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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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habe ein ungutes Gefühl.«
    »Soll ich die Polizei rufen?«
    »Das wäre vielleicht übertrieben. Aber vielleicht wär’s gut, wenn irgendjemand Bescheid wüsste, dass sich diese Leute bei uns im Haus aufhalten.«
    »Dann lass uns mal überlegen – wer käme denn dafür infrage?«
    »Wie wär’s mit Onkel Norman?« Der Bruder ihres Vaters war Bibliothekar an der Universität und lebte in Edinburgh. Die Brüder mochten einander durchaus, wahrten aber Distanz. Es genügte ihnen, wenn sie sich einmal im Jahr sahen.
    »Gute Idee. Norman wird es verstehen. Ich erzähle ihm, was hier los ist, und bitte ihn, mich in einer Stunde anzurufen, um festzustellen, ob bei uns alles in Ordnung ist.«
    »Einverstanden.«
    Stanley nahm den Telefonhörer ab und hielt ihn ans Ohr. Dann runzelte er die Stirn, legte wieder auf und wiederholte den Vorgang. »Kein Freizeichen«, sagte er.
    Nun bekam es Miranda tatsächlich mit der Angst zu tun. »Jetzt wäre es mir doch sehr lieb, wenn wir mit jemandem reden könnten.«
    Stanley tippte bereits auf dem Keyboard seines Computers herum. »Die E-Mail funktioniert auch nicht. Wahrscheinlich liegt’s am Wetter. Bei so heftigem Schneefall kommt es schon mal vor, dass Leitungen beschädigt werden.«
    »Trotzdem …«
    »Wo ist denn dein Handy?«
    »Im Gästehaus. Hast du keines?«
    »Nur das Autotelefon in meinem Wagen.«
    »Olga hat auch eines.«
    »Kein Grund, sie zu wecken.« Stanley blickte zum Fenster hinaus. »Ich werfe mir einen Mantel über und gehe zur Garage.«
    »Wo sind denn die Autoschlüssel?«
    »Im Schlüsselschränkchen.«
    Das Schlüsselschränkchen hing in der Stiefelkammer an der Wand. »Ich hol sie dir.«
    Sie traten in den Korridor hinaus. Stanley ging zur Haustür und schlüpfte dort in seine Stiefel. Miranda legte die Hand auf den Knauf der Küchentür, hielt dann aber inne. Olgas Stimme war zu hören. Seit Kit, dieser Verräter, am Vorabend das Geheimnis ausgeplaudert hatte, hatte Miranda nicht mehr mit ihrer Schwester gesprochen. Was sollte sie jetzt zu Olga sagen? Und was würde Olga zu ihr sagen?
    Miranda öffnete die Tür. In einem schwarzseidenen Morgenmantel, der ihre Schwester an eine Anwaltsrobe erinnerte, lehnte Olga an der Anrichte. Nigel, Elton und Daisy saßen am Tisch wie auf einem Tafelbild. Kit stand hinter ihnen, hochgradig nervös und ängstlich. Olga hatte sich in Fahrt geredet und verhörte die Fremden quer über den Tisch, als befände sie sich im Gerichtssaal. Eben fragte sie Nigel: »Was in aller Welt hatten Sie denn so spät in der Nacht da draußen zu suchen?« Nigel musste sich vorkommen wie ein straffällig gewordener Jugendlicher.
    Miranda bemerkte eine rechteckige Ausbeulung in der Tasche des seidenen Morgenmantels: Olga ging nirgendwohin ohne ihr Mobiltelefon. Miranda wollte sich umdrehen und ihrem Vater sagen, dass er seine Stiefel wieder ausziehen könne, doch dann zog Olgas Vorstellung sie in ihren Bann.
    Nigel runzelte missbilligend die Stirn, aber er beantwortete die Frage trotzdem. »Wir waren auf dem Weg nach Glasgow.«
    »Wo waren Sie denn vorher? Hier im Norden gibt’s ja nicht viele Möglichkeiten.«
    »In einem großen Landhaus.«
    »Wahrscheinlich kennen wir die Besitzer. Wie heißen sie denn?«
    »Robinson.«
    Miranda, die auf eine Chance wartete, sich unauffällig Olgas Handy auszuleihen, sah der Szene fasziniert zu.
    »Robinson? Wüsste nicht, wer das sein sollte. Aber der Name ist ja so häufig wie Smith und Brown. Was war denn der Anlass zu dieser Einladung?«
    »Eine Party.«
    Olga hob ihre dunklen Augenbrauen. »Sie kommen nach Schottland, um Weihnachten mit ihrem alten Freund zu verbringen, und dann fahren Sie mit seiner Tochter zu einer Party und lassen den armen Mann allein?«
    »Er hat sich nicht wohl gefühlt.«
    Olga nahm sich jetzt Daisy vor. »Was sind Sie denn für eine Tochter? Lassen Ihren kranken Vater am Heiligabend einfach allein?«
    Daisy schwieg verstockt und sah Olga nur finster an. Miranda bekam es mit der Angst zu tun. Diese Daisy sah aus, als könne sie jeden Augenblick gewalttätig werden.
    Kit hatte offenbar ganz ähnliche Befürchtungen, denn er versuchte, seine ältere Schwester zu bremsen: »Nun mach mal halblang, Olga«, sagte er.
    Olga ignorierte ihn. »Nun?«, fragte sie Daisy. »Haben Sie nichts zu Ihrer Entlastung vorzubringen?«
    Daisy nahm ihre Handschuhe auf, was Miranda aus irgendeinem Grunde wie ein böses Omen vorkam. Daisy zog die Handschuhe an und sagte dann: »Ich brauche Ihre

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