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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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muskulös, mit gebrochener Nase, unreiner Haut und einem Ring durch die Unterlippe. Sie trug Lederhandschuhe. Zum anderen war da Elton, ein gut aussehender Schwarzer in Daisys Alter und, so wie es aussah, ein Freund von Nigel.
    In seiner Erleichterung darüber, dass man ihn nicht zum Krüppel schlug, hätte Kit zu allem ja gesagt.
    Nigel bot ihm 300 000 Pfund für die Arbeit einer Nacht.
    Kit konnte sein Glück kaum fassen. Das reichte ja nicht nur, um seine Schulden zu begleichen, sondern auch noch für einen neuen Start in Lucca. Ein Traum schien in Erfüllung zu gehen. Er war überglücklich. Alle seine Probleme schienen mit einem Schlag gelöst.
    Harry hatte später in ehrfurchtsvollem Ton über Nigel gesprochen. Der Mann war Einbrecher von Beruf, stahl aber nur auf Bestellung und für ein vorher festgesetztes Entgelt. »Er ist der Größte«, sagte Harry. »Du möchtest ein Bild von Michelangelo? Kein Problem. Einen Atomsprengkopf? Nigel besorgt ihn dir – vorausgesetzt, du kannst ihn dir leisten. Erinnerst du dich noch an Shergar, das Rennpferd, das damals entführt wurde? Das war auch Nigels Werk.« Und nach einer Pause fügte er hinzu: »Er lebt in Liechtenstein!« Es klang, als wäre Liechtenstein ein exotischeres Domizil als der Mars.
    In den drei Wochen, die seither vergangen waren, hatte Kit den Diebstahl des Antivirenmittels vorbereitet. Ab und zu plagte ihn zwar ein wenig das schlechte Gewissen, weil er einen raffinierten Plan zur Beraubung seines eigenen Vaters austüftelte, doch meistens löste die Vorstellung, sich an Daddy rächen zu können, eine Art trunkene Schadenfreude in ihm aus. Schließlich hatte der Mann ihn entlassen und sich später geweigert, ihn aus den Fängen dieser Gangster zu befreien. Davon abgesehen, wäre der Raub auch für Toni Gallo ein schwerer Schlag ins Kontor.
    Mit großer Sorgfalt war Nigel die Einzelheiten mit ihm durchgegangen. Er hinterfragte alles. Gelegentlich beriet er sich mit Elton, der für die technische Ausrüstung, einschließlich der Fahrzeuge, zuständig war. Kit gewann den Eindruck, dass Elton ein hoch qualifizierter Techniker war, der mit Nigel schon öfter zusammengearbeitet hatte. Auch Daisy sollte an dem Bruch teilnehmen, angeblich, um die Gang im Notfall schlagkräftiger zu machen, doch Kit vermutete, dass ihre Hauptfunktion darin bestand, ihn um 250 000 Pfund zu erleichtern, sobald er seinen Lohn in Händen hielt.
    Kit hatte vorgeschlagen, dass sie sich auf einem aufgelassenen Flugplatz in der Nähe des Kreml treffen sollten. Nigel hatte Elton angesehen, und der hatte gesagt: »Das ist cool!« Elton sprach breiten Londoner Dialekt. »Wir könnten uns dort auch mit dem Käufer treffen – kann ja sein, dass er einfliegen will.«
    Am Ende fand Nigel den Plan brillant, und Kit strahlte vor Freude.
    Doch nun hatte sich die Situation schlagartig verändert, und Kit musste Harry klar machen, dass der Plan nicht durchgeführt werden konnte. Er fühlte sich elend: enttäuscht, deprimiert und voller Angst.
    Endlich wurde er zu Harry geführt. Nervös folgte er dem Leibwächter durch die Waschküche im rückwärtigen Teil des Hauses zu dem Pavillon, in dem sich der Swimmingpool befand. Er war im Stil einer Orangerie aus der Zeit Edwards VII . gehalten und mit glasierten Kacheln in dunklen Farben ausgekleidet. Das Becken selbst war in einem unangenehmen Grünton gehalten. Das muss ihm irgendein Innenarchitekt vorgeschlagen haben, dachte Kit, und Harry hat die Pläne abgenickt, ohne auch nur einen Blick darauf zu werfen.
    Harry Mac war ein kleiner, untersetzter Mann von fünfzig Jahren mit der grauen Haut eines lebenslangen Rauchers. Gekleidet in einen violetten Bademantel, saß er an einem schmiedeeisernen Tisch, trank schwarzen Kaffee aus einer kleinen Porzellantasse und las die Horoskopseite der Sun . Daisy war im Wasser und schwamm unermüdlich ihre Bahnen. Zu Kits Überraschung schien sie außer Taucherhandschuhen nichts am Leib zu haben. Daisy trug immer Handschuhe.
    »Ich habe keine Veranlassung, mich mit dir zu treffen, mein Junge«, sagte Harry. »Ich will dich nicht sehen, ich weiß nichts von dir und von dem, was du heute Abend vorhast, und ich kenne auch keinen Menschen namens Nigel Buchanan. Verstehst du mich?« Er bot Kit keinen Kaffee an.
    Die Luft war heiß und feucht. Kit trug seinen besten Anzug, einen mitternachtsblauen Mohair, dazu ein weißes Hemd mit offenem Kragen. Das Atmen fiel ihm schwer, und seine Haut unter den Kleidern war unangenehm

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