Wache in Rom. Sowie dem ein Zeuge sagt: ›Der Verdächtige ist eben hier die Straße runter‹, fängt er am anderen Ende der Stadt an zu suchen.« Ich dachte schon seit einer ganzen Weile an Petronius Longus. Der alte Schwerenöter fehlte mir richtig. Und Rom fehlte mir ebenfalls.
    »Das Problem ist nur«, gab Justinus zu bedenken, »wenn wir dieser Spur jetzt nicht nachgehen und wie geplant nach Osten zu den Brukterern ziehen, dann wird uns später der Marsch nach Norden nur um so härter ankommen. Ihr wißt, was passieren wird, wenn wir ein Treffen mit Veleda zustande bringen? Wir werden so erleichtert die Lupia hinunterfahren, daß wir vor lauter Glück darüber, noch am Leben zu sein, nur eines wollen – nämlich so schnell wie möglich nach Hause.«
    Das wollte ich jetzt schon. »Und was schlagen Sie vor, Helvetius?«
    »Ich hasse die ›Insel‹, aber der Tribun hat recht – jetzt oder nie. Noch können wir den Abstecher in unsere Reiseroute einplanen. Nachträglich würde der Umweg entschieden zu lang.«
    »Woher haben Sie eigentlich Ihre guten Ortskenntnisse?« fragte ich harmlos.
    »Von da, wo Sie glauben, daß ich sie her habe«, antwortete Helvetius trocken.
    Der Tribun und ich sahen wohlweislich aneinander vorbei. Ich setzte alles auf eine Karte: »Sie haben in der Fünften gedient?«
    »In der Fünfzehnten.« Sein Gesicht blieb ausdruckslos. Die Fünfte hatte mit knapper Not ihren Ruf retten können, aber die Fünfzehnte hatte sämtliche Eide gründlich gebrochen.
    Justinus fragte in seiner ruhigen,

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