Eisfieber - Roman
kann.«
»Soll ich ihn vertrösten?«
»Horchen Sie ihn aus.«
Toni griff zum Telefon und drückte auf eine Taste. »Hallo, Larry, hier ist Toni Gallo! Wir haben uns im September kennen gelernt. Wie geht es Ihnen?«
Mahoney war ein sauertöpfischer Presseoffizier mit einer quäkenden Stimme, die Toni an Donald Duck erinnerte. »Ich mache mir Sorgen«, sagte er.
»Dann lassen Sie mich wissen, worüber.«
»Ich hoffte eigentlich, mit Professor Oxenford sprechen zu können«, erwiderte Mahoney pikiert.
»O ja, auch er möchte baldmöglichst mit Ihnen reden«, sagte Toni so aufrichtig, wie es ihr möglich war. »Im Augenblick ist er gerade in einer Besprechung mit dem Laborleiter.« In Wirklichkeit saß Stanley auf der Schreibtischkante und beobachtete sie mit einer Miene, die man ebenso als Ausdruck der Zuneigung wie als bloße Neugier hätte interpretieren können. Als sich ihre Blicke trafen, sah er weg. »Er wird Sie anrufen, sobald er sich selbst ein Bild gemacht hat – das heißt, mit Sicherheit noch vor der Mittagspause.«
»Wie, zum Teufel, konnte so was passieren?«
»Der junge Mann hat ein Kaninchen in einem Matchsack aus dem Labor geschmuggelt. Wir haben inzwischen eine obligatorische Taschendurchsuchung am Eingang zum BSL -4-Labor angeordnet, damit dergleichen nicht noch einmal vorkommen kann.«
»Ich befürchte negative Publicity für die Regierung unseres Landes. Wir wollen nicht, dass man uns vorwirft, wir ließen tödliche Viren auf die schottische Bevölkerung los.«
»Da besteht überhaupt keine Gefahr«, sagte Toni und kreuzte die Finger.
»Wurde in irgendeinem Bericht bei euch da oben erwähnt, dass das Projekt mit amerikanischen Geldern finanziert wird?«
»Nein.«
»Früher oder später kommt das aber raus, darauf können Sie Gift nehmen.«
»Ich bin sicher, dass wir auch auf diesen Fall vorbereitet sind.«
»Das Schlimmste, was aus unserer Sicht – und damit auch aus Ihrer – passieren könnte, wäre eine Berichterstattung, die behauptet, diese Forschungen würden deshalb in Schottland durchgeführt, weil wir Amerikaner mit solchen gefährlichen Experimenten im eigenen Land nichts zu tun haben wollen.«
»Danke für die Warnung. Ich glaube, wir haben eine überzeugende Antwort auf diese Frage. Schließlich ist das Medikament von Professor Oxenford direkt hier in Schottland entwickelt worden. Logisch, dass es dann auch vor Ort getestet wird.«
»Ich möchte nicht in eine Situation geraten, in der wir unsere guten Absichten nur dadurch beweisen können, dass wir die Forschung nach Fort Detrick verlegen.«
Toni war sprachlos vor Schreck. Fort Detrick in Frederick, Maryland, war das Medizinische Forschungsinstitut für Infektionskrankheiten der amerikanischen Armee. Wie stellte Mahoney sich das vor? Für den Kreml bedeutete eine solche Verlegung das sichere Ende. Nach einer längeren Pause antwortete sie: »Von einer solchen Situation kann überhaupt nicht die Rede sein, davon sind wir meilenweit entfernt, Tausende von Meilen weit.« Sie hätte Maloneys Drohung lieber noch entschiedener zurückgewiesen, aber ihr war nichts anderes eingefallen.
»Nun, das will ich auch hoffen. Sorgen Sie dafür, dass Stanley mich baldmöglichst zurückruft.«
»Ich danke Ihnen, Larry.« Sie legte auf und sagte zu Stanley: »Die können doch nicht einfach unsere Forschungsabteilung nach Fort Detrick verlegen, oder?«
Stanley wurde blass. »Nein«, sagte er, »jedenfalls sieht der Vertrag das nicht vor. Aber wir haben es hier mit der Regierung des mächtigsten Landes der Erde zu tun, und die kann im Endeffekt durchsetzen, was sie will. Was soll ich denn im Ernstfall tun? Soll ich sie etwa anzeigen? Dann würde ich den Rest meines Lebens in Gerichtssälen verbringen – vorausgesetzt, ich könnte mir ein solches Verfahren finanziell überhaupt leisten.«
Es erschütterte Toni, dass Stanley so leicht angreifbar war, hatte sie doch bisher immer nur den ruhigen, Vertrauen erweckenden Mann gekannt, der für jedes Problem die richtige Lösung fand. Jetzt wirkte er völlig geknickt. Am liebsten hätte sie ihn in den Arm genommen und getröstet. »Aber würden sie es auch tun?«
»Nun, die Mikrobiologen in Fort Detrick hätten mit Sicherheit nichts dagegen, unser Projekt zu übernehmen, wenn man ihnen die Wahl ließe.«
»Und was hieße das für Sie?«
»Ich wäre bankrott.«
»Was?« , rief Toni entsetzt.
»Ich habe meinen letzten Penny in das neue Labor gesteckt«, erwiderte Stanley mit
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