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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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einmal hatten wir gesellschaftlichen Kontakt, aber das ist lange her.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Tut mir leid, mein Lieber, da muß ich passen. Aber ich dachte, er wäre zurück auf die Insel der Bataver?«
    Zum ersten Mal klang ihre Antwort unaufrichtig. Ich hatte das sichere Gefühl, daß sie etwas wußte. Aber ich erkannte auch, daß es mir nicht gelingen würde, Claudia Sacrata noch einmal aus der Reserve zu locken, wenn sie erst das Visier heruntergelassen hatte. Sie sah so harmlos aus wie ein weicher Ball aus Entenflaum, aber sie besaß einen eisernen Willen. Außerdem hatte ich den Fehler begangen, sie in ihrer Stammesehre zu verletzen und eine der ihren schlechtzumachen.
    Es war also aussichtslos, aber ich bohrte trotzdem weiter. »Civilis ist von der Insel verschwunden. Es wäre gut möglich, daß er wieder südwärts gezogen ist, in der Hoffnung, seine alte Machtzentrale wieder aufzubauen. Ich habe munkeln hören, daß er bei den Ubiern und Treverern gesehen worden sei«, berichtete ich sachlich, »und ich denke, da könnte was dran sein. Seine Familie hat immerhin in Colonia gelebt.«
    »Aber damals hat Civilis noch für die Römer gearbeitet.«
    »Sicher, aber er kennt die Gegend hier wie seine Westentasche. Können Sie mir vielleicht sagen, wo ich mich erkundigen könnte?«
    »Nein, tut mir leid«, wiederholte sie. Ich war vermutlich der erste Römer in ihrem Haus, dem das Prädikat »nett« entzogen wurde.
    Meine Audienz war unweigerlich beendet. Aber zum Schluß brach Claudias Gutmütigkeit doch wieder durch, und sie fragte mich noch einmal, ob sie nichts für mich tun könne. Ich erklärte ihr, daß meine Freundin in dem guten Glauben auf mich warte, ich sei nur rasch zum Bäcker gelaufen, um einen Korb Semmeln zu holen.
    »Oh, dann wird sie sich aber schon Sorgen machen!« tadelte Claudia auf einmal ganz prüde. Sie verschaffte Ehemännern fern der Heimat ein paar schöne Stunden, aber die Vorstellung, ein Verhältnis gewissermaßen auf ihrer Türschwelle zu zerstören, fand sie in höchstem Grade anstößig. »Sie müssen sich beeilen!« Claudia brachte mich persönlich zur Tür – Dienst am Kunden, aber einer, der auch ihrem Haus zugute kam. Sicher genoß sie es, ihren Nachbarn, wenn sie etwa einen General verabschiedete, dessen breiten Purpurstreifen vorzuführen. Mit dem abgerissenen Gast von heute würde sie freilich kaum Eindruck schinden.
    »Also, wie finde ich nun diese Veleda?« fragte ich. »Alles, was ich weiß, ist, daß sie bei den Brukterern lebt. Aber das ist ein weit verstreuter Stamm.«
    »Ach, in Geographie kenne ich mich leider überhaupt nicht aus. Aber wir sind seinerzeit einen Fluß entlanggefahren.« Sie meinte die Lupia.
    »Und sie lebt in den Wäldern?« Das wußte ich zwar schon, aber der Gedanke, sie dort suchen zu müssen, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Veleda hauste ausgerechnet in dem Gebiet, das ganz Rom am liebsten von der Landkarte gestrichen hätte, weil dort unsere Hoffnung darauf, die Stämme des Ostens zu unterwerfen, ein so grausames Ende gefunden hatte. »Genauer gesagt: im Teutoburger Wald? Ich wünschte, ihr Turm stünde irgendwo, nur nicht ausgerechnet dort!«
    »Sie denken an Varus, nicht?« Einen wahnsinnigen Augenblick lang dachte ich, sie würde mir nun eröffnen, Quinctilius Varus samt seinen drei untergegangenen Legionen seien alle »ihre Jungs« gewesen. Ach, Unsinn! Sie war eine Matrone, ja, aber so alt nun auch wieder nicht. »Die freien Germanen sind immer noch mächtig stolz auf Arminius.« Und das würde auch noch lange Zeit so bleiben. Arminius war schließlich der Häuptling, der Varus vernichtend geschlagen hatte; der Germanien vom römischen Joch befreite und dem Civilis nun offenbar mit aller Gewalt nacheifern wollte. »Seien Sie vorsichtig, Marcus Didius.«
    Claudia Sacrata sagte das so schonend wie ein Arzt, der eine Trepanation anordnet – eine Operation, bei der man dem Patienten ein Loch in den Kopf bohrt, um den Hirndruck zu lindern.

XXXVII
    »Das hat aber lange gedauert!« grummelte Helena. Ich erklärte ihr, warum. Das schien mir ratsam, für den Fall, daß einer aus Claudia Sacratas großem Bekanntenkreis sich irgendwann verplapperte. Helena entschied, ich hätte mich absichtlich verdrückt. »Und getrunken hast du auch?«
    »Ein bißchen Entgegenkommen war schon angebracht. Aber bei den Appetitanregern, die sie ihren römischen Jungs sonst serviert, habe ich gepaßt.«
    »Wie zurückhaltend! Du bist schließlich kein

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