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Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Titel: Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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einen Besuch abstatten zu müssen. Da war irgendetwas in all diesen Geschichten, was mich dazu zwang, zum Friedhof zu fahren.«
    Ezra zeigte keine Reaktion.
    »Die Geschichte von dir und Matthildur hat mich sehr gerührt, Ezra. Das, was Jakob ihr angetan hat. Und was er dir angetan hat. Ich kann den Horror gut nachvollziehen, den du erlebt hast. Aber dann habe ich angefangen, über Rache nachzudenken, und über die Tatsache, dass die besten Menschen schreckliche Untaten begehen können, wenn sie das Gefühl haben, sich rächen zu müssen. Sogar solche Menschen können aus Rachsucht zu überaus schrecklichen Taten getrieben werden.«
    Ezra wandte sich von Erlendur ab und sah wieder hinunter zum Schuppen. Die Tür stand offen und bewegte sich ein wenig im Wind. Man hörte das Quietschen in den Angeln.
    »Ihre Rechtfertigung ist die Rache«, sagte Erlendur.
    »Ich begreife nicht, weshalb du mich nicht in Ruhe lässt«, sagte Ezra leise.
    »Ich habe es nicht aus ihm herausbekommen, hast du zu mir gesagt.«
    »Was meinst du?«, sagte Ezra.
    »Als ich dich gefragt habe, ob er dir verraten hat, was er mit Matthildur gemacht hat. Und nun rede ich über dich und Jakob im Eishaus. Du hast gesagt: Ich habe es nicht aus ihm herausbekommen . War das im Eishaus?«
    »Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst.«
    »War er noch am Leben?«
    Ezra schwieg.
    »Ich habe mich bis zum Sarg von Jakob hinuntergegraben«, sagte Erlendur.
    Ezra wandte sich langsam wieder um. Es hatte den Anschein, als könne er nicht glauben, was er gehört hatte.
    »Ich habe den Sarg geöffnet«, sagte Erlendur.
    Ezra starrte ihn an.
    »Ich musste es herausfinden«, sagte Erlendur. »Ich musste wissen, was passiert war. Ich konnte nicht anders.«
    »Bist du von Sinnen?«, stöhnte Ezra. »Du glaubst doch nicht, dass ich diesen Schwachsinn glaube? Mach dich gefälligst aus dem Staub und lass mich in Ruhe! Jetzt reicht es mir wirklich«, sagte er mit erhobener Stimme. »Ich dachte, man könnte dir vertrauen, aber das ist der reine Wahnsinn! Hör auf damit, Mensch!«
    »Ich wusste, dass du mir nicht glauben würdest, deswegen habe ich zwei kleine Gegenstände dabei, die ich im Sarg gefunden habe«, sagte Erlendur und griff in seine Jackentasche. »Ich weiß nicht, ob sie dir bekannt vorkommen.«
    Erlendur trat neben Ezra an die Spüle und legte das, was er in seiner Tasche aufbewahrte, neben ihn auf die Spüle.
    Ezra blickte zunächst Erlendur scharf an, doch dann richtete er seine Blicke auf das, was Erlendur dort hingelegt hatte. Er konnte nicht erkennen, was es war.
    »Was … Was ist das?«, flüsterte er.
    »Sieh es dir genau und aus der Nähe an«, sagte Erlendur.
    Ezra beugte sich nieder und sah genauer hin, er sah zwei kleine, weißlich graue Objekte, ganz ähnlich in der Form. Er hatte keine Ahnung, was das war. Es konnten zwei kleine, etwas seltsam geformte Steine sein.
    »Was ist das?«, fragte Ezra wieder.
    »Er hat mit allem, was er hatte, am Sargdeckel geschabt«, sagte Erlendur.
    »Worüber redest du?«
    »Erkennst du sie nicht?«
    »Nein«, sagte Ezra. »Ich erkenne sie nicht. Was ist das?«
    »Die Zähne«, sagte Erlendur. »Das sind Jakobs Vorderzähne. Sie lagen neben ihm auf dem Boden des Sargs.«

Sechsundvierzig
    Ezras Reaktion überraschte Erlendur nicht. Er machte einen Satz von der Spüle weg, als hätte er einen Geist gesehen. Dabei rutschte er aus, schlug mit einem Knie auf und riss den Küchentisch um. Erlendur wollte ihm aufhelfen, aber Ezra stieß ihn von sich.
    »Mach, dass du wegkommst!«, schrie er.
    Erlendur griff nach dem Tisch, stellte ihn wieder hin und bückte sich nach einem Glas und einem Teller, die auf den Boden gerollt waren.
    »Raus aus meinem Haus!«, schrie Ezra.
    Er vermied es, in Richtung der Zähne zu blicken, die nebeneinander auf der Spüle lagen.
    Erlendur steckte sie wieder in seine Tasche. Er war sich im Klaren darüber gewesen, dass er Ezra nur durch handfeste Beweise davon überzeugen konnte, dass er sich tatsächlich zu Jakobs Sarg hinuntergeschaufelt hatte. Im schwachen Schein der Gaslampe hatte er die Zähne auf dem Boden des Sargs liegen sehen und sich entschlossen, sie mitzunehmen. Er war zwar nicht abergläubisch, aber trotzdem war ihm der Gedanke, sie mit zu seinem Schlafplatz auf dem verlassenen Hof zu nehmen, irgendwie unangenehm gewesen, er hatte sie im Auto gelassen.
    »Was bist du eigentlich für ein Unmensch?«, schrie Ezra Erlendur an, als er sich nach dem Schock etwas erholt hatte. »Was

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