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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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er das Esszimmerfenster erreichte, hörte er leises Gebell und erschrak so sehr, dass er fürchtete, sein Herz könne versagen, doch dann wurde ihm klar, dass es nur Nellie war. Die Fremden mussten sie ins Esszimmer gesperrt haben. Sie hatte Craig an seinem Geruch erkannt und bettelte nun darum, herausgelassen zu werden. »Um Gottes willen, Nellie, sei still«, murmelte Craig. Er bezweifelte, dass die Hündin ihn hören konnte, aber Nellie war sofort mucksmäuschenstill.
    Er kam zu den Autos, die vor dem Haus parkten: Mirandas Toyota Previa und Hugos Mercedes-Kombi. Dächer und Seiten waren rundum mit Schnee bedeckt und vollkommen weiß, weshalb die Wagen aussahen, als bestünden sie ganz und gar aus Schnee – Schneeautos für Schneemänner. Craig bog um die Hausecke und sah, dass in der Stiefelkammer Licht brannte. Am Fensterrahmen vorbei riskierte er einen Blick ins Innere. Er konnte den großen Schrank mit den Anoraks und Stiefeln sehen und ein Aquarellbild von Steepfall, das Tante Miranda gemalt haben musste. Ferner fiel ihm ein in einer Ecke lehnender Reisigbesen auf – und der stählerne Schlüsselkasten, der an die Wand geschraubt war.
    Die Tür zwischen Stiefelkammer und Küche war geschlossen. Was für ein Glück!
    Craig lauschte, doch im Haus herrschte absolute Stille.
    Was passiert, wenn du einem einen Boxhieb versetzt, dachte er. Im Kino fallen die Leute einfach um … Aber Craig war sich ziemlich sicher, dass es im wahren Leben nicht so ablief. Mehr noch interessierte ihn die Frage, was passierte, wenn man selber geschlagen wurde. Wie schlimm tat das weh? Und was war, wenn man eine ganze Menge Schläge einstecken musste? Und wie war es, wenn man eine Schusswunde erhielt? Irgendwo hatte er mal gehört, dass es nichts Schmerzhafteres gab als einen Bauchschuss. Obwohl er vor Angst und Entsetzen fast durchdrehte, riss er sich zusammen und versuchte, seinen Plan in die Tat umzusetzen.
    Er stand jetzt vor der Hintertür, griff nach dem Knauf, drehte ihn, so vorsichtig er konnte, und drückte dagegen. Die Tür ging auf, und Craig trat ein.
    Die Kammer war nur ein kleiner Vorraum, kaum zwei Meter lang und durch den massiven alten Backsteinkamin und den großen Schrank zusätzlich verengt. Der Schlüsselkasten hing an der Kaminwand. Craig streckte den Arm aus und öffnete ihn.
    Der Kasten enthielt zwanzig nummerierte Haken; an manchen hingen nur Einzelschlüssel, an anderen ganze Bunde. Craig erkannte die Ferrarischlüssel sofort. Er griff danach und hob sie an, doch der Schlüsselanhänger verhakte sich und ließ sich nicht sofort lösen. Craig fummelte hektisch daran herum und versuchte die Panik, die ihn zu überkommen drohte, abzuwehren. Im gleichen Augenblick wurde die Klinke der Küchentür heruntergedrückt.
    Craig schlug das Herz bis zum Hals. Irgendjemand versuchte, die Tür zwischen Küche und Stiefelkammer zu öffnen. Wer immer es war – die Person kannte sich nicht aus im Haus, denn anstatt die Tür von innen aufzuziehen, drückte er oder sie dagegen. Diese Verzögerung nutzte Craig aus: Er verschwand zwischen den Mänteln und Anoraks im großen Schrank und zog die Tür hinter sich zu.
    Es war ohne Nachdenken geschehen, wie im Reflex. Die Ferrari-Schlüssel hingen nach wie vor im Kasten. Craig hatte den Schrank kaum betreten, als ihm auch schon klar wurde, dass er ebenso schnell zur Hintertür hinaus in den Garten hätte schlüpfen können. Er wusste nicht mehr genau, ob er die Hintertür geschlossen hatte – wahrscheinlich nicht. Und war von seinen Stiefeln frischer Schnee auf den Boden gefallen? Das wäre ein verräterisches Zeichen dafür, dass erst vor wenigen Minuten jemand von draußen hereingekommen war, denn sonst wäre der Schnee in der Wärme ja bereits geschmolzen. Außerdem hatte Craig auch noch den Schlüsselkasten offen gelassen.
    Jedem aufmerksamen Beobachter mussten diese Veränderungen auffallen – und den Rest würde er sich denken können.
    Craig hielt die Luft an und lauschte.
     
    Nigel rüttelte an der Klinke, bis ihm klar wurde, dass sich die Tür nicht nach außen, sondern nach innen öffnete. Er zog sie sperrangelweit auf und warf einen Blick in die Stiefelkammer.
    »Nein, das taugt nichts«, sagte er. »Eine Tür und ein Fenster.« Er durchquerte die Küche und riss die Tür zur Speisekammer auf. »Hier, das ist schon besser! Keine weitere Tür und nur ein Fenster, das auf den Hof rausgeht. Steck sie hier rein, Elton.«
    »Da drin ist es kalt«, protestierte Olga.

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