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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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doppelter Schlagkraft gerudert sein, um Sie so rasch herzubringen! Tribun, ich bin kein Freund von Überraschungen, denn die bedeuten meist nichts Gutes.«
    Justinus druckste herum. »Es ist ein Brief gekommen … für Helena. Ich dachte, den bringe ich ihr lieber so schnell wie möglich.« Er reichte seiner Schwester die Schriftrolle. Wir erkannten beide Pergament und Siegel des Palatins. Justinus erwartete offenbar, daß sie das Petschaft eilig erbrechen würde, aber sie hielt die Rolle unschlüssig auf den Knien und machte ein mürrisches Gesicht. Meine Miene war vermutlich auch nicht freundlicher. »Hat in der Festung ganz schön für Aufregung gesorgt«, betonte Justinus, als er sah, daß Helena dem Brief so gar keine Beachtung schenkte.
    »Ach, wirklich?« Seine Schwester hatte auch den Ton eisiger Verachtung im Repertoire. »Normalerweise betrachte ich meine Korrespondenz als Privatsache.«
    »Aber der Brief kommt von Titus Cäsar!«
    »Das sehe ich.«
    Sie hatte ihren Trotzkopf aufgesetzt. Ihrem Bruder zuliebe sagte ich: »Helena berät ihn bei Problemen mit seiner alten Tante.« Der Blick, den sie mir daraufhin zuwarf, hätte ein Wiesel bei lebendigem Leibe häuten können.
    »Ah …«Justinus hatte ein Gespür für Stimmungen. Und er war taktvoll genug, meinen bitteren Witz nicht zu kommentieren. »Ich verabschiede mich jetzt, Marcus Didius. Ich brauche dringend ein Bad. Alles Weitere besprechen wir dann später. Ich wohne im Stützpunkt der Rheinflotte.«
    »Haben Sie die Eskorte für mich bekommen?«
    »Der Legat hat Ihnen einen Zenturio mit zwanzig Mann zugeteilt. Leider ziemlich unerfahrene Burschen, aber mehr war nicht rauszuholen. Ich habe dem General gesagt, daß Sie in offizieller Mission des Kaisers reisen, ja, habe ihm sogar angeboten, Sie kennenzulernen, aber er sagt, wenn Sie verdeckt ermitteln, dann hält er sich lieber raus und überläßt Ihnen alles.«
    Verständlich! Mit der Mission hätte ich selbst am liebsten auch nichts zu tun. »Alte Schule, Ihr General, wie?«
    »Ausflüge in den Osten werden eben heutzutage nicht gern gesehen.« Er meinte damit, daß Rom schon innerhalb der Besatzungsgebiete genug Ärger hatte und sich nicht auch noch mit den Stämmen im Osten anlegen wollte.
    »Mir soll’s recht sein. Ich bin kein Freund von Formalitäten. Richten Sie ihm meinen Dank aus. Ich bin froh über jede Unterstützung. Ach, und der Hausierer? Haben Sie den auch mitgebracht?«
    »Ja. Ich muß Sie allerdings warnen: Der Mann protestiert in einem fort.«
    »Macht nichts. Ich bin mit einer Quasselstrippe von Barbier durch ganz Gallien gezogen. Seitdem kann mich nichts mehr schrecken.«
    Justinus küßte seine Schwester und entfernte sich eilig.
     
    Wir saßen jeder für sich in einer Ecke und schwiegen. Unter diesen Umständen, fand ich, müsse sie als erste reden. Helena hielt sich nie an das, was ich für richtig fand. Nach einer Weile murmelte ich: »Ich würde dich ja auch gern küssen, aber wenn du gerade einen Brief vom Sohn des Kaisers auf dem Schoß hast, schickt sich das wohl nicht.« Sie gab keine Antwort. Ich wünschte, sie würde aufspringen und die verwünschte Rolle verbrennen. Laut sagte ich: »Helena, du solltest den Brief lieber aufmachen.« Wenn sie mir widersprochen hätte, wäre alles nur noch schlimmer geworden. Langsam erbrach sie das Siegel. »Soll ich rausgehen, bis du ihn gelesen hast?«
    »Nein.«
    Sie war eine Schnelleserin. Außerdem war das Schreiben für einen Liebesbrief irrwitzig kurz. Sie las mit ausdruckslosem Gesicht, dann rollte sie das Pergament wieder fest zusammen und hielt es in der geballten Faust.
    »Das ging ja flott.«
    »War auch mehr wie eine Bestellung für’n Paar neue Stiefel«, pflichtete sie mir bei.
    »Na ja, daß er nicht gerade ein großer Redner ist, weiß ich. Aber in seiner Position sollte er doch imstande sein, einen Gelegenheitsdichter ein paar Hexameter als Huldigung an eine Dame schreiben zu lassen … Ich an seiner Stelle würde das tun.«
    »Du?« flüsterte Helena so leise, daß ich vor Angst fast den Kopf verlor. »Du würdest die Hexameter selbst schreiben.«
    »Für dich schon, ja.«
    Sie saß ganz in sich gekehrt da. Ich konnte nichts für sie tun.
    »… paar tausend Zeilen würde ich schon brauchen dazu«, brabbelte ich unglücklich weiter. »Und du würdest vielleicht ein, zwei Monate warten müssen, bis ich sie richtig ausgefeilt hätte … wenn ich dich bitten würde, zu mir nach Hause zu kommen, dann würde ich dir das

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