EISENHEIM: THRILLER: Erstes Buch (German Edition)
Dämmerzustand des Alkohols auf seinen Geist weitgehend überbrückt.
Er ging zurück ins Bad und machte sich zurecht. Kurz vor sieben verließ er leicht angetrunken und mit einem ihm sehr wichtig erscheinenden Gedanken seine Wohnung. Wie es heute mit ihm weitergehen würde, konnte er nicht dem Zufall überlassen. Eisenheim überlegte: Um diese frühe Uhrzeit hatte er noch nie einen Dealer „hochgenommen“. Bevor er ins Department fuhr, steuerte er das bekannte Sucht-Areal unter der Tobin Memorial Bridge an. Irgendjemand würde auch heute für seine Sucht zu bezahlen haben.
Forester
Forester schlug seine Augen auf. Es war Sonntagmorgen, der zweite Juni. Eric war bereits verschwunden. Mit Blick zum Wecker stellte Forester fest, dass es kurz nach sieben war.
Er hatte nicht mehr vor, pünktlich bei Eisenheim im Department zu erscheinen. Das war ihm schon mitten in der Nacht klargeworden. Erics Information über den ehemaligen KGB-Mitarbeiter Michail Bobrow hatte ihn aus der Bahn geworfen. Er glaubte nicht – noch nicht – in der Lage dazu zu sein, ganz normal weiterermitteln zu können. Es war etwas geschehen. Susan Collins hatte ihn zufällig auf die Spur der russischen Sopranistin gebracht, Eric war unvermittelt mit dem russischen Geheimdienst aufgetaucht. War der Name Natalia , den Kingfield noch kurz vor seinem Tod in der alten Hafenmeisterei ausgerufen hatte, nicht auch russischer Herkunft? Forester konnte nur darüber rätseln, ob es sich um einen Frauen- oder Männernamen handelte.
Zu diesem Zeitpunkt ging er noch davon aus, dass sie nur bedingt etwas Brauchbares in Kingfields Wohnung finden würden. Eine angesehene Sopranistin jedoch war ermittlungstechnisch leichte Beute. Sie würde möglicherweise seine Arbeit in einem Teilbereich erhellen können. Forester entschied sich aus zwei Gründen, zuerst das Boston Opera House aufzusuchen. Danach erst wollte er auf Eisenheim in Kingfields Wohnung treffen. Die Chancen standen zwar ohnehin schlecht – es war Sonntagmorgen, das Opera House war eine Institution der Nacht – aber es war eine sinnvolle Überbrückung, bis Eisenheim das Department verlassen hätte.
Bevor Forester das Haus verließ, rief er Eisenheim im Department an. Er teilte ihm mit, dass er sich verspäten würde. Er ließ sich von Eisenheim Todd Kingfields Adresse geben und brach eilig auf.
Diese Taktik war Teil von Foresters Persönlichkeit, er folgte gerne einem Impuls, ohne sich große Gedanken über die Folgen zu machen. Dieser Teil jedoch würde Eisenheim ganz und gar nicht gefallen, das schien Forester zumindest gesichert.
Forester kam kurz nach acht Uhr in Downtown an. Er parkte direkt vor dem Boston Opera House.
Die Gehwege, die Straßen von Downtown Boston waren an diesem Sonntag leergefegt. Wann hatte er sich das letzte Mal an einem Sonntag um diese Uhrzeit in Downtown herumgetrieben?
Forester stufte dies als eine verblasste Erinnerung seiner frühsten Kindheit ein. Er war als Kind noch gemeinsam mit seinen Eltern und seinem Bruder zu den Gottesdiensten hierhergefahren.
Downtown war erschreckend leer, von gutbesuchten Gotteshäusern ganz zu schweigen. Ausschließlich Pendler arbeiteten noch hier. Das eigentliche Leben fand vor den Toren der Stadt, in einer ganz anderen Welt statt. Nachdenklich blickte er sich um. Das einstige pulsierende Leben, das er in geistigen Bildern vor seinen Augen trug, war verschwunden. Skeptisch blickte er aus seinem Chevy. Die wenigen, meterbreiten Gehwege hinüber zum Haupteingang des Bostoner Opera Houses fielen ihm nun auf. Vor der schmalen Eingangsfassade befanden sich viele Zeichen. Am Abend zuvor muss es zu einem größeren Menschenauflauf gekommen sein. Überall lagen rote Handzettel sowie Unmengen ausgetretener Zigarettenstummel. Forester stieg aus und schritt neugierig an die vergitterten Glastüren. Mit beiden Händen als Lichtschutz sah er durch sie hindurch: Zwei Frauen staubsaugten einen langen roten Teppich, der seitlich an Verkaufstresen entlang zu mehreren Treppenaufgängen führte. Forester klopfte zunächst an die Scheibe. Dann rüttelte er lautstark an den Gittern, bis eine der Damen auf ihn aufmerksam wurde.
Gelangweilt stellte sie ihren Staubsauger ab. Sie sah fragend zu ihm. Mit Handzeichen versuchte er ihr etwas klarzumachen; sie jedoch wandte sich verständnislos ab. Sie schritt zu einem der vielen Treppenaufgänge, schrie etwas hinauf, schritt schließlich zurück an ihren Staubsauger, stellte ihn an und tat, als wäre
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