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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Zeit kämpften wir einen aussichtslosen Kampf gegen das übliche Herbstaufgebot von Flöhen, die sich ihren Wintervorrat anlegten, gegen Wanzen, Wespen und widerlich kleine schwarze Viecher, die sich mit Vorliebe in der Nase unglücklicher Reisender einnisteten. Xanthus, dessen verhätschelte zarte Haut kaum je aus dem Palastbereich herausgekommen war, kriegte prompt einen Ausschlag, dessen Fortschritte er mit nervtötender Genauigkeit beschrieb.
    Und nun also Lugdunum. Als wir von Bord gingen, ließ ich mich herab, Xanthus einen bildenden Vortrag zu halten: »Lugdunum – Hauptstadt der drei Gallien. Getreu dem Satz: ›Und Cäsar teilte Gallien in drei Provinzen‹ , den jeder Schulknabe auswendiglernen muß. Aber vielleicht bleiben euch Friseuren ja diese Niederungen der Erziehung erspart … Eine schöne Stadt, von Marcus Agrippa gegründet als Verkehrs- und Handelszentrum. Beachte das ausgeklügelte Aquäduktsystem, das durch abgedichtete Röhren, die unterirdisch verlegt sind, die Flußtäler verbindet. Sowas ist wahnsinnig teuer, woraus wir schließen können, daß die Bewohner von Lugdunum wahnsinnig reich sind – auf Provinzniveau, versteht sich! Dem Kaiserkult ist ein Tempel geweiht, den wir nicht besuchen werden …«
    »Ich möchte mir aber so gern die Sehenswürdigkeiten anschauen!«
    »Halt dich getrost an mich, Xanthus. Diese Stadt rühmt sich auch eines Zweigwerkes der großen Keramikmanufakturen von Arretinum. Dort werden wir uns amüsieren. Du und ich, wir halten uns an die bewährte Touristentradition und erstehen einige Terrakotten als Souvenir – zum doppelten Preis und unter dreimal soviel Mühen, wie man sie in Rom dafür aufbringen müßte.«
    »Warum tun wir’s dann, Falco?«
    »Frag nicht.«
    Weil meine Mutter es so wollte.
     
    Die Fabrik für samnisches Tafelgeschirr bot reichlich Gelegenheit, sich den ganzen Vormittag die Füße wundzulaufen und Tausende von Töpferwaren zu bestaunen – ganz zu schweigen von der Chance, so teure Geschenke zu kaufen, daß dem Bankier daheim die Knie weich werden würden. Die Töpfer von Lugdunum waren auf bestem Wege, flächendeckend das ganze Imperium zu beliefern. Sie waren der größte wirtschaftliche Erfolg unserer Zeit. Ihr Ziel war das Monopol, und in ihren Werkstätten regierte jene Atmosphäre eiserner Gier, die so oft für Unternehmergeist ausgegeben wird.
    Brennöfen und Verkaufsstände umgaben die Stadt wie eine feindliche Armee, und die Keramikindustrie war der beherrschende Faktor des täglichen Lebens. Alle Ausfallstraßen waren von Frachtkarren blockiert, die unter der Last ihrer hochaufgetürmten Kisten kaum vorwärtskamen. In Stroh verpackt wurde das berühmte rote Geschirr in alle Winkel des Reiches und wahrscheinlich sogar über seine Grenzen hinaus exportiert. Sogar die Wirtschaftskrise, die dem blutigen Bürgerkrieg gefolgt war, hatte Lugdunum unbeschadet überstanden. Sollte der Bedarf an Töpferwaren eines Tages sinken, würde es hier ein böses Erwachen geben.
    Meilenweit nichts als Werkstätten. Jede hatte einen einheimischen Töpfermeister, der in der Regel frei geboren war. Die Mutterfabrik südlich der Alpen wurde dagegen von Sklaven betrieben. Meine Mutter (die nie um Geschenkwünsche verlegen war) hatte mir erklärt, daß es mit Arretinum bergab ging, der Vorposten des Stammwerkes hier in Lugdunum dagegen bei anspruchsvollen Hausfrauen ob seiner erstklassigen Waren gerühmt würde. Teuer waren sie freilich, aber als ich jetzt die schwankenden Stapel von Töpfen, Krügen und Tellern in Augenschein nahm, war die Qualität unübersehbar. Die Formen zeigten wahlweise zierlich gestanzte Muster oder anmutige klassische Szenen, und im Brennofen bekam der vorgefertigte Ton dann die begehrte tiefrote Glasur mit dem unverwechselbaren warmen Schimmer. Jetzt verstand ich, warum diese Keramik genauso gefragt war wie Bronze oder Glas.
    Meine Mutter, die sieben Kinder fast ohne Hilfe meines Vaters aufgezogen hatte, verdiente solch hübsches rotes Tongeschirr (sie hatte sich eine Kompottschale gewünscht), und gern hätte ich auch noch einen schönen Servierteller gekauft, um Helena damit zu besänftigen. An beiden Frauen hatte ich einiges gutzumachen. Trotzdem wollte ich mich nicht neppen lassen. Jedesmal, wenn ich es riskierte, nach dem Preis zu fragen, ging ich nach erhaltener Antwort hastig weiter.
    Sonderangebote gab es nicht. Das Lockvogelprinzip war in Lugdunum unbekannt. Die Kunsthandwerker vor Ort fanden, wer dumm genug sei,

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