Eisfieber - Roman
und schloss sie wieder hinter ihr.
Steepfall sah unbeschreiblich romantisch aus. Schnee bedeckte das hohe, steile Dach, bildete große weiße Hügel auf den Fensterbrettern und lag im Hof schon gut und gerne dreißig Zentimeter hoch. Die Lampen an den Hauswänden ringsum waren von goldenen Lichthöfen umgeben, in denen die Schneeflocken tanzten. Schnee überzog eine Schubkarre, einen Stapel Feuerholz und einen Gartenschlauch, sodass sie alle aussahen wie Eisskulpturen.
Sophie machte große Augen. »Wie auf einer Weihnachtskarte«, sagte sie.
Craig nahm ihre Hand. Wie Watvögel staksten sie über den Hof und um eine Hausecke herum. Vor der Hintertür wischte Craig den Schnee vom Deckel eines Mülleimers, kletterte hinauf und zog sich auf das niedrige Dach der Stiefelkammer.
Als er sich umdrehte, sah er, dass Sophie zögerte. »Hier!«, zischte er und streckte ihr seine Hand entgegen.
Sie griff danach und zog sich auf den Mülleimer. Um nicht abzurutschen, hielt sich Craig mit der anderen Hand an der Kante des Hauptdachs fest und half Sophie herauf. Einen Moment lang lagen sie Seite an Seite im Schnee wie Liebende im Bett. Dann stand Craig auf, trat auf den Sims, der unterhalb der Dachbodentür vorbeiführte, schob mit dem Fuß, soweit es ging, den Schnee weg, öffnete die große Tür und kehrte zu Sophie zurück.
Sie drehte sich auf den Bauch und stützte sich auf Hände und Knie, doch als sie versuchte aufzustehen, rutschten ihre Gummistiefel ab, und sie fiel hin. Sie hatte offensichtlich große Angst.
»Halt dich an mir fest«, sagte Craig und zog sie auf die Füße. Besonders gefährlich war diese Klettertour nicht, und Sophie machte ein größeres Theater, als nötig gewesen wäre, aber das störte ihn nicht weiter. Im Gegenteil – was war das für eine Chance, sich als starker Mann und Beschützer zu profilieren!
Sophie immer noch an der Hand, betrat er den Sims. Sie trat neben ihn und fasste ihn Halt suchend um die Taille. Nur allzu gerne wäre er so noch eine Weile stehen geblieben und hätte es genossen, wie sie sich an ihn klammerte; doch er ging weiter, Schritt für Schritt seitwärts über den Sims bis zur offenen Dachbodentür, dann half er Sophie hinein.
Er schloss die Tür und drehte das Licht an. Einfach perfekt, dachte er aufgeregt. Es war mitten in der Nacht, und sie waren ganz allein. Kein Mensch würde sie hier stören. Sie konnten tun und lassen, was sie wollten.
Er legte sich auf den Boden und spähte durch das Loch im Boden in die darunter liegende Küche. Über der Tür zur Stiefelkammer brannte ein einsames Licht. Mit erhobenem Kopf und gespitzten Ohren lag Nellie vor dem Herd und lauschte: Sie wusste genau, wer sich über ihr herumtrieb. »Schlaf schön weiter«, murmelte Craig. Ob sie ihn nun gehört hatte oder nicht – die Hündin ließ den Kopf wieder sinken und schloss die Augen.
Sophie saß zitternd auf der alten Couch. »Meine Füße sind eiskalt.«
»Du hast Schnee in die Stiefel bekommen.« Craig kniete vor ihr nieder und zog ihr die Gummistiefel und die völlig durchnässten Socken aus. Ihre kleinen weißen Füße fühlten sich an, als kämen sie direkt aus dem Eisfach. Craig versuchte sie mit seinen Händen warm zu reiben. Doch dann kam ihm eine Idee. Er knöpfte seinen Mantel auf, zog seinen Sweater hoch und drückte Sophies Fußsohlen an seine nackte Brust.
Sie sagte: »O Gott, das fühlt sich vielleicht gut an!«
In meiner Fantasie hat sie diesen Satz schon oft zu mir gesagt, dachte Craig, wenn auch niemals unter solchen Umständen …
02.00 Uhr
Toni saß im Kontrollraum und starrte auf die Monitore.
Von Steve und den anderen Werkschutzleuten war sie inzwischen über die Ereignisse informiert worden. Sie wusste genau, was geschehen war von jenem Moment an, da die »Reparaturcrew« die große Eingangshalle betreten hatte, bis hin zu dem Augenblick, da zwei der Gangster aus dem BSL - 4 -Labor gekommen und verschwunden waren, der eine von ihnen mit einer schmalen burgunderfarbenen Aktentasche in der Hand. Don hatte, während Steve ihm erste Hilfe leistete, berichtet, dass einer der Männer seine Kumpane vor zu brutaler Gewaltanwendung gewarnt hatte. Seine Worte brannten sich in Tonis Gehirn ein: Wenn du so weitermachst , stehen wir um zehn mit leeren Händen vor unserem Kunden .
Es war ganz klar: Diese Leute waren gekommen, um etwas aus dem Laboratorium zu stehlen, und das hatten sie in der Ledermappe mitgenommen. Toni schwante
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