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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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auch sagen wollen …« Hier stockte ich. Wenn Titus ihr das Imperium angeboten hatte, würde Helena Justina Zeit zum Nachdenken brauchen. Sie war ein vorsichtiges Mädchen.
    Ich versuchte mir einzureden, daß Titus’ Antrag bis jetzt nur inoffiziell war. Sobald er Ernst machte, würden die beiden Väter in Verhandlung treten. Sogar bei Kaisers – besonders bei Kaisers – gibt es Vorschriften, nach denen solche Dinge ablaufen müssen.
    »Mach dir keine Sorgen.« Helena blickte unvermittelt auf. Es war immer das gleiche. Sowie ich Grund hatte, mich ihretwegen zu sorgen, drehte sie den Spieß um und sorgte sich um mich. »Es wird nichts geschehen, das verspreche ich dir.«
    »Hat der große Herr die berühmte Frage gestellt?«
    »Marcus, sobald ich ihm antworte …«
    »Tu’s nicht«, sagte ich.
    »Was?«
    »Antworte noch nicht gleich.«
    Falls mir etwas zustoßen sollte, würde Titus Cäsar sich um sie kümmern. Es würde ihr an nichts fehlen. Und das Imperium hätte unermeßlich viel gewonnen. Ein Cäsar, der zusammen mit Helena Justina regierte, wäre imstande, Unvergleichliches zu leisten. Titus wußte das. Ich wußte es auch.
    Ich sollte sie freigeben. Manche Leute fanden vielleicht, daß es, sobald ich in Germania Libera angekommen war, meine Pflicht sei, auf Nimmerwiedersehen in den Wäldern zu verschwinden. Und in den absonderlichen Momenten, da mir Rom am Herzen lag, dachte ich das sogar selbst.
    Sie war merkwürdig. Statt zu fragen, was ich meinte, stand sie auf, setzte sich neben mich und hielt meine Hand. In ihren Augen glänzten Tränen, denen sie in ihrer Sturheit nicht freien Lauf lassen wollte.
    Sie wußte natürlich Bescheid. Ich wollte sie für mich behalten. Noch auf der Überfahrt zum Hades würde ich mich mit dem Fährmann anlegen, um wieder von seinem Kahn runter- und zurück zu Helena zu kommen. Jetzt ging es mir darum, ihre Zukunft zu sichern, für den Fall, daß ich mal nicht mehr da sein würde.
    Sie wußte auch alles übrige. Die Exkursion auf die andere Rheinseite würde enorm gefährlich werden. Die Geschichte war gegen mich. Die freien Stämme verfolgten alles, was aus Rom kam, mit unerbittlichem Haß. Und ich hatte in Britannien gesehen, wie die Kelten ihre Feinde behandelten. Falls ich in Gefangenschaft geriet, durfte ich nicht auf diplomatische Immunität hoffen. Meinen Schädel würden sie in einer Nische außen am Tempel ausstellen. Was aber mit dem Rest geschehen würde, bevor sie mir den Kopf abschlugen, das mochte ich mir gar nicht erst ausmalen. Ich fragte vorsichtshalber nicht, wieviel Helena über diese Foltermethoden wußte, aber als gebildete junge Frau war sie sehr belesen.
    Als ich mich in Helena Justina verliebte, hatte ich geschworen, mich nie wieder auf große Risiken einzulassen. Vor ihrer Zeit hatte ich manches heikle Abenteuer bestanden, von dem ich ihr wohlweislich nichts erzählte. Aber ein Mann wird älter, und er lernt, die wahren Werte des Lebens schätzen. Sie ahnte zwar, daß ich eine haarsträubende Karriere hinter mir hatte, glaubte aber, daß ich, als ich ihr meine Liebe gestand, damit zugleich auch meinem waghalsigen Leben Adieu gesagt hätte. Keiner konnte ihr das verdenken; ich hatte es ja selbst geglaubt.
    Und jetzt stand ich da wie einer dieser Irren, für die Gefahr und Nervenkitzel eine Sucht sind. Helena schien nicht besser dran, als wenn sie sich an einen Trunkenbold oder einen Hurenbock gehängt hätte. Bestimmt hatte sie sich gesagt, daß unter ihrem Einfluß alles anders werden würde, und mußte jetzt zugeben, daß das nicht stimmte … Ich dagegen wußte, daß ich mich geändert hatte. Dies war nur ein allerletzter Versuch, dem Kaiser eine anständige Prämie abzuluchsen, um sie zu gewinnen. Nur noch ein letzter Wurf … Wahrscheinlich reden alle Verrückten sich das ein.
    »Kopf hoch!« sagte sie forsch. »Komm, Marcus! Verschaffen wir Claudia Sacrata noch einen Skandal für ihre Sammlung. Was hältst du davon, deine liebste Senatorentochter der Liebsten des Generals vorzustellen?«

XXXVIII
    An der Flurgarderobe hing ein scharlachroter Mantel. Helena und ich wechselten einen Blick und mußten uns beide das Lachen verbeißen. Schon kam Claudia Sacrata zu uns heraus. Heute abend trug sie einen schiefsitzenden Kranz im Haar und ein zwischen melonenkern- und traubenhautfarben changierendes Kleid. Eine plumpe Hand hatte ihren Augen mit dickem Pinselstrich jene Leuchtkraft verliehen, von der Frauen glauben, Männer fänden sie jugendlich (was ja

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