EISENHEIM: THRILLER: Erstes Buch (German Edition)
nichts gewesen.
Forester wartete einige lange Sekunden, dann konnte er durch das spiegelnde Glas erkennen, dass ein männlicher Weißer die Treppen hinabgeschritten kam. Seiner Kleidung und dem gesetzten Alter nach, glaubte er, den Hauselektriker oder den Hausmeister der Oper vor sich zu haben. Der Mann trug einen langen blauen Arbeitskittel, alle seine Taschen an diesem Kittel waren prall gefüllt. In der oberen Brusttasche befanden sich ein Dutzend Schraubenzieher und Kugelschreiber. Je näher der Mann kam, desto mehr glaubte Forester an die Sinnlosigkeit seiner Mission. Der Mann wirkte müde und abgekämpft. An der Glastür blickte er Forester erschöpft an. Dann fragte er so laut, dass Forester seine Stimme klar vernehmen konnte:
„Was wollen Sie?“
Forester suchte händeringend nach einer klaren und schnellen Antwort. Sein Anliegen war eines,
das man schließlich jemanden hier in einem Büro vortragen musste.
„Kasakov!“, entfuhr es Forester entschuldigend. Er fühlte sich sehr unsicher.
Der Mann hinter der Scheibe schüttelte den Kopf. Die Staubsauger waren zu laut. Er hatte Forester nicht verstanden. Er brachte sein Ohr nun näher an die Scheibe. Forester wiederholte den Namen der Sopranistin lautstark. Abermals schüttelte der Mann seinen Kopf und wies Forester nach rechts. Dort gab es ein kleines Verkaufsbüro und eine gläserne Sprechklappe. Der Mann öffnete die Klappe und wiederholte seine Frage. Er wies Forester sogleich auch darauf hin, dass heute Sonntag war und die Verkaufstheke erst ab zehn Uhr geöffnet sein würde. Er winkte ab, als Forester ihn nach der Besetzung der Verwaltungs-Büros fragte. Die Herren und Damen von der Verwaltung würden erst am Montagmorgen wieder zur Arbeit erscheinen.
Verständnisvoll nickte Forester und bedankte sich. Forester befand sich in Gedanken bereits schon wieder auf der Fahrt ins Department, als der Mann nachhakte.
„Was wollen Sie denn wissen?“, fragte er.
Forester erklärte kurz seine Nachforschung in Zusammenarbeit mit der Boston Police und gab sein Unwissen zu einer Künstlerin preis, die hier im Bostoner Opera House vor Jahren aufgetreten war.
Als der Mann wissen wollte, wie diese Künstlerin hieß, grub Forester das Foto der Künstlerin aus seiner Jackentasche und schob es durch die Sprechklappe des Glases. Er gab zu, nur den Nachnamen der Künstlerin zu kennen.
Der Mann betrachtete das Foto eingehender und tippte schließlich mit seinem Zeigefinger darauf, als würde ihm eine alte Erinnerung sogleich wieder plastisch erscheinen. Er konnte sich sogar sehr gut an diese junge, russische Künstlerin erinnern. Er nannte Forester ihren vollständigen Namen: „Sie hieß Ekaterina Kasakov. Sie hatte ein Drogenproblem. Sie ist vor drei Jahren gestorben. Armes Ding. Sie war großartig!“, sagte der Mann, und schob das Bild zurück durch das Glas. Forester bedankte sich. Er nahm das Foto von dem Mann entgegen und erkundigte sich nach seinem Namen. Der Mann hieß Ike Philipps und war, wie Forester es vermutet hatte, Hausmeister des Opera Houses.
Forester schritt zufrieden zurück zu seinem Wagen. Er sah auf die Uhr, es war kurz nach acht. Er hoffte, dass Eisenheim nun nicht mehr im Department sein würde. Mit quietschenden Reifen setzte er seinen Chevy in Bewegung und fuhr über meist leergefegte Straßen zurück nach Roxbury, direkt in das Police Department. Forester kam im Department fünfzehn Minuten später an und ein ihm altbekanntes Gesicht winkte ihn ansatzlos durch den Eingang. Einen Stock höher fand Forester sich in einem ebenso sonntäglichen menschenleeren Großraumbüro wieder. Vereinzelt begrüßten zivile wie auch uniformierte Beamte den noch frischen Sonntag auf ihre Art und waren vertieft in der Tagespresse. Sie tranken Kaffee, frühstückten und ignorierten weitgehend ihre direkte Umgebung.
Forester blickte sich um und schien zufrieden. Eisenheim schien bereits auf dem Weg zu Kingfields Wohnung. Er schritt auf Eisenheim Schreibtisch zu. Unterwegs nickte er einigen Beamten zu. Jene meist, die ihn schon oft hier oben gesehen hatten. Alles war ruhig und friedlich und Foresters Absicht war es, diesen Zustand auch nicht zu verändern.
War Eisenheim möglicherweise nur hier im Haus unterwegs? Würde er Minuten später womöglich doch wieder hier auftauchen? Forester wollte einige Minuten am Schreibtisch warten, um ganz sicherzugehen, dass Eisenheim das Department verlassen hatte. Ähnlich wie bei einem Arztbesuch, bei dem man nichts
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