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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Schreckliches: Sie glaubte zu wissen, worum es sich dabei handelte.
    Sie ließ die Bilder aus den Überwachungskameras im BSL - 4 -Labor von 0 . 55 Uhr bis 1 . 15 Uhr durchlaufen. Obwohl die Monitore zu dieser Zeit andere Bilder gezeigt hatten, waren die aktuellen Aufnahmen vom Computer gespeichert worden. Toni konnte jetzt zwei Männer in Schutzanzügen erkennen, die sich im Labor zu schaffen machten.
    Sie hielt unwillkürlich die Luft an, als sie sah, wie einer der Männer die Tür zu dem kleinen Raum mit dem Safe öffnete. Er tippte die Nummern auf der Benutzeroberfläche ein – er kannte also den Code! – und öffnete die Kühlschranktür. Dann begann der andere Mann, bestimmte Proben zu entnehmen.
    Toni hielt das Bild an.
    Die Kamera befand sich über der Tür und blickte dem Mann sozusagen über die Schulter in den Kühlschrank. Er hatte beide Hände voll mit kleinen weißen Schachteln. Toni ließ ihre Finger über die Tasten gleiten, und das Schwarzweißbild auf dem Monitor wurde vergrößert. Jetzt konnte Toni das internationale Symbol für Biogefährdung auf den Schachteln erkennen. Der Kerl stahl Virusproben! Toni zoomte das Bild noch näher heran und ließ es vergrößern. Langsam wurde die Aufschrift auf einer der Schachteln lesbar: » Madoba - 2 «.
    Obwohl sie es längst befürchtet hatte, wurde sie von der Bestätigung kalt erwischt wie von einem Todeshauch. Geradezu gelähmt vor Schrecken saß sie da, glotzte auf den Bildschirm, und das Herz in ihrer Brust schlug wie eine Sterbeglocke.
    Madoba - 2 war das gefährlichste Virus, das man sich überhaupt vorstellen konnte, und so ansteckend, dass es durch eine Vielzahl von Sicherheitsvorkehrungen bewacht werden musste. Der Umgang damit war nur bestens geschultem Personal in Schutzkleidung gestattet. Doch jetzt befand es sich in den Händen einer Diebesbande, die es in einer lächerlichen Aktenmappe spazieren trug!
    Diese Typen konnten einen Autounfall haben; sie konnten in Panik geraten und die Aktenmappe einfach wegwerfen; das Virus konnte Leuten in die Hände fallen, die keine Ahnung von seiner Gefährlichkeit hatten – die Risiken waren unermesslich! Und selbst wenn die Gangster das Virus nicht durch Nachlässigkeit oder bei einem Unfall freisetzten – ihr »Kunde« würde es garantiert und mit voller Absicht tun. Irgendjemand wollte mit dem Virus Hunderte, wenn nicht Tausende von Menschen töten, ja womöglich eine Epidemie in Gang setzen, der ganze Völker zum Opfer fallen konnten.
    Und sie, Toni Gallo, hatte den Massenmördern die Tatwaffe überlassen!
    In ihrer Verzweiflung ließ sie die Video-Aufzeichnung weiterlaufen und beobachtete voller Entsetzen, wie einer der Einbrecher den Inhalt der Fläschchen in einen Parfümzerstäuber mit der Aufschrift »Diablerie« umfüllte. Auf diese Art und Weise sollte das Virus also freigesetzt werden! Die harmlos wirkende Parfümflasche wurde zu einer Massenvernichtungswaffe umfunktioniert. Toni beobachtete, wie der Dieb den Flakon sorgfältig in zwei Tüten verpackte und in der Aktenmappe verstaute. Sie erkannte sogar das vorbereitete Bett aus Styropor-Verpackungschips.
    Toni hatte genug gesehen. Sie wusste nun, was zu tun war. Die Polizei musste so schnell wie möglich eine Großfahndung einleiten. Bei raschem Handeln konnten die Diebe vielleicht noch abgefangen werden, bevor das Virus dem »Kunden« übergeben wurde.
    Sie ließ die manipulierten Monitore weiterlaufen und verließ den Kontrollraum.
    Die Leute vom Werkschutz saßen in der Großen Halle auf den Sofas, die normalerweise Besuchern vorbehalten waren, und tranken Tee in dem Glauben, das Schlimmste sei nun vorbei. Toni entschied, dass es an der Zeit war, das Heft wieder in die Hand zu nehmen. »Wir haben wichtige Dinge zu tun«, erklärte sie knapp. »Stu, Sie gehen bitte in den Kontrollraum und nehmen Ihre Arbeit wieder auf. Steve, Sie kehren an die Rezeption zurück. Sie, Don, bleiben, wo Sie sind.« Don trug einen notdürftigen Verband über seiner Stirnwunde.
    Susan Mackintosh, der man einen Totschläger über den Kopf gezogen hatte, lag ausgestreckt auf einem Sofa. Das Blut hatte man ihr aus dem Gesicht gewaschen, doch sie schien ernsthaft verletzt zu sein. Toni kniete sich neben das Sofa und küsste Susan auf die Stirn. »Sie Arme«, sagte sie. »Wie fühlen Sie sich?«
    »Ziemlich belämmert.«
    »Es tut mir furchtbar Leid.«
    Susan brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Der Kuss war’s wert.«
    Toni tätschelte ihr die Schulter.

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