Eisfieber - Roman
uns wohl erspart geblieben.«
»Morgen ist Weihnachten, da gibt es keine Zeitungen«, bemerkte Toni, »und am Donnerstag ist die Geschichte schon ein alter Hut. Wenn nichts Außergewöhnliches mehr geschieht, dürften wir das Schlimmste überstanden haben.«
»Ja, wenn uns ein zweites Kaninchen entkommt, geht alles wieder von vorn los.«
»Es wird keine weiteren Sicherheitspannen geben«, sagte Toni in festem Ton. »Dafür werde ich sorgen.«
Stanley nickte. »Ich muss Ihnen sagen, dass Sie diese Krise hervorragend gemeistert haben. Ich bin Ihnen dafür sehr dankbar.«
Toni strahlte. »Wir haben die Wahrheit gesagt, und man hat uns geglaubt.«
Sie lächelten einander an; es war ein Augenblick glücklicher Intimität. Doch dann klingelte das Telefon auf dem Schreibtisch.
Stanley hob ab. »Oxenford«, sagte er, »ja, bitte stellen Sie ihn durch, ich habe seinen Anruf erwartet.« Er sah Toni an und hauchte: »Mahoney!«
Toni stand auf. Sie war nervös. Sie und Stanley waren überzeugt, alles richtig gemacht zu haben – aber sahen das die Amerikaner genauso? Sie beobachtete Stanleys Miene.
»Hallo, Larry«, sagte er ins Telefon, »haben Sie die Nachrichten gesehen? … Es freut mich, dass Sie das auch so sehen … Ja, die hysterische Reaktion, die Sie so gefürchtet haben, ist ausgeblieben … Sie kennen ja meine Sicherheitsbeauftragte, Antonia Gallo – sie hat sich um die Presse gekümmert und das ganz großartig gemacht … Ja, dieser Meinung bin ich auch … Sie haben vollkommen Recht, die Sicherheitsproblematik hat in Zukunft allerhöchste Priorität, ja … Schön, dass Sie angerufen haben … Auf Wiederhören!«
Stanley legte auf und grinste Toni an. »Geschafft!«, sagte er, schloss sie überschwänglich in die Arme und drückte sie an sich.
Toni presste ihr Gesicht an seine Schulter. Der Tweed seiner Weste war überraschend weich. Sie atmete seinen warmen, dezenten Duft ein, und ihr wurde schlagartig bewusst, wie lange es schon her war, dass sie einem Mann so nahe gewesen war. Sie schlang die Arme um ihn, erwiderte die Umarmung heftig und spürte ihre Brüste an seinem Oberkörper.
Wäre es nach ihr gegangen, hätten sie ewig so stehen bleiben können. Doch nach einigen Sekunden machte sich Stanley sanft aus der Umarmung frei. Er wirkte plötzlich ganz schüchtern. Wie um schnell wieder zu den angemessenen Umgangsformen zurückzukehren, schüttelte er ihr die Hand und sagte: »Meine aufrichtige Anerkennung!«
Der kurze Körperkontakt hatte Toni erregt. Mein Gott, dachte sie, wie kann das denn so schnell gehen?
»Darf ich Ihnen das Haus zeigen?«, fragte Stanley.
»Es wäre mir ein Vergnügen«, erwiderte Toni glücklich. Dass ein Mann seinen Gästen das Haus zeigte, war nicht unbedingt üblich. Es war eine andere Art von Intimität.
Küche und Arbeitszimmer, die beiden Räume, die sie bereits gesehen hatte, lagen im rückwärtigen Teil des Hauses und sahen auf einen Hof mit mehreren weiteren Gebäuden hinaus. Stanley führte Toni nun in einen Flügel, der anscheinend nachträglich an das alte Farmhaus angebaut worden war. Hier betraten sie ein Speisezimmer mit Blick aufs Meer. In einer Ecke stand ein Schrank mit Silberpokalen. »Martas Tennistrophäen«, erklärte Stanley stolz. »Sie hatte eine Rückhand wie eine Rakete.«
»Sie war offenbar sehr erfolgreich.«
»Ja, sie hatte sich sogar für Wimbledon qualifiziert, konnte aber dann nicht antreten, weil Olga unterwegs war.«
Der Blick vom Wohnzimmer auf der anderen Seite des Flurs ging ebenfalls aufs Meer hinaus. Dort stand ein Weihnachtsbaum; auf dem Boden darunter und darum herum türmten sich die Geschenke. Auch in diesem Zimmer gab es ein Bild von Marta, diesmal ein Gemälde in Lebensgröße. Es zeigte eine Frau von ungefähr vierzig Jahren, etwas fülliger jetzt und mit weicheren Gesichtszügen. Obwohl das Zimmer warm und freundlich war, hielt sich niemand darin auf. Das wahre Herz des Hauses ist wahrscheinlich die Küche, dachte Toni.
Der Grundriss war einfach: Wohn- und Esszimmer im vorderen, Küche und Arbeitszimmer im hinteren Teil des Hauses. »Oben gibt es nicht viel zu sehen«, sagte Stanley. Trotzdem ging er die Treppe hinauf, und Toni folgte ihm. Zeigt er mir jetzt mein künftiges Heim, fragte sie sich unwillkürlich und schob den Gedanken schnell wieder beiseite; es war nichts als eine dumme Fantasie. Das Ganze war lediglich eine nette Geste von ihm.
Aber er hatte sie in den Arm genommen.
Der ältere Teil des Hauses, der
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