EISENHEIM: THRILLER: Erstes Buch (German Edition)
anderes zu tun hatte, als sich mit seinen eigenen Gedanken zu beschäftigen, dachte er an die Sopranistin und an die Clines, die sich so unverständlich auffällig verhielten, ihm dieses Detail mit der Kasakov zu verheimlichen. Natürlich fragte sich Forester, wie deren Beziehung zu der Sopranistin gewesen war? War diese Kasakov etwa in dieser Entführungsgeschichte irgendwie involviert? Oder gab es ganz andere, weit wichtigere Gründe für die Clines, ihm diese Sopranistin vorzuenthalten?
Vor Forester breitete sich ein großes undurchdringbares Netz an Fragen aus. Aber es gab bereits
einzelnen Indizien. Und wenn auch diese Indizien ihm nicht belegbar schienen, so glaubte dennoch sein Ermittlerverstand daran, dass all diese Punkte auf irgendeine Weise einer gemeinsamen Quelle der Angst vor irgendetwas entsprungen sein mussten.
Forester lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück. Er streckte sich soweit darin, dass es sogar in seinem Rücken knackte. Gähnend sah er sich um und schien sich Minuten später sicher: Eisenheim war weg. Es blieb noch genug Zeit. Dennoch irgendwann demnächst sollte er auch zu Kingfields Adresse aufbrechen.
Bereits am gestrigen Abend, kurz vor dem Einschlafen, hatte sich Forester zu erinnern geglaubt, wo er die Kasakov schon einmal gesehen hatte. Seine morgendliche Müdigkeit war nun angezählt, Adrenalin schoss durch seinen Körper. Forester rang mit seiner Beherrschung. Jetzt durfte er sich nicht auffällig benehmen. Nicht jetzt, da er sich unausweichlich mit einer brenzligen Situation konfrontiert sah. Forester beugte sich vornüber und tat, als binde er einen Schuh. Dann sah er nach rechts. Eisenheims Schreibtisch hatte zwei tiefe Schubladen. Eine links, ein rechts. Forester versuchte, die ihm nahegelegenere zu öffnen.
Wie er erwartet hatte, war diese verschlossen.
Eisenheim
Nach Foresters Anruf hatte es in Eisenheim zu brodeln begonnen.
Er hatte nicht mit diesem Zug Foresters gerechnet. Er sah sich aber sogleich wieder nur in seinem Verdacht bestätigt, dass Forester sich ungern über die Schulter sehen ließ. Er wollte gezielt sein eigenes Süppchen kochen und hatte ihn gestern nur höflich ausmanövriert. Er hatte ihn von seinen eigenen Ermittlungserfolgen weggelockt und auf die kalte Spur von Todd Kingfield angesetzt. Bei dem Gedanken, Forester auf den „Leim gegangen zu sein“, spürte Eisenheim wieder diese kalte, entsetzliche Wut in sich aufsteigen. Er ballte beide Hände zu Fäusten und schlug kräftig auf den Schreibtisch. Eine Reaktion von Kollegen blieb weitgehend aus. Die wenigen, die sich an diesem frühen Morgen im Department eingefunden hatten, kümmerte dieser kurze Wutausbruch Eisenheims recht wenig. Keiner zeigte Interesse.
Eisenheim lief Blut aus der Nase. Er schwor sich, er würde diesen schwarzen Spurensucher das nächste Mal nicht mit Samthandschuhen anfassen. Er würde ihn, sollte er ihm tatsächlich Informationen in seinem Fall vorenthalten, die harte Hand des Gesetzes spüren lassen. Schließlich war er der Detective, Forester nur der Schnüffler.
Eisenheim ließ sich wegen dieser kleinen Bagatelle nicht den Wind aus den Segeln nehmen.
Wenn es auch in ihm hochkochte und er auch nicht mehr daran glaubte, Forester heute zu Gesicht zu bekommen, entschied er sich dennoch, die Wohnung von Kingfield in China Town aufzusuchen. Er ließ sich im Department die Wohnungsschlüssel von Kingfields Wohnung aushändigen und fuhr Minuten später mit blutender Nase nach China Town. Sollte ihm Derek Forester heute noch über den Weg laufen, würde er sein blaues Wunder erleben.
Kingfields kleine Wohnung lag in der Pine Street direkt über einem chinesischen Restaurant. Eisenheim hatte aus unzähligen Randbemerkungen in den Wochen, in denen sie gemeinsam zusammengearbeitet hatte, herausgehört, dass Captain McGuires Tochter nur eine von vielen gewesen war, mit der sich Kingfield getroffen hatte. Kingfield war Mitte dreißig gewesen und hatte sich noch nicht wirklich festlegen wollen. Er hatte das Leben eines umtriebigen Singles geführt, der zwar immer die Augen offengehalten, doch sich festzulegen noch nicht bereit gewesen war. Eisenheim entfernte die gelben Klebebänder der Polizei von Kingfields Wohnungstür und betrat die kleine Wohnung. Obwohl die Kollegen von der Mordkommission in dieser Wohnung gewesen waren, war alles tadellos aufgeräumt. Das kleine überschaubare Leben des verstorbenen Detectives hatte sich auf knapp fünfzig Quadratmetern abgespielt.
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