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Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Titel: Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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sich damals geschrieben haben?«
    »Meine Schwester hat mir nach dem Tod unserer Mutter eine kleine Kiste mit Sachen von ihr geschickt und es mir überlassen, ob ich sie wegwerfen wollte. Da war alles Mögliche drin, Mietverträge und alte Rechnungen und Steuererklärungen. Ich glaube, es war auch ein Stapel Zeitungen darunter. Meine Mutter konnte nichts wegwerfen. Ich weiß nicht, weshalb meine Schwester mir das geschickt hat, ich konnte damit gar nichts anfangen. Es waren auch Briefe darunter, aber genau habe ich mir das nie angesehen.«
    »Du hast sie nicht gelesen?«
    »Nein, du lieber Himmel, für solchen Kram hatte ich nun wirklich keine Zeit, es gab genug anderes zu tun.«
    »Gibt es diese Kiste noch?«
    »Ich denke schon«, sagte der alte Mann. »Mein Sohn bewahrt das wenige auf, was ich besitze. Sprich einfach mit ihm. Hast du vielleicht vor, etwas über diesen Orkan zu schreiben?«
    »Möglich«, sagte Erlendur.

Zwölf
    Der Sohn von Kjartan hieß Eyþór. Es war schon Mittag, als Erlendur vor seinem Haus hielt. Er lebte in einer großen Villa nicht weit vom Gymnasium und war zum Mittagessen nach Hause gekommen. Er arbeitete bei einem Bauunternehmen, das für einen Teil der Konstruktionsarbeiten am Kraftwerk zuständig war. Erlendur sagte sein Sprüchlein über sein Interesse an tragischen Unfällen in den Bergen auf. Dann berichtete er, dass er gerade von seinem Vater komme, der ihm die Erlaubnis gegeben habe, sich den Inhalt einer alten Kiste anzuschauen, die Eyþór für seinen Vater aufbewahre.
    Das Interesse des Sohnes war geweckt, er wollte gerne mehr über Erlendurs Nachforschungen wissen, ob er an einem Buch arbeite und Ähnliches mehr. Erlendur wich seinen Fragen geschickt aus, ohne direkt zu lügen. Eyþór sagte, er wisse eigentlich kaum, wozu er die alte Kiste noch aufbewahrte. Er hatte bereits einiges vom Krempel seines Vaters entsorgt, als der Alte ins Seniorenheim ging, und dorthin hätte eigentlich auch diese Kiste gehört. Irgendwann einmal hatte er hineingeschaut, aber nur Papierkram entdeckt. Bei der nächsten Aufräumaktion in der Garage würde sie dran glauben müssen.
    »Und wie geht’s dem Alten so?«, fragte Eyþór. Erlendur brauchte eine Weile, bevor er begriff, dass Eyþór seinen Vater im Altersheim meinte.
    »Ganz gut, glaube ich«, sagte Erlendur.
    »Er sieht sehr schlecht.«
    »Ja, das hat er mir gesagt.«
    »Ich bin schon seit Längerem nicht mehr bei ihm gewesen«, erklärte der Sohn. »So ist das eben, wenn man den größten Staudamm in Europa baut, da hat man kaum Zeit für anderes. Kannst du nicht heute Abend noch einmal vorbeikommen, ich bin sowieso schon zu spät dran.«
    »Ich bin auf dem Weg nach Reykjavík«, sagte Erlendur auf gut Glück. »Dann muss ich es wohl auf später verschieben.«
    Der Mann zögerte. Sein Handy klingelte. Er sah die Nummer und nahm das Gespräch nicht entgegen.
    »Also gut, komm«, sagte Eyþór.
    Die Kiste stand noch in der Garage, vergraben unter allem möglichen Kram, den Eyþór aus dem Weg räumen musste, Sommerreifen, Farbdosen und Gartengeräte. Er sagte, er habe keine Ahnung, was in der Kiste sei, und vor allem auch keine Zeit, um Erlendur beim Auspacken zuzusehen. Falls er Hilfe brauchen würde, sein Sohn sei zu Hause, er ginge aufs Gymnasium und habe gerade eine Freistunde. Erlendur bedankte sich für das Entgegenkommen, entschuldigte sich für die Störung und erklärte, er werde nicht lange brauchen.    
    Der Mann stieg in seinen Jeep, fuhr davon und ließ Erlendur bei der Kiste zurück. Das Garagentor stand offen, und es hatte angefangen zu regnen. Erlendur holte einen großen braunen Umschlag aus der Kiste, der Steuererklärungen von 1972–1977 enthielt, die er auf eine Werkbank legte. Als Nächstes kamen zwei sehr alte und viel benutzte Gesangbücher zum Vorschein, und er blätterte ein wenig darin, bevor er sie auf den Umschlag legte. Es folgten drei Bücher mit Erzählungen für die ganze Familie und dann ein ordentlicher Stapel vergilbter Zeitungen, größtenteils war es Tíminn .
    »Was machst du denn da?«, hörte er jemanden hinter sich fragen, und er drehte sich um. Der Gymnasiast war offensichtlich wieder auf dem Weg in die Schule.
    »Guten Tag«, sagte Erlendur. »Ich suche nach Berichten von Menschen aus den Ostfjorden, die in Bergnot geraten sind.«
    »Hier in unserer Garage?«
    »Eine handelt von deiner Großtante, die in den Bergen verunglückt ist.«
    »Verunglückt?«
    »Ja.«
    »Im Auto?«
    »Nein. Sie

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