Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
viele Männer auch tun). Hinter ihr dudelte ein Panflöte, bis abrupt die Tür geschlossen wurde – aber nicht von Claudia. Die Hausherrin komplimentierte uns eilig in ein anderes Zimmer und verschwand wieder. »Sieht ganz so aus«, flüsterte Helena, »als hätten wir einen hohen Offizier mit offenem Brustpanzer überrascht.«
    »Nutze deine Chance. Ich glaube kaum, daß wir lange bleiben dürfen.«
    »Wo ist sie denn hin? Will sie ihm vielleicht einen griechischen Roman zustecken, damit er sich die Zeit vertreiben kann, während sie uns abfertigt?«
    »Wer weiß, vielleicht entwischt er auch gerade mit einer bloßen Beinschiene durchs Gartentor … Habe ich dir schon erzählt, daß mein Freund Petronius bei jeder Razzia in einem Bordell den Ädil, der die Lizenzen für die Freudenhäuser vergibt, in einer Wäschetruhe versteckt findet? Die großen Tiere sind halt unverbesserlich.«
    »Bei einem so aufreibenden Amt ist das wahrscheinlich einfach Therapie«, meinte Helena gesetzt.
    Sie war mal mit einem Ädil verheiratet gewesen. Ich hoffte inständig, daß er seine Freizeit in Wäschetruhen zugebracht hatte statt bei ihr.
    Claudia Sacrata kam zurück.
    »Meine Begleiterin wollte Sie unbedingt kennenlernen, Madame …« Und dann stellte ich Helena Justina vor. Was für hohe Herren auch zu Claudias Kundschaft zählten, die leibhaftige Tochter eines Senators saß sicher zum ersten und vielleicht einzigen Mal in ihrem Haus. Für eine solche Ehre ließ sie selbst einen General warten.
    Helena hatte sorgfältig Toilette gemacht, in dem Bewußtsein, daß ihr weißes Kleid mit den aufgestickten Blütenzweigen, der Hauch von Rouge auf ihren Wangen, die Fransen ihrer Stola, ihre schaukelnden Ohrgehänge aus Staubperlen und nicht zu vergessen die Bernsteinkette, die ich ihr geschenkt hatte, für die nächsten zehn Jahre der letzte Schrei in der ubischen Gesellschaft sein würden.
    »Was für ein reizendes Mädchen, Marcus Didius!« rief Claudia, die sich im Geiste bereits die Accessoires notierte. Helena lächelte huldvoll. Auch dieses Lächeln würde bald in zig Speisesälen Colonias Nachahmer finden.
    »Freut mich, daß Sie Ihnen gefällt.« Diese schlagfertige Antwort strafte das reizende Mädchen mit einem schmerzhaften Tritt ihres perlenbesetzten, zierlichen Schuhs. »Sie ist mitunter noch etwas ungestüm, aber ich bin schon dabei, sie zu zähmen … Sie dürfen die römischen Sitten nicht an diesem impulsiven Geschöpf und seinem kecken Umgangston messen. Eigentlich sind die Mädchen bei uns nämlich lauter verschämte Gänseblümchen, die ihre Mutter für alles um Erlaubnis bitten müssen.«
    »Die hält Sie sicher ganz schön in Trab!« sagte Claudia mit einem vielsagenden Blick auf mich.
    »Wir machen alle mal Fehler«, seufzte Helena zustimmend. Dann musterten beide den Gegenstand ihres Spotts. Um Helena nach Colonia zu begleiten, hatte auch ich mich sorgfältig gekleidet: Tunika, Gürtel, Stiefel samt Futter, Mantel, freches Grinsen – die gleiche vergammelte Kluft wie sonst auch.
    Unsere Gastgeberin wunderte sich offenbar, wie eine so elegante junge Dame wie Helena so tief hatte sinken können. Jeder sah doch, daß sie aus besten Kreisen stammte (prädestiniert, sich in einem Portikus zum Gespött zu machen) und dennoch ein praktisches, vernunftbegabtes Wesen war (weshalb sie mich vermutlich eher mit einem herzhaften Tritt durch den nächsten Triumphbogen befördern würde). »Sind Sie verheiratet, Helena?« wollte Claudia wissen. Die Möglichkeit, daß Helena Justina mit mir verheiratet sein könnte, schloß diese Frage von vornherein aus.
    »Ich war.«
    »Und ist es erlaubt …«
    »Wir haben uns scheiden lassen. Beliebtes Hobby in Rom«, sagte Helena leichthin. Dann aber besann sie sich und fügte freimütig hinzu: »Mein Mann ist tot.«
    »Ach, das tut mir aber leid! Wie ist es denn geschehen?«
    »Die näheren Umstände habe ich nie so richtig erfahren. Aber Marcus weiß Bescheid.«
    Ich war wütend über die dreiste Fragerei. Helena ließ sie ruhig und stolz über sich ergehen, ganz in der Haltung, mit der sie für gewöhnlich die Öffentlichkeit auf Distanz zu halten pflegte, aber ich wußte, daß dieses Thema sie insgeheim stets aufs neue in Erregung versetzte. In kühlem Ton sagte ich zu Claudia Sacrata: »Ihr Gatte war in einen politischen Skandal verwickelt und hat Selbstmord begangen.«
    Damit war unmißverständlich klar, daß ich das Thema wechseln wollte. In Claudias Augen blitzte es auf, als

Weitere Kostenlose Bücher