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Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Titel: Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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vergessen und nie gefunden worden war.
    Deshalb waren seine Schritte schwer, als er Ezra folgte und hinter ihm das Haus betrat. Ezra hatte die Tür zugemacht, aber nicht abgeschlossen, was Erlendur ein wenig hoffnungsvoll stimmte. Er wusste, dass er nicht in der Lage war, dem alten Mann so etwas wie eine Absolution zu erteilen, er würde ihm nur zuhören und versuchen, ihn zu verstehen. Er hatte den Eindruck gehabt, dass es Ezra gutgetan hatte, über Matthildur zu sprechen. Ezra hatte sich das gestattet, vielleicht weil Erlendur ein völlig Unbekannter war, aber vielleicht auch, weil er spürte, dass Erlendur ihn nicht verurteilen würde.
    »Weshalb verfolgst du mich in mein Haus?«, fragte Ezra, der am Waschbecken in der Küche stand. »Hatte ich dir nicht klar gesagt, dass du mich in Ruhe lassen sollst?«
    Seine Stimme klang nicht sonderlich überzeugend. Ezra hatte ihm den Rücken zugewandt, lehnte sich an die Spüle und schaute zum Fenster hinaus, durch das er den Schuppen sehen konnte.
    »Ich hätte gern noch einmal mit dir über Jakob gesprochen«, sagte Erlendur.
    »Ich habe über diesen Mann nichts mehr zu sagen.«
    »Ich frage noch einmal: Bist du sicher?«
    Ezra drehte sich um und sah Erlendur lange in die Augen.
    »Sei so gut und geh«, sagte er. »Ich bitte dich, geh. Ich habe dir nichts mehr zu sagen. Ich habe alles gesagt, was ich sagen wollte, sogar viel mehr als das.«
    »Hatte Jakob vorstehende Zähne?«
    »Was soll das denn?«
    »Ich habe nie ein Foto von ihm gesehen. Irgendwie stelle ich mir vor, dass sein Oberkiefer etwas vorstand.«
    »Man könnte es so ausdrücken«, sagte Ezra verwundert. »Willst du mit mir über zahnmedizinische Probleme reden?«
    »Gut möglich«, sagte Erlendur. »Was passierte, als er starb?«
    »Was meinst du damit?«
    »War er tot, als er zu dir ins Eishaus gebracht wurde?«
    Ezra starrte Erlendur an.
    »Was soll denn der Blödsinn? Natürlich war er tot.«
    »Bist du sicher?«
    »Selbstverständlich«, entgegnete Ezra. »Der Totenschein war bereits ausgestellt worden, und zwar für beide Männer, die über Bord gegangen waren.«
    »Der Arzt war nicht von hier«, sagte Erlendur.
    »Nein, er war nicht von hier.«
    »Er hatte eine Zeit lang die Vertretung für den hiesigen Arzt übernommen. Er hat sich nicht die Mühe gemacht, die Leichen genau zu untersuchen. War es so?«
    »Ich bin kein Arzt«, sagte Ezra. »Aus irgendwelchen Gründen scheinst du mehr darüber zu wissen als ich. Ich wäre dir dankbar, wenn du jetzt gehen würdest. Ich weiß nicht, worüber du redest.«
    »Ich will es dir gerne erklären«, sagte Erlendur. »Mir ist da plötzlich durch den Kopf gegangen, dass du im Eishaus gewesen bist, als Jakob dorthin gebracht wurde. Sie gingen davon aus, dass er genau wie der andere Mann ertrunken war. Vielleicht war es ein schlechter Arzt. Vielleicht fand er es ausreichend, den einen genau zu untersuchen, beide hatten ja dasselbe Schicksal erlitten. Möglicherweise hat er bei Jakob nicht sorgfältig genug auf den Herzschlag gehorcht. Du weißt es vielleicht nicht, aber bei großer Kälte verlangsamt sich der Herzschlag sehr, sämtliche Körperfunktionen sind erheblich reduziert. Die Atmung wird ganz flach. Einem schlechten Arzt könnte es durchaus entgangen sein, dass Jakob noch am Leben war.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du redest«, wiederholte Ezra.
    »Deswegen bin ich gestern nach Djúpivogur gefahren, wo Jakob beerdigt wurde. Ich habe da mit einem interessanten alten Mann gesprochen, er heißt Þórður, du kennst ihn vielleicht. Þórður hat mir eine unglaubliche Geschichte über Kälteresistenz erzählt, von der ich fast annehme, dass sie dir auch zu Ohren gekommen ist. Du erinnerst dich vielleicht an die Geschichte von den drei Männern in einem Lagerhaus in den Westfjorden, die man aus dem Meer geholt hatte und die erfrieren mussten, weil man sie für tot gehalten hatte.«
    Ezra blickte ihn schweigend an.
    »Ich habe auch mit der Tochter des Mannes gesprochen, der Geräusche aus Jakobs Sarg gehört haben wollte, als er zu Grabe getragen wurde. Hast du davon gehört?«
    Ezra antwortete nicht.
    »Weißt du immer noch nicht, wovon ich rede?«, fragte Erlendur.
    »Nein«, antwortete Ezra.
    »Die Sache wurde verdammt problematisch für den Mann, und er bereute es später, jemals einen derartig verrückten Verdacht geäußert zu haben. Ich habe da aber Verschiedenes miteinander kombiniert, und daraufhin hatte ich das Gefühl, dem Friedhof und Jakobs Grab

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