Eisfieber - Roman
dir. Zahlt er dir wenigstens Miete?«
»Das kann er sich nicht leisten. Diese Zeitschrift zahlt ihm nur einen Hungerlohn, und außerdem muss er noch die Hypothek für das Haus abzahlen, in dem seine Ex wohnt. Die finanzielle Abhängigkeit ist ihm alles andere als angenehm, das kannst du mir glauben.«
»Aber was sollte ihn daran stören? Er hat was zum Vögeln, wenn ihm gerade danach ist, seine schwierige Tochter kann er dir überlassen, und mietfrei lebt er obendrein.«
Miranda fühlte sich gekränkt. »Du urteilst ziemlich hart.«
»Du hättest ihn nicht bei dir einziehen lassen sollen, ohne zuvor einen verbindlichen Termin für die Hochzeit festzulegen.«
Dieser Gedanke war Miranda selbst schon gekommen, doch das wollte sie nicht zugeben. »Er meint, wir brauchen alle noch ein bisschen Zeit, um uns mit dem Gedanken an eine zweite Ehe vertraut zu machen.«
»Wen meint er denn mit ›alle‹, hm?«
»Nun ja, Sophie zum Beispiel.«
»Und die kopiert die Einstellung ihrer Mutter, wie du vorhin gesagt hast! Letztendlich heißt das doch nichts anderes, als dass Ned dich erst heiraten wird, wenn ihm seine Exfrau die Erlaubnis dazu gibt.«
»Olga, ich bitte dich! Nimm die Anwaltsperücke ab, wenn du mit mir sprichst.«
»Irgendwer muss dir schließlich mal reinen Wein einschenken.«
»Du vereinfachst das alles ganz furchtbar. Ich weiß, das gehört zu deinem Beruf, aber ich bin deine Schwester und keine Zeugin der Gegenpartei.«
»Tut mir Leid. Ich hätte lieber meine Klappe halten sollen.«
»Schon gut. Es ist mir sogar ganz recht, dass du kein Blatt vor den Mund genommen hast. Ich wollte nämlich unter allen Umständen vermeiden, dass du mit Ned so sprichst. Er ist der Mann, den ich liebe und den ich heiraten möchte. Und deshalb bitte ich dich, ihn zu Weihnachten nett zu behandeln.«
»Ich werd mir Mühe geben«, sagte Olga leichthin.
Doch Miranda lag daran, ihrer Schwester klar zu machen, wie wichtig ihr die Sache war. »Ich muss ihm das Gefühl geben, dass wir beide gemeinsam eine neue Familie aufbauen können, für uns selbst und für die beiden Kinder. Bitte hilf mir, ihn davon zu überzeugen.«
»Okay, mach ich.«
»Wenn wir die Feiertage gut über die Bühne bringen, lässt er sich wahrscheinlich auf einen Termin für die Hochzeit ein.«
Olga berührte Mirandas Hand. »Ich hab’s begriffen. Ich weiß, wie sehr dir diese Sache am Herzen liegt. Ich werde ganz brav sein.«
Miranda hatte es geschafft. Sie war zufrieden und kam wieder auf einen anderen Konfliktherd zu sprechen. »Ich hoffe nur, dass Daddy und Kit sich wieder vertragen.«
»Das hoffe ich auch, aber da haben wir beide kaum Einfluss drauf.«
»Kit hat mich vor ein paar Tagen angerufen. Aus irgendeinem Grund legt er großen Wert darauf, im Gästehaus zu schlafen, wenn er nach Steepfall kommt.«
Olga brauste auf. »Warum sollte er das Gästehaus ganz für sich allein haben? Das heißt doch nichts anderes, als dass wir – du und Ned und Hugo und ich – uns mit zwei popeligen kleinen Schlafzimmern im alten Haus zufrieden geben müssen!«
Miranda hatte mit Olgas Widerspruch gerechnet. »Ich weiß, dass es eigentlich Blödsinn ist, aber ich hab ihm gesagt, meinetwegen. Es war schwierig genug, ihn überhaupt zum Kommen zu überreden, da wollte ich nicht noch zusätzliche Hürden aufbauen.«
»Dieser egozentrische kleine Mistkerl. Wie hat er seine Sonderwünsche denn begründet?«
»Ich hab ihn nicht danach gefragt.«
»Dann werde ich es tun.« Olga kramte ihr Handy aus ihrer Aktentasche und gab eine Nummer ein.
»Deswegen brauchst du doch nicht so einen Aufstand zu machen«, bat Miranda.
»Ich will ihn nur fragen, was das soll.« Kit hatte sich offenbar gleich gemeldet. »He, Kit«, fuhr Olga fort, »ich höre, dass du im Gästehaus schlafen willst. Meinst du nicht, das ist ein bisschen …« Sie hielt inne. »Ach so. Und warum nicht? Ja, ich verstehe schon, aber warum willst du nicht …« Sie brach mitten im Satz ab. Anscheinend hatte Kit das Gespräch einfach beendet.
»Was ist los?«, fragte Miranda, obwohl sie bereits zu wissen glaubte, was Kit gesagt hatte. Es machte sie traurig.
Olga verstaute das Handy wieder in ihrer Tasche. »Wir brauchen uns nicht mehr über das Gästehaus zu zanken. Kit hat seine Meinung geändert. Er kommt nun doch nicht nach Steepfall.«
09.00 Uhr
Oxenford Medical stand unter Belagerung. Ein Massenaufgebot an Reportern, Fotografen und Fernsehteams bedrängte vor den
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