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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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König oder Ass (Sieben, Acht und Neun ignorierte er). Ergab sich nach dem Geben eine positive Zahl in seinem Kopf, so enthielt der Talon mehr hohe Karten als niedrige, und seine Chancen, im Verlauf des Spiels eine Zehn zu ziehen, standen nicht schlecht. Ergab sich eine negative Zahl, war die Wahrscheinlichkeit, dass er eine niedrige Karte zog, erheblich größer. Auf dieser Basis kalkulierte Kit sein Risiko.
    Aber dann hatte er eine längere Pechsträhne gehabt, und als sich seine Schulden auf 50 000 Pfund beliefen, verlangte Harry sein Geld.
    Kit hatte seinen Vater um Hilfe gebeten – ein demütigender Bittgang, wie man sich denken kann. Bei seiner Entlassung hatte Kit ihm bittere Vorwürfe gemacht, dass er sich überhaupt nicht um seinen Sohn schere. In Wirklichkeit verhielt es sich natürlich ganz anders: Sein Vater liebte ihn und hätte nahezu alles für ihn getan. Kit wusste das genau und gab es nun auch zu. Das Zerrbild, das er sich von ihm gemacht hatte, zerbrach jämmerlich. Aber der Einsatz war die Mühe wert gewesen, denn Stanley hatte gezahlt.
    Kit hatte ihm versprechen müssen, dass er nie wieder spielen würde, und er hatte auch die besten Vorsätze gehabt. Doch die Versuchung war einfach zu groß. Es war Wahnsinn, es war eine Krankheit, es war schändlich und erniedrigend – aber für Kit gab es auf der ganzen Welt nichts Aufregenderes und Spannenderes als das Glücksspiel, und deshalb konnte er dem Drang einfach nicht widerstehen.
    Als seine Schulden erneut auf 50 000 Pfund angewachsen waren, ging er wiederum zu seinem Vater, doch diesmal blieb Stanley hart. »Ich habe das Geld nicht«, sagte er. »Vielleicht könnte ich es mir leihen, aber was hätte das für einen Sinn? Du würdest es verlieren und immer wieder zu mir kommen, bis wir am Ende alle beide pleite sind.« Kit hatte ihn einen herzlosen Geizhals geschimpft, einen knickrigen Onkel Dagobert, einen Halsabschneider und Schlimmeres. Er werde nie wieder mit ihm reden, schwor er. Die Worte waren sehr verletzend – Kit wusste ganz genau, wie er seinem Vater wehtun konnte –, aber Stanley hatte sich nicht umstimmen lassen.
    Zu diesem Zeitpunkt wäre es für Kit das Beste gewesen, wenn er das Land verlassen hätte.
    Er träumte davon, nach Italien zu gehen und in Lucca, der Heimatstadt seiner Mutter, ein neues Leben zu beginnen. In seiner Jugend, vor dem Tod der Großeltern, war die Familie mehrmals dort zu Besuch gewesen. Lucca war eine hübsche, friedliche alte Stadt, umgeben von einer Stadtmauer und mit zahlreichen kleinen Plätzen, auf denen man im Schatten sitzen und Espresso trinken konnte. Italienisch beherrschte Kit leidlich – Mamma Marta hatte mit den Kindern, solange sie klein waren, ihre Muttersprache gesprochen. Kit wollte sich ein Zimmer in einem der hohen alten Häuser mieten und seinen Lebensunterhalt damit bestreiten, dass er Leuten, die Probleme mit ihrem Computer hatten, seine Hilfe anbot – eine Arbeit, die ihm nicht allzu viel Mühe bereiten würde. Ja, ein solches Leben würde ihn glücklich machen – bildete er sich ein.
    Aber er fuhr nicht nach Lucca. Stattdessen versuchte er, das Geld, das er am Spieltisch verloren hatte, am Spieltisch zurückzugewinnen.
    Seine Schulden stiegen auf eine viertel Million Pfund.
    Für eine solche Summe würde Harry Mac ihn bis zum Nordpol verfolgen. Kit dachte an Selbstmord und fragte sich beim Anblick jedes hohen Gebäudes in Glasgow, ob man irgendwie aufs Dach gelangen und sich von dort in die Tiefe stürzen konnte.
    Drei Wochen war es jetzt her, dass man ihn in dieses Haus einbestellt hatte. Ihm war übel geworden vor Angst, denn für ihn stand fest, dass man ihn brutal zusammenschlagen würde. Als man ihn in den Salon mit den gelben Seidensofas führte, hatte er sich gefragt, wie man verhindern wollte, dass die Polster mit Blut verschmiert würden. »Da ist ein Herr, der dir eine Frage stellen möchte«, hatte Harry gesagt. Kit konnte sich nicht vorstellen, was für Fragen ihm ein Freund von Harry stellen wollte – außer vielleicht: Wo bleibt das verdammte Geld ?
    Der Herr war ein ruhiger Mittvierziger namens Nigel Buchanan in teurer Freizeitkleidung: Kaschmir-Jacke, dunkle Slacks und ein Hemd mit offenem Kragen. In weichem Londoner Tonfall sagte er: »Kannst du mich ins Hochsicherheitslabor von Oxenford Medical bringen?«
    Zwei weitere Personen waren bei diesem Gespräch im gelben Salon zugegen. Zum einen Macs Tochter Daisy, ein junge Frau von etwa fünfundzwanzig, sehr

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